Die Finanz- und Wirtschaftsmetropole Zürich wird immer mehr zur Freizeitdestination. Immer mehr Hotelgäste verbringen aus Freizeit- und nicht aus Geschäftsgründen ihre Tage in Zürich. Machten die Freizeit-Gäste vor zehn Jahren knapp 25 Prozent aller Zürich-Reisenden aus, sind es heute 50 Prozent. Was bedeutet das für die Zürcher Stadthotels? Hotel Inside sprach mit Matthias Ramer (Sorell Hotels Seidenhof, St. Peter) und Matthias Sutter (Hotel Glockenhof).
Fest steht: Bei der Entwicklung der Destination muss berücksichtigt werden, dass Leisure-Gäste andere Bedürfnisse und Wünsche haben als jene Reisenden, die nur für ein Business-Meeting oder eine Konferenz nach Zürich kommen. Umso wichtiger sind eine Vielfalt an Freizeitangeboten sowie die Belebung der Innenstadt mit Einkaufsmöglichkeiten auch an Sonntagen
Hotel Inside sprach mit den beiden Zürcher Hoteliers Matthias Ramer (Sorell Hotels Seidenhof und St. Peter) und Matthias Sutter (Hotel Glockenhof) über die Frage: Wie schaffen Sie den Spagat vom Business- zum Freizeithotel?
Matthias Ramer (57) führt als General Manager die beiden Sorell Hotels Seidenhof und St. Peter, zudem ist er Präsident der Vereinigung Zürcher City Hotels. Der Seidenhof umfasst 78 Zimmer und Suiten, das Hotel St. Peter 45. Die Auslastung im Seidenhof lag 2023 bei 75 Prozent, im St. Peter bei 82 Prozent. Laut Matthias Ramer spielt der sogenannte «Bleisure-Gast» (Kombination von Business und Leisure) eine immer grössere Rolle in den beiden Sorell Hotels. «Die Zeiten, als unsere Hotels von Montag bis Donnerstag fast ausschliesslich mit Businessgästen frequentiert wurden, sind vorbei. Heute sind die Wochenenden genauso wichtig», so Matthias Ramer zu Hotel Inside, «Es gibt auch keine Wochenendtarife mehr. Der Firmengast wird immer mehr zum Bleisure-Gast.»
Was dem Hotelier Ramer derzeit zu schaffen macht, sind nicht die unterschiedlichen Gästesegmente, sondern die Tatsache, dass in der City von Zürich grosse Kaufhäuser wie Jelmoli schliessen: «Jelmoli ist kein Einzelfall, es schlissen auch andere Geschäfte. Damit wird die Innenstadt weniger attraktiv», so Matthias Ramer. «Das Einkaufserlebnis ist allerdings ein wichtiger Faktor für den Freizeitgast und generell für den Städtetourismus, der in Zürich eine immer grössere Rolle spielt.» Positiv ist die Tatsache, dass laut Matthias Ramer die Zimmerraten in Zürich – dank Bleisure-Gästen – um 10 bis 15 Prozent gestiegen sind.»
Was sagt Ramers Kollege Matthias Sutter, General Manager im Hotel Glockenhof, zum Thema Business- und Freizeitgast?
Matthias Sutter führt das 4-Sterne-Haus mit 88 Zimmern und drei Suiten seit 18 Jahren – als Direktor. Vorher war er Vizedirektor. Der Glockenhof setzt jährlich etwa 11 Mio. Franken um, davon entfallen zwei Drittel auf den Bereich Logement. Die Auslastung lag 2023 bei 75 Prozent. Ein Blick in die Gästestruktur im Glockenhof zeigt: 27% der Gäste kommen aus den USA, 12% aus Grossbritannien, 12% aus der Schweiz, der Rest sind Gäste aus dem übrigen Europa, aus Israel, Brasilien oder aus den Golfstatten.
Zum Thema Business- und Freizeitgast sagt Sutter: «Der Freizeit- oder Bleisure-Gast bucht mehr Doppelzimmer. Fazit: höhere Zimmerraten.» Laut Matthias Sutter sind Businessgäste heute kaum mehr von Freizeitgästen zu unterscheiden. Viele sitzen am Vormittag am Computer und arbeiten, wenig später gehen sie joggen oder geniessen die Sonne am See. «Zürich ist nicht nur eine attraktive Freizeitstadt, wo der Gast Kultur, Kunst, Sport, Shopping und eine großartige Gastroszene findet», betont Hotelier Sutter. «Zürich ist ein Hub, das heisst Ausgangspunkt für Freizeitaktivitäten in der Region und in der übrigen Ostschweiz. Die Lenzerheide, zum Beispiel, ist ja nur 1,5 Stunden von Zürich entfernt. Für Gäste aus Amerika ist das keine Distanz.»
Zürich Tourismus: Zahlen & Fakten 2022
5’935’731 Millionen Logiernächte zählte die Tourismusregion Zürich im Jahr 2022. 2019 waren es 6.5 Millionen, was einem Minus von 9.2 Prozent entspricht. Immerhin, gegenüber dem Vorjahr erreichten die Logiernächte in der Region, die sich von Baden und Winterthur über die Stadt Zürich und die Flughafenregion bis nach Rapperswil und den Kanton Zug erstreckt, ein Plus von 89 Prozent. Die Subregion Zürich mit der Stadt, den Flughafengemeinden, dem Limmattal und dem Knonaueramt, für die Zürich Tourismus direkt verantwortlich ist, verzeichnete 4’778’738 Millionen Übernachtungen (+108%).
Besonders erfreulich ist die Entwicklung bei den Gästen aus der Schweiz. Machten sie bisher rund einen Viertel aller Übernachtungen aus, waren es im Jahr 2022 ganze 37 Prozent. Auch beim europäischen Markt (Deutschland +57.5%, UK +223.4%, Italien +71.7%, Frankreich +70.4%) und bei den Gästen aus den Golfstaaten (+56.8%) und Nordamerika (+276.8%) gibt es im Vergleich mit dem Vorjahr hohe Zuwachsraten. Bei Letzteren könnte der Oberammergauer-Effekt eine Rolle spielen. Die nur alle zehn Jahre stattfindenden Passionsspiele lösten eine regelrechte Flut an Gästen vom neuen Kontinent aus.
Damit die Region auch künftig attraktiv bleibt, wurde eine neue Strategie erarbeitet. Denn die Aufgaben von Tourismusorganisationen befinden sich im Wandel. Von den klassischen Aufgaben einer Marketingorganisation zu jenen einer modernen Managementorganisation. Zürich Tourismus und die Zürcher Hotellerie setzen mit der neuen Strategie auf einen Qualitätstourismus, der für die Bevölkerung und die Umwelt verträglich ist. Zu den neuen Aufgaben zählt aber auch die Entwicklung der Rahmenbedingungen der Destination.