Jonas Gass ist operativer Chef der Krafft Hotel-Gruppe in Basel. Er führt als COO die drei Häuser Krafft, Nomad und Silo (Hostel). Wie beurteilt er als Basel-Insider und Mitinhaber der Krafft-Hotels die aktuelle Lage in der Basler Hotellerie? Warum schafft es Basel (noch) nicht, den Städtetourismus auf Touren zu bringen? Ein Hotel Inside-Video-Gespräch.
Jonas Gass führt die Kafft Hotels seit Mai 2023 – zusammen mit Gründer und Mitinhaber Franz Xaver Leonhardt (CEO). Vorher war er Direktor des zur Kafft-Gruppe gehörenden Nomad Design-Hotels. Jonas Gass ist Absolvent der Hotelfachschule Luzern (SHL).
Was sagt der Krafft-COO zur aktuellen Situation im Basler Tourismus und in der Basler Hotellerie? Warum ist der Corporate-Markt in der Stadt am Rhein seit knapp drei Jahren rückläufig? «Die Manager und Forscher der Pharma-Konzerne Novartis und Roche reisen weniger. Statt schnell mal von London oder New York nach Basel zu fliegen, führt man heute ein Zoom-Meeting durch.» Fazit: Es fehlen Logiernächte im Corporate-Business. Allein der Pharma-Gigant Roche spart in Basel etwa 100 000 Übernachtungen pro Jahr.
Gleichzeitig gibt es in Basel aktuell zu viele Hotelbetten. Nur gerade in der Hochsaison im Sommer oder während Kongressen, Sportanlässen und Messen wie der «Art Basel» (Juni) erreichen die Hotels am Rhein eine Auslastung von über 70 Prozent.
In den letzten Jahren wurden in Basel viele neue Hotels eröffnet, das beste Beispiel ist das neue Mövenpick Hotel mit 264 Zimmern und Suiten. Man ging in Basel davon aus, dass die Nachfrage hoch bleibt. Doch dann kam im Frühjahr 2020 die Pandemie – und das Corporate-Geschäft brach ein. Zudem fiel die «Baselworld», die weltweit grösste Uhren- und Schmuckmesse, weg. Fazit: nochmals 70 000 bis 100 000 Logiernächte weniger.
Laut Jonas Gass sei Basel zwar auf dem besten Weg, schon bald eine attraktive Tourismusdestination zu werden, eine Stadt, die den Gästen einzigartige Kultur- und Kunsterlebnisse biete – Beispiele: Kunstmuseum, Fondation Beyeler, Tinguely-Museum, «Art Basel» usw. «Noch macht der Kunsttourismus in Basel nur etwa 6 bis maximal 10 Prozent aus, aber Basel Tourismus bemüht sich sichtlich, den Städtetourismus mit guten Angeboten und neuen Ideen auf Vordermann zu bringen. Ich bin sehr zuversichtlich. Wir schaffen das.»
Hotel Inside-Journalist Hans R. Amrein sprach mit Jonas Gass, dem COO der Krafft Hotel-Gruppe, über die aktuelle Lage in der Basler Hotellerie und die einzigartige Geschichte des historischen Krafft Hotels am Rhein.
Die Geschichte des Krafft Hotels
1872 erbaute Ernst Krafft am Kleinbasler Rheinufer anstelle von drei mittelalterlichen Handwerkerhäusern ein neues Hotel. Das vierstöckige und sieben Fensterachsen breite Haus an bevorzugter Lage am Rheinufer und mit Blick auf den Münsterhügel konnte im Laufe der Zeit berühmte Gäste beherbergen: Hier verfasste beispielsweise Hermann Hesse (1877-1962) einen grossen Teil seines Romans «Der Steppenwolf».
