Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen und einer anfänglich verhaltenen Nachfrage entwickelt sich der Markt positiv. Großveranstaltungen wie die EM haben dabei eine zentrale Rolle gespielt.
Im Expertentalk „mrp hotels quarterly“ analysierten Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei mrp hotels, Alexander Robinson, Director Industry Partners bei STR, Beatrice Sommer, Head of ESG bei mrp hotels, und Sebastian Koch, Head of Hotels & Hospitality Germany bei Covivio, die aktuelle Lage des Hotelmarkts.
Großveranstaltungen treiben die Nachfrage
Alexander Robinson betonte dabei die positive Entwicklung des europäischen Hotelsektors: „Das Wachstum bei der Belegung, den Average Daily Rates (ADR) und dem Revenue per Available Room (RevPAR) hat sich im Year-on-Year-Vergleich seit Juni 2023, als das Wachstum des RevPAR beispielsweise bei 16 Prozent lag, normalisiert und liegt aktuell bei sechs Prozent.” Wie zu erwarten gewesen sein, habe die Europameisterschaft diese KPIs in Deutschland stark nach oben getrieben und für einen Sondereffekt gesorgt.
Auch Sebastian Koch bestätigte den positiven Effekt aus Investorensicht: „Die Europameisterschaft hatte definitiv einen positiven Effekt auf unser Hotelgeschäft. Ein Großteil unseres Hotelportfolios liegt 2024 hinsichtlich der Umsätze wieder auf dem Niveau von 2019. Teilweise haben wir das Niveau von 2019 sogar schon 2023 überschritten. Auch der RevPAR ist im Vergleich zum letzten Jahr gestiegen.“
Martin Schaffer ergänzte: „Da neue Projekte immer noch aufgrund der Lage auf dem Entwicklungsmarkt Mangelware sind, wird der Markt das bestehende Angebot besser aufnehmen und somit die Auslastungszahlen und Zimmerpreise steigen lassen. Damit wird sich der Sektor vollends erholen.“
ESG-Strategien sind essentiell
Beatrice Sommer hob die Bedeutung von ESG-Strategien hervor und betonte, dass Banken für die Finanzierung von Gebäuden mit hohem CO2-Ausstoß großen Wert auf eine entsprechende Umsetzung legen. Den Rahmen dafür könne die EU-Taxonomie liefern. “Durch die Umsetzung entsprechender Maßnahmen steigern Eigentümer und Betreiber den Immobilienwert erheblich. Gleichzeitig ermöglichen diese attraktive Pachtkonditionen. Abwertungen für geringe Nachhaltigkeit bei Gebäuden werden derweil immer wahrscheinlicher”, so Sommer. Auch am Investmentmarkt sei zu beobachten, dass institutionelle Eigentümer Betreiber mit Nachhaltigkeitsstrategien bevorzugen.
Neben dem ökologischen Aspekt spielt auch der soziale eine große Rolle in der ESG-Strategie, erklärte Sommer: „Beim ‚S‘ liegt der Fokus auf Mitarbeitenden, so zum Beispiel transparenten Lohnstrukturen, Mitarbeiterfluktuation, Fortbildungen oder Benefits. Auch wie sich die Betreiber durch Unterstützungsbemühungen in die Gesellschaft einfügen, spielt eine Rolle. Da Hotels eine Nutzerimmobilie sind, ist auch die Gästezufriedenheit hier ein Faktor.“
Sebastian Koch bestätigte die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitsstrategien in der Praxis: „Das Thema ist bei Betreiber auf jeden Fall angekommen. Wir erstellen seit Jahren einen Nachhaltigkeitsbericht und fragen die Verbrauchsdaten der Hotels in unserem Portfolio ab. Gemeinsam mit Betreibern überlegen wir, wie der CO2-Verbrauch und -Ausstoß reduziert werden kann. Hinsichtlich der Finanzierung nehmen wir wahr, dass Banken deutlich zögerlicher agieren und mehr Nachfragen stellen als noch vor den Kosten- und Zinsanstiegen.“
„Aktuell bleibt noch schwer einzuschätzen, wann die Zinsen das nächste Mal gesenkt werden”, fügte Martin Schaffer hinzu und ergänzte: “Nach der ersten Zinssenkung der EZB im Juni erwarten manche Beobachter pro Quartal eine Senkung des Leitzinses um 25 Basispunkte bis zum Ende des kommenden Jahres. Das könnte Finanzierungsverfahren wieder vereinfachen, den Transaktionsmarkt wird es allerdings erst mittel- bis langfristig in Schwung bringen.“
Konsolidierung der Hotelkategorien
Die unterschiedlichen Entwicklungen in den Hotelkategorien erläuterte Schaffer: „Wir sehen Drei- und Viersternehotels mit viel Personal und Gastronomie vor allem deswegen unter Druck, da sie die Raten nicht in dem Ausmaß steigern können, der nötig wäre, um die gestiegenen Kosten zu decken, bzw. profitabel zu wirtschaften.” Budgethotels hingegen hätten durch höhere Zimmerpreise und niedrige Kosten ihr Gewinnniveau von 2019 wieder erreicht. Luxushotellerie boomt laut Schaffer nach wie vor.
„Budgethotels haben sich am schnellsten erholt, das stimmt”, pflichtete Sebastian Koch bei. Allerdings würden Ketten wie Motel One eher zur “Mittelklasse-Kategorie” gehören. “Und diese performen sehr gut. Es kommt darauf an, wie die Hotels im Einzelnen ausgestattet sind und welchen Service sie bieten.“
Ausblick auf den Hotelinvestmentmarkt
„Wir sehen insbesondere Südeuropa als ‚Place To Be‘ für Investoren”, prognostiziert Schaffer. Das liege am einfacheren Zins- und Inflationsumfeld sowie der hohen Nachfrage. In der DACH-Region würde der Markt wahrscheinlich noch ein Jahr, wobei auch dort Licht am Ende des Tunnels zu sehen sei. red/sar