Es ist ein außergewöhnliches Haus – nicht nur für Historiker und Legendenerzähler: 1517 erstmals als „Pinte“ erwähnt, seit 1860 Gaststätte und Hotelbetrieb. Das Romantik Hotel Wilden Mann ist eine Luzerner Hotelinstitution. Gastgeber ist seit über 26 Jahren Arno Affolter. Wie schaut der Luzerner Hotelier auf das Rekordjahr 2023 zurück, als Gäste aus den USA sein Haus überrannten? Wie blickt er