1946 übernahm die Fricktaler Hotelierfamilie Waldmeier das Haus. 1958 wurde das Haus einer Gesamtrenovation unterzogen und erhielt einen Anbau mit Durchgang zum Rhein und Loggien im Dachgeschoss. 2002 kaufte der Basler Gastronom Franz-Xaver Leonhardt das Traditionshaus, welches später von der Stiftung Edith Maryon als Eigentümerin übernommen wurde. Sie schloss mit der neu gegründeten Krafft AG (heute Krafft Gruppe) einen langjährigen Pachtvertrag ab. Zwischen 2003 und 2010 folgte der Aus- und Wiederaufbau des Speiserestaurants, die Renovation der Hotelzimmer, die Einrichtung eines Fumoirs und Seminarraums, die Eröffnung der in der Rheingasse gegenüberliegenden Hotel-Dépendance und der Consum Weinbar, sowie der Ausbau der Dachterrassenzimmer im Haupthaus.
Seither verleihen Schweizer Typenmöbel aus dem 20. Jahrhundert dem Haus ein unverwechselbares Ambiente. Die Auszeichnung zum Historischen Hotel des Jahres 2007 war die logische Folge dieser behutsamen und mit viel kulturhistorischem Sachverstand ausgeführten Renovation. Die Icomos-Jury würdigte unter anderem auch die mit frischer Gestaltungskraft eingefügten zeitgenössischen Ergänzungen und vor allem die Begeisterung, mit der die heutigen Betreiber das historische Stadthotel beleben und beseelen. Dieser Erfolg beflügelte die Eigentümer offensichtlich, denn sie übernahmen daraufhin auch das Nachbargebäude Rheingasse 19, Standort des ersten Consum-Ladens in Kleinbasel. 2009 eröffneten sie das wiederum mit viel Sachverstand erneuerte Haus mit zeitgemässen Gästezimmern in den Obergeschossen und einer mittlerweile stadtbekannten Bar im Erdgeschoss. Seit 2005 ist das Haus Mitglied von Swiss Historic Hotels.
Heute ist das Krafft Basel ein 4-Sterne-Boutique Stadthotel im oberen Preissegment mit einem Restaurant, dem Salon bleu mit Kamin und der Consum Weinbar. Das Hotel Krafft verfügt über rund 60 Zimmer in verschiedenen Kategorien. Im Haupthaus befinden sich 48, in der Dépendance 12 Hotelzimmer. Das Restaurant Krafft Basel bietet Platz für 80 Personen und eine grosse Terrasse direkt am Rheinufer.
2007 wurde das Hotel Krafft Basel durch ICOMOS Schweiz zum historischen Hotel des Jahres gekürt. 2016 erhielt das Hotel Krafft Basel den „City Historic Hotel Award 2017“ von Historic Hotels of Europe.
Die Krafft Gruppe wurde 2003 gegründet. Ihre Wurzeln liegen im Krafft Basel. Geführt wird die Gruppe von ihren Teilhabern, die teilweise auch in den verschiedenen Unternehmen tätig sind. Zur Krafft Gruppe gehören neben dem Krafft Basel drei weitere Betriebe:
– Consum Weinbar
– Volta Bräu Brewery, Brewpub, Garden
– Nomad Design & Lifestyle Hotel
PDF Das Hotel Krafft – Eine Saga vom Rhein
Das Nomad Design & Lifestyle-Hotel
Das 4-Sterne-Stadthotel im Zentrum von Basel wurde im Januar 2016 eröffnet. Die 65 Zimmer sind modern und individuell eingerichtet, diverse Kategorien vom Small Design Room bis zur Design Penthouse Suite. Das Restaurant «Eatery» setzt auf Gerichte aus aller Welt. Das Hotel bietet auch Seminarräume, Fitness mit Sauna und Parkplätze.
Das ehemalige Appartementhaus aus den 50er Jahren wurde komplett umgebaut und im Januar 2016 als Design-Hotel eröffnet. Es beeindruckt durch seine moderne Architektur im Einklang mit wohnlicher Atmosphäre: Kühler Sichbeton trifft auf warmes Eichenholz, klare Linien auf bunte Kelim-Teppiche. Ästhetik und Handwerk vom Feinsten: exklusive Leinenbettwäsche, das Personal trägt Schweizer Design. In der «Eatery» wird World-Food serviert, am Wochenende spielen Live-Bands. In unmittelbarer Nähe zum Architektur-Museum.
