Die Finanz- und Wirtschaftsmetropole Zürich wird immer mehr zur Freizeitdestination. Immer mehr Hotelgäste verbringen aus Freizeit- und nicht aus Geschäftsgründen ihre Tage in Zürich. Machten die Freizeit-Gäste vor zehn Jahren knapp 25 Prozent aller Zürich-Reisenden aus, sind es heute 50 Prozent. Was bedeutet das für die Zürcher Stadthotels? Hotel Inside sprach mit Andreas Stöckli, General Manager im Zürcher Hotel Schweizerhof.
Fest steht: Bei der Entwicklung der Destination muss berücksichtigt werden, dass Leisure-Gäste andere Bedürfnisse und Wünsche haben als jene Reisenden, die nur für ein Business-Meeting oder eine Konferenz nach Zürich kommen. Umso wichtiger sind eine Vielfalt an Freizeitangeboten sowie die Belebung der Innenstadt mit Einkaufsmöglichkeiten auch an Sonntagen.
Hotel Inside-Publizist Hans R. Amrein sprach mit Andreas Stöckli vom «Schweizerhof» in Zürich über den Wandel von Zürich zur Freizeit-Destination und die Herausforderung für Hoteliers, wenn in Stadt- und Businesshotels immer mehr Freizeitgäste absteigen.
Wer ist Andreas Stöckli?
Andreas Stöckli übernahm im Mai 2014 die Leitung des Hotels Schweizerhof in Zürich. Er trat damit die Nachfolge des langjährigen Direktors Jörg Rudolf von Rohr an, der in den Ruhestand ging.
Stöckli ist seit fast 40 Jahren in der Hotellerie tätig. Er lernte seinen Beruf von der Pike auf und begann seine Karriere mit einer Kochlehre. Es folgten verschiedene Stationen in renommierten Häusern im In- und Ausland wie zum Beispiel dem Suvretta Haus in St. Moritz, dem Grand Roche Hotel in Südafrika oder dem Pier One Restaurant in den Bahamas. Im Jahr 2001 eignete er sich das eidg. Diplom als Hotelier-Restaurateur HF/SHL der Hotelfachschule Luzern an. Vor seinem Engagement im Schweizerhof Zürich hatte Stöckli verschiedene Positionen bei The Rezidor Hotel Group inne. Bevor er 2014 die Leitung im Hotel Schweizerhof Zürich übernahm, führte er während viereinhalb Jahren das Radisson Blu Hotel Frankfurt und war danach ein Jahr als General Manager im Radisson Blu Hotel in St. Gallen tätig.
Seine Freizeit verbringt der Vater von drei Kindern gerne mit der Familie, mit Skifahren und Kochen.
Hintergründe zum Hotel
Das Hotel Schweizerhof in Zürich wurde 1876 eröffnet und ist seit 1971 im Familienbesitz (Familie Pestalozzi-Streicher). Die Familie hat in den letzten Jahren laufend viele Millionen in die Immobilie am Bahnhofplatz investiert, zum Beispiel 2016 rund 2,3 Millionen in neue Zimmer, die Erweiterung des Innenhofs und einen „Boutique Gym“. Seit 2014 führt der Hotelier Andreas Stöckli das 4-Sterne-Superior-Haus am Bahnhofplatz. Unter dem Credo „Menschen glücklich machen“ setzt man im Schweizerhof auf eher klassische, modern interpretierte Hotellerie und Gastronomie. Laut Andreas Stöckli steht im operativen Hotelalltag der „qualitativ hochstehende Service“ im Zentrum. Ziel sei eine „hohe Kontinuität im Qualitätsanspruch und in der Dienstleistungsbereitschaft“.
Wird Zürich zum schweizerischen Venedig?
Hotel Inside sprach im März 2023 mit Thomas Wüthrich (48), Direktor von Zürich Tourismus, über die neue Strategie und die Frage: Wird Zürich zum schweizerischen Venedig?
Thomas Wüthrich, Zürich soll sich künftig vermehrt als Freizeit- oder Leisure-Destination positionieren. Was heisst das konkret?
Das ist schon seit einiger Zeit ein Teil der Strategie und nicht umkehrbar. Seit den 90er-Jahren und der Aufhebung des Wirte-Patents hat sich in Zürich viel getan. Weg von der langweiligen Bankenstadt zum jetzigen, pulsierenden und lebensbejahenden Zentrum mitten in Europa. Zürich ist viel mehr als ein Finanzplatz. Wir bieten Kunst und Kultur auf hohem Niveau, tolle Sportsevents und ein fantastisches kulinarisches Angebot sowie Top-Hotels. Und alles ist in wenigen Gehminuten erreichbar – und liegt mitten in der Natur.
Zürich Tourismus:
Zahlen & Fakten 2022
5’935’731 Millionen Logiernächte zählte die Tourismusregion Zürich im Jahr 2022. 2019 waren es 6.5 Millionen, was einem Minus von 9.2 Prozent entspricht. Immerhin, gegenüber dem Vorjahr erreichten die Logiernächte in der Region, die sich von Baden und Winterthur über die Stadt Zürich und die Flughafenregion bis nach Rapperswil und den Kanton Zug erstreckt, ein Plus von 89 Prozent. Die Subregion Zürich mit der Stadt, den Flughafengemeinden, dem Limmattal und dem Knonaueramt, für die Zürich Tourismus direkt verantwortlich ist, verzeichnete 4’778’738 Millionen Übernachtungen (+108%).
Besonders erfreulich ist die Entwicklung bei den Gästen aus der Schweiz. Machten sie bisher rund einen Viertel aller Übernachtungen aus, waren es im Jahr 2022 ganze 37 Prozent. Auch beim europäischen Markt (Deutschland +57.5%, UK +223.4%, Italien +71.7%, Frankreich +70.4%) und bei den Gästen aus den Golfstaaten (+56.8%) und Nordamerika (+276.8%) gibt es im Vergleich mit dem Vorjahr hohe Zuwachsraten. Bei Letzteren könnte der Oberammergauer-Effekt eine Rolle spielen. Die nur alle zehn Jahre stattfindenden Passionsspiele lösten eine regelrechte Flut an Gästen vom neuen Kontinent aus.
Damit die Region auch künftig attraktiv bleibt, wurde eine neue Strategie erarbeitet. Denn die Aufgaben von Tourismusorganisationen befinden sich im Wandel. Von den klassischen Aufgaben einer Marketingorganisation zu jenen einer modernen Managementorganisation. Zürich Tourismus und die Zürcher Hotellerie setzen mit der neuen Strategie auf einen Qualitätstourismus, der für die Bevölkerung und die Umwelt verträglich ist. Zu den neuen Aufgaben zählt aber auch die Entwicklung der Rahmenbedingungen der Destination.