„Schwache Auslastung trotz Rekord bei Übernachtungen“, titelte die Basler Zeitung im Februar, als Basel Tourismus die Zahlen 2023 präsentierte. Die Auslastung in den ca. 70 Basler Hotels sank 2023 von 64,6 auf 56,3 Prozent. Grund: zu viele Hotelbetten, weniger Businessgäste. Wie präsentiert sich die Lage am Rhein im Spätsommer 2024?
Im 4. und letzten Teil des Basel-Reports sprach Hotel Inside mit den Hoteliers Martin von Bertrab (Bâle Hotels) und Daniel Fankhauser (Hotel Wettstein) über die aktuelle Lage in der Basler Hotellerie. Vorerst aber die wichtigsten Zahlen, Fakten und Erkenntnisse zur Basler Hotellerie in den Jahren 2023 und 2024:
2023 war für den Basler Tourismus ein Rekordjahr, wenn man die nackten Übernachtungszahlen anschaut: Gegenüber dem Rekordjahr 2019 haben 3,6 Prozent mehr Gäste in Basel übernachtet, gesamthaft sind das 1,47 Millionen Übernachtungen.
Warum aber sinkt in Basel die Auslastung in den Hotels? Laut Basel Tourismus wurden während und nach der Pandemie in der Stadt Basel zahlreiche neue Hotels eröffnet. Zum Beispiel das neue Mövenpick Hotel am Bahnhof SBB, das Märthof Hotel, das umgebaute Volkshaus oder das Holiday Inn in Allschwil. So stieg die Anzahl der Hotelzimmer von 4467 (2019) auf 4765 im Jahr 2023. Fazit: zu viele Hotelbetten.
Hotel Inside sprach in Basel mit mehreren Hoteliers über die Jahre nach der Pandemie und die aktuelle Lage. Fazit der Gespräche:
- Das Corporate-Business in Basel ist seit der Pandemie stark eingebrochen. Grund: weniger Geschäftsreisen. «Bis 2019 haben uns die Chemie- und Pharmaindustrie sowie die Banken die Zimmer gefüllt», so ein Hotelier, «jetzt fehlen uns allein von Roche etwa 100 000 Logiernächte pro Jahr.»
- Der Wegfall der grössten Uhren- und Schmuckmesse der Welt («Baselworld») und die Tatsache, dass die «Mustermesse Basel» (Muba) der Vergangenheit angehört, wirkt sich ebenfalls negativ auf Übernachtungszahlen und Auslastung aus. Allein die «Baselworld» generierte jährlich mehr als 70 000 Logiernächte.
- Basel ist es – im Vergleich zu Zürich – noch immer nicht gelungen, das Freizeit- oder Leisure-Segment nachhaltig zu aktivieren. «Man ist in Basel weit davon entfernt, eine attraktive Freizeitdestination zu sein», so ein Hotelier, der hier nicht genannt werden möchte.
- Basel positioniert sich zwar als Kultur- und Kunststadt – mit weltweit einzigartigen Angeboten (Kunstmuseum, Fondation Beyeler, Tinguely-Museum, Art Basel usw.), aber der Anteil Kunst- oder Kulturgäste macht gerade mal etwa 8 bis 10 Prozent aus.
- In Basel fehlen grosse Konzerte. «Bands wie die Rolling Stones oder Mega-Stars wie Taylor Swift treten alle in Zürich auf – leider nicht in Basel», so Martin von Bertrab, CEO von Bâle Hotels und Vorstandsmitglied im Basler Hotelierverein.
Fazit: Trotz positiver Logiernächte-Bilanz 2023 und 2024 (erstes Halbjahr) leidet Basel unter Überkapazitäten, will heissen: es gibt zu viele Hotelbetten. Folglich geraten auch die Zimmerraten unter Druck, was sich in einer eher negativen RevPar-Entwicklung (vor allem im 4-Sterne-Segment) widerspiegelt. «Wir schaffen es nicht mehr, übers ganze Jahr ein einigermassen hohes, stabiles Preisniveau zu halten», so ein Hotelier aus Basel.