Das Boutique-Hostel «Silo»
Im Juli 2023 übernahm die Krafft Gruppe den Betrieb von Hostel und Restaurant im Silo. Das Haus im jungen Basler Erlenmattquartier wurde ab 2010 von der Stiftung Habitat aufgebaut und ab 2018 vom Verein Talent Silo betrieben.
Vor über 110 Jahren nahm die Basler Lagerhausgesellschaft das Silo auf der Erlenmatt in Betrieb, erster Zweck war die Lagerung von Cacao-Bohnen. Mit einem sorgfältigen Umbau und Respekt vor der Substanz verwandelte die Stiftung Habitat das historische Gebäude in ein Haus der Begegnung, das 2020 eröffnet wurde. Es beherbergt ein Boutique-Hostel, ein Restaurant mit Bar, Lounge und Terrasse sowie 16 Ateliers, die vorwiegend von Kleinunternehmen genutzt werden. Hotellerie und Gastronomie im Haus kamen im Juli 2023 unter die Fittiche der Krafft-Gruppe.
Das Silo kann weiterhin auf ihre Erfahrung in der sorgfältigen Entwicklung von Betrieben und der langfristigen Förderung von Talenten vertrauen. Das weiss kaum jemand besser als Jonas Gass, der in der Krafft Gruppe noch vor seinem 30. Geburtstag zum Hoteldirektor (Nomad) wurde und sich heute als Miteigentümer und COO der Gruppe über die Silo-Geschichte freut: «Das Silo passt perfekt zu uns.»
Warum verkaufte Franz Xaver Leonhardt das Krafft Hotel?
Franz Xaver Leonhardt.
Das Hotel Krafft, das die Stiftung Edith Maryon 2003 erwarb, ist eines der Traditionshäuser von Basel. Franz-Xaver Leonhard, der heute als Teil eines Vierer-Teams die Krafft Gruppe leitet, unterschrieb den Kaufvertrag 2002, realisierte aber bald, dass er nicht Hotelbesitzer, sondern «bloss» Leiter sein wollte. Die Überlegungen einer Stiftungsgründung führten zur Stiftung Edith Maryon, worauf der Kauf vier Monate später, im April 2003, umgesetzt wurde. Das Krafft, wie es im Volksmund kurz heisst, hat fünf Stockwerke, 44 Zimmer, ein Restaurant im Erdgeschoss und mit dem Schnooggeloch (Mückenloch, kommt vom Kinderlied «Dr Hansdampf im Schnooggeloch») im Souterrain eine jener traditionellen Basler «Knillen», wo die angenehme Seite des Lebens wohnt. Dieses Ambiente mag auch Hermann Hesse gereizt haben, der einige Zeit in einem der Zimmer des Krafft lebte. Um das Wohl der Gäste kümmern sich rund 40 Vollzeit-Mitarbeiter. Die Zusammenarbeit mit der Stiftung basiert auf einer Kostenmiete, wobei ein Prozent des Umsatzes für neue Projekte an die Stiftung zurückfliesst. Renovationen werden sanft vorgenommen. Die moderne, aber diskrete Einrichtung der Zimmer kombiniert klassisches Schweizer Design mit modernem Komfort. Mit dem Kauf des Hotel Krafft hat die Stiftung auch das Haus über die Strasse erworben, wo früher die Mitarbeiter logierten. Darin sind zusätzliche 12 Gästezimmer untergebracht sowie im Erdgeschoss die Weinbar Consum.
Im Zuge einer Vermögensübertragung wurde die Liegenschaft per 1. Januar 2015 in die stiftungseigene Edith Maryon AG überführt.
Bildlegende Hauptfoto: Jonas Gass, COO Krafft Gruppe.