Das Hotel Villa Honegg liegt auf 914 Metern über Meer oberhalb von Ennetbürgen, 20 Minuten von der Stadt Luzern entfernt. Das traditionsreiche Hotel wurde 1905 erbaut und im Mai 2011 nach einer Gesamtrenovation neu eröffnet. Seit 2019 führt Marcel Heiderer das Hotel, das mit seinem Infinity-Pool 2016 weltweit für Schlagzeilen sorgte. Ein Inside-Video-Talk.
Die Villa mit seinen 23 Zimmern und Suiten ist wahrscheinlich das kleinste 5-Sterne-Hotel der Schweiz. Die Lage hoch über dem Vierwaldstättersee mit Sicht in die Berge der Zentralschweiz ist einzigartig. Die Villa ist ein Ganzjahresbetrieb, die Auslastung liegt bei 70 bis 80 Prozent.
Seit 2019 leitet Marcel Hinderer das „Hoteljuwel“ auf dem Bürgenstock. Inhaber der Immobilie ist ein privater Investor aus Katar.
Hotel Inside-Publizist Hans R. Amrein sprach Ende Dezember mit Hotelier HInderer: Wie führt man das kleinste Luxushotel der Schweiz?
Wer ist Marcel Hinderer?
Marcel Hinderer leitet seit Sommer 2019 das Hotel Honegg auf dem Bürgenstock. Es wurde 1905 erbaut und 2011 nach einer Gesamterneuerung als Luxushotel wiedereröffnet. Emil Durrer, der aus einer Obwaldner Hotelier-Familie stammte, baute das Hotel um 1905 auf der Honegg, 500 Meter oberhalb des Vierwaldstättersees, ohne einen Architekten beizuziehen. Das Haus wurde zu seinem Schicksal: 1923 verunglückte er tödlich, als er eigenhändig die Hotelfassade renovierte. In den 1970er-Jahren scheiterten mehrere Pläne für eine neue Nutzung des veralteten Hotels. Es stand vier Jahrzehnte lang leer. Im Jahr 2016 wurde die Villa Honegg dank der brasilianischen Bloggerin Fabi Gama weltberühmt: Sie postete ein Video, das sie zeigt, wie sie in den Infinitiy-Pool des Hotels steigt. Der Clip wurde mehr als 120 Millionen Mal angeklickt. Noch heute profitiert die Villa Honegg von der weltweiten Social Media-Präsenz.
Auf die Frage, wie er denn Hotelier geworden sei, antwortete Marcel Hinderer in einem Interview mit dem Finanzportal finews (Oktober 2020):
«Ich bin vorbelastet: Meine Mutter ist Eigentümerin des Landgasthof Zum Engel bei Speyer in Rheinland-Pfalz. Als Kind habe ich dort schon geschnuppert; dann wuchs das Interesse. Nach dem Abitur machte ich eine Lehre als Hotelfachmann und lernte so alle Sparten eines Hotels kennen. Dann absolvierte ich die englischsprachige Hotelfachschule Les Roches im Wallis. Sie diente mir als Sprungbrett für bisher über 28 Jahre Berufserfahrung, zuerst in der Schweiz, dann im Libanon, in Australien, Malaysia, China und zurück in die Schweiz.»
Wie er denn zu seinem heutigen Job auf dem Bürgenstock gekommen sei, fragte das Finanzportal. Hinderers Antwort:
«Meine Frau ist Schweizerin; wir hatten immer die Sehnsucht, andere Länder zu bereisen, aber auch, in die Schweiz zurückzukehren. Als die Zwillingstöchter ins Schulalter kamen, war es so weit. Ich liess mir viel Zeit bei der Suche nach einer neuen Stellung; die Villa Honegg erwies sich dann als Volltreffer. Da ich zuvor in wesentlich grösseren Hotels tätig war, war die Boutique-Hotel-Erfahrung etwas Neues für mich.»
Was macht die Villa Honegg aus seiner Sicht so einzigartig? Marcel Hinderer:
«Unser Team bietet einen leidenschaftlichen Service; jeder Gast wird individuell betreut und als VIP behandelt. Unsere Küche auf Gault-Millau-Niveau basiert auf Regionalität und Natürlichkeit und kommt bei internationalen wie lokalen Gästen sehr gut an. Wir sind kein kühles, sondern ein «heimeliges» 5-Sterne-Superior-Boutique-Hotel.»
Der berühmteste Infinity-Pool der Schweiz…
Die Journalistin Jacqueline Lipp von der NZZ ging der Frage nach: Warum wurde der wohl berühmteste Infinity-Pool der Schweiz weltweit so berühmt? Hier ein Auszug aus dem Bericht in der NZZ:
«2016 filmt sich eine brasilianische Bloggerin im Infinity-Pool des Luxushotels. Sie steigt die Treppenstufen hinab ins dampfende Wasser, das hellblau funkelt und bis zu den Alpen zu reichen scheint. Sie stellt das Video ins Internet. Es wird geteilt. Und innert Kürze haben es über 100 Millionen Menschen gesehen. Von einem «Sechser im Lotto» sprach der damalige Hotelier in Medienberichten. Der Schweizer Tourismus erlebte einen seiner ersten Social-Media-Hypes.»
Die Villa Honegg arbeite seit Jahren professionell mit Influencern zusammen, erklärt Jacqueline Lipp. «Die brasilianische Bloggerin, die 2016 für den Hype verantwortlich war, weilte damals auf Einladung im Hotel. Es war ihr vierter Besuch. Und der einzige mit solch nachhaltiger Wirkung.»
Die Geschichte der Villa Honegg
Honegg-Erbauer Emil Durrer wurde 1873 in Kerns geboren. Sein Pate und Onkel war der legendäre Hotelunternehmer und Bahnbauer Franz Josef Bucher-Durrer, von dem Emil seine Leidenschaft für die Hotellerie geerbt hatte. Emil erlernte den Schreinerberuf und arbeitete bei seinem Paten im Hotelbetrieb auf dem Bürgenstock. Er arbeitete später für das Unternehmen Bucher-Durrer im Ausland, unter anderem in Genua. Während seiner Auslandaufenthalte sammelte er wichtige Erfahrungen im Bau, Unterhalt und Betrieb von Hotels.
Als Emil Durrer an seinen Geburtsort Kerns zurückkehrte, heiratete er 1901 seine Verlobte, Louise Traxler. Mit den sechs Kindern Anna, Emil, Maria, Karl, Elisabeth und Theres lebte die Familie auf dem mütterlichen Heimwesen Breiten in Kerns. Bewegt von den Eindrücken der grossen ausländischen Hotels, stand für ihn fest: Ich will eigenes Hotel bauen.
Im Jahr 1905 kaufte Emil Durrer-Traxler von den Familien Mathis in Ennetbürgen Land im Umfang von 30’000 m2. Schon damals galt das Stück Land an bester Lage auf 914 Meter über Meer als schönster Flecken weit und breit. Aufgrund seiner grossen Erfahrung plante und baute er das Hotel Honegg selbst – ohne Architekten.
Doch es kam alles gut und im Jahr 1906 wurde das Hotel Honegg mit 72 Gästebetten eröffnet. Die Gäste wurden bei der Bergstation der Bürgenstock Bahn mit dem Pferdewagen, später mit der Hotel-Limousine abgeholt. Die Hotelgäste kamen aus allen Ländern und sie blieben drei bis vier Wochen, teilweise den ganzen Sommer. Sie wurden betreut von 15 bis 18 Hotelangestellten. Das beliebte Sommerhotel verfügte über einen eigenen Tennisplatz und diverse Spieleinrichtungen. Kugelspiel, Krocket oder Billard gehörten damals zu einem erholsamen Aufenthalt dazu. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse wie Milch und Käse bezog das Hotel von den umliegenden Bauernhöfen auf Honegg.
Bis zum Jahr 1914, dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, hatte das Hotel gute Zeiten. Emil pflegte exzellente Beziehungen zum früheren Kernser Arzt, Dr. med. Gallus von Deschwanden. Dank dessen Vermittlung wurden im Hotel Honegg während des Krieges (1914-1918) verletzte, deutsche Internierte einquartiert.
Im Jahr 1923 verunglückte Emil Durrer-Traxler bei der Fassadenrenovation am Hotel Honegg. Er stürzte beim Malen vom Gerüst. An den Folgen des Unfalles starb er am 3. Oktober 1923. Nach seinem Tod führte seine Frau Louise Durrer-Traxler den Hotelbetrieb weiter. Sie hatte die Hotelfachschule absolviert und war eine erfahrene Hôtelière.
Später übergab die Mutter die Führung des Hotelbetriebes ihrem Sohn Karl Durrer-Züger. Das Hotel Honegg war ein typischer Familienbetrieb; die meisten Geschwister arbeiteten mit. Anna und Karl im Büro, Maria, Elisabeth und Theres im Service. Karl besorgte auch den Unterhalt des Hotels. Zudem leitete er die AHV- und IV-Stelle in Kerns. Das Personal kam von der Umgebung, vorab von der Wohnortgemeinde der Besitzerfamilie, der Gemeinde Kerns. Später halfen
1977 wurde der Familienbetrieb, das Hotel Honegg, an die Frey AG Mattgrat verkauft. Der Plan, ein Gesundheitszentrum aufzubauen, scheiterte an der Finanzierung. Später diente das Hotel auch als Kulisse für Filmaufnahmen. Seit 2007 befindet sich das Hotel im Besitz eines privaten Investors aus Katar. Dieser hat allerdings mit der Katara Hospitality, die das Bürgenstock Resort besitzt und führt, nichts zu tun. Nach mehrjährigem Umbau wurde das Hotel Villa Honegg im Mai 2011 wieder eröffnet.