Für Letizia Elia, Direktorin bei Basel Tourismus, steht fest: „Es ist nicht das Ziel von Basel Tourismus, die Hotelkapazitäten zu verringern“. «Wir brauchen die aktuellen Hotelzimmer, damit Basel auch in Zukunft eine attraktive Messe- und Kongressdestination bleibt.» Vielmehr müssten die beiden Segmente Freizeit- und Kongresstourismus weiter gestärkt werden, um den pandemiebedingten Wegfall eines grossen Teils des Geschäftstourismus kompensieren zu können.
«Alles, was Basel im Freizeitbereich attraktiv macht, ist für uns wichtig.» Dazu zähle zum einen das grosse Angebot an Museen und Galerien, aber auch architektonisch habe Basel viel zu bieten. Die Stadt solle gezielt als Alternative zum Massentourismus positioniert werden. «Den Tinguely-Brunnen kann man noch anschauen, ohne sich wie beim Trevi-Brunnen in einer Menschenmasse zu bewegen», betont die Direktorin von Basel Tourismus.
Mit dem Convention Bureau Basel und dem Guest Service von Tourismus Basel sei man auf gutem Weg mit der persönlichen und gezielten Vermarktung des Kongresstourismus, so Letizia Elia.
Rekordzahlen im Juni 2024
Trotz sinkender Auslastung, rückläufigem Corporate-Business, niedrigem Preisniveau und schwieriger RevPar-Entwicklung, präsentierte sich das erste Halbjahr 2024 in Basel positiv. 676 159 Logiernächte haben die Basler Hotels in den ersten sechs Monaten generiert. Das sei der bisher höchste Wert in einem ersten Halbjahr überhaupt, freut sich Basel Tourismus.
Und im Juni wurden in den baselstädtischen Hotelbetrieben 146 019 Übernachtungen gezählt, 6841 oder 4,9 Prozent mehr als im Mai. Im Vergleich zum Juni des Vorjahrs entsprach dies einem Anstieg um 2,4 Prozent.
Alles in allem lag die durchschnittliche Zimmerauslastung im Juni bei 70,1 Prozent. Das war der bislang beste Wert im Jahr. Im ersten Halbjahr lag die durchschnittliche Auslastung bei 53,8 Prozent. Am niedrigsten war sie im Januar mit nur knapp 43 Prozent. Aber aufgepasst: Im Juni fand die «Art Basel» statt. Ein ausserordentliches Ereignis, welches die Struktur- und Nachfrageprobleme der Basler Hotellerie nur punktuell löst.
Die weltgrösste Kunstmesse hat mit mehr als 90 000 Besucherinnen und Besuchern massgeblich zu den Top-Zahlen im Juni beigetragen. In der Art-Woche vom 10. bis 16. Juni lag die Nettozimmerauslastung durchschnittlich bei 78,9 Prozent. Für eine gute Auslastung sorgte vom 18. bis 23. Juni auch die Europameisterschaft im Fechten. Während dieser Tage lag die Nettozimmerauslastung durchschnittlich bei 76 Prozent. Damit nicht genug:Vom 25. bis 27. Juni brachten rund 3000 Tagungsgäste bei Future Labs Live im Congress Center Basel den baselstädtischen Hotels zusätzliche Logiernächte; die Zimmerauslastung lag während den Kongresstagen bei durchschnittlich 81 Prozent.
Die Frage, welche Hoteliers und Tourismusexperten in Basel aktuell beschäftigt: Wie schafft es Basel, die über 4700 Hotelzimmer übers ganze Jahr einigermassen gut auszulasten – auf einem Niveau von mindestens 60 Prozent? Fest steht: «Art Basel», Fondation Beyeler, Kunstmuseum, einzelne Kongresse und Messen reichen nicht, um diese 60 Prozent zu erreichen. Gefragt sind neue Ideen und Tourismuskonzepte.
Was sagt Martin von Bertrab (Bâle Hotels)?
Martin von Bertrab ist der oberste Manager von insgesamt acht Hotels in Basel, Muttenz, Aarburg-Oftringen, Bern und in der Westschweiz. In Basel sind es das «Pullman Basel Europe» (Accor), das Hotel Victoria am Bahnhof SBB und das Hotel Märthof in der Innenstadt. Alle Basler Häuser sind im 4- und 3-Sterne-Segment klassifiziert. Und alle Immobilien gehören der Coop-Gruppe. In Insider-Kreisen spricht man deshalb von den «Coop Hotels».
Laut Martin von Bertrab erreichten die Basler Hotels seiner Gruppe im Jahr 2023 einen «deutlich höheren Umsatz» als die durchschnittlich 55% im Basler Markt. «Unser Ziel in Basel ist es, eine Bettenbelegung von mindestens 66% plus zu erreichen.» Doch auch Martin von Bertrab ist der Meinung, dass es aktuell in Basel zu viele Hotelbetten gibt. «Es ist eine Tatsache, dass der Corporate-Markt seit der Pandemie rückläufig ist, auch unsere Hotels spüren das.» Hinzu kommt, dass die Zahl der Kongress- und Tagungsteilnehmer in Basel kleiner ist als vor der Pandemie (2029).
Auch Martin von Bertrab setzt jetzt vermehrt auf «Leisure statt Business», wie er sagt. Er sieht im Freizeitmarkt, bzw. im Städtetourismus ein beträchtliches Potenzial für Basel – und zwar nicht nur im Bereich Kultur und Kunst. Als «Kunststadt» habe sich Basel bereits sehr gut positioniert, so von Bertrab. «Wichtig sind vor allem grosse Events, Konzerte und Sportanlässe.» Martin von Bertrab denkt dabei an Events wie «Basel Tattoo», die Swiss Indoors, die Herbstmesse oder den Weihnachtsmarkt. «Leider finden aktuell fast alle grossen Konzerte in Zürich statt, Beispiel Taylor Swift.»
Und wie beurteilt von Martin von Bertrab das aktuelle Preisniveau in der Basler Hotellerie? «Wir bieten in unseren Basler Hotels eher hohe, aber faire Preise an. Und beim RevPar sind wir in Basel die Nummer eins.» Die ersten Monate im Jahr 2024 waren für die «Bâle Hotels» sehr gut. «Die Nachfrage war gut, der Juni mit der Art Basel und andern Events war top, das Geschäft zieht wieder an.»
Was sagt Daniel Fankhauser (Hotel Wettstein)?
Daniel Fankhauser führt ein klassische 3-Sterne-Garni-Haus in Basel – das Hotel Wettstein mit 73 Zimmern. Früher waren das mal zwei Hotels, die man dann zusammengelegt hat. Die Immobilie ist in Privatbesitz, Fankhauser führt das Hotel seit zehn Jahren als Direktor. Vorher wirkte er im «Hotel Euler» beim Bahnhof SBB, das zur «Manz Privacy Hotel Group» gehört. Vor seinem Hotel-Engagement arbeitete er sechs Monate lang auf einem Kreuzfahrtschiff, der «Cristal Harmonie». Das war 1992. Es folgten Hotel-Jobs in Engelberg (Hotel Europe) und Arosa (Hotel Alpina), wo Fankhauser Direktionsassistent war. Und dann war er fünf Jahre lang Direktor im Posthotel Weggis.
Daniel Fankhauser, gelernter Koch und Absolvent der Hotelfachschule Zürich, ist ein erfahrener Hotelier. Er kennt die Branche aus dem FF, wie man so sagt.
Was sagt er zur aktuellen Lage in der Basler Hotellerie?
«Im Moment liegt unsere Auslastung bei 70 Prozent. 2023 waren es 68 Prozent, also deutlich über dem Basler Durchschnitt von 55 Prozent», so Daniel Fankhauser. Sein Hotel Wettstein profitiere von der Nähe zum Messe- und Kongressplatz Basel. «Aus der Messe-Optik liegen wir mit unserem Haus besser als die Hotels beim Bahnhof SBB.» 20 Prozent der Gäste seien Messe- und Kongressbesucher bzw. Aussteller, 20 Prozent individuelle Businesskunden, der Rest Freizeitgäste.
Mit einer ADR von 155 bis 160 Franken liegt das Hotel Wettstein «gut im Rennen». Daniel Fankhauser: «Doch die Stadt Basel leidet seit Jahren unter einem eher tiefen Preisniveau in der Hoptellerie.»
Wie sieht er die Zukunft der Basler Hotellerie? «Wir brauchen grosse Kongresse mit maximal 5000 Teilnehmern. Mehr geht nicht in Basel.» Zudem müsse man verstärkt auf den Freizeit- und Städtetourismus setzen. Da hat Basel noch Potenzial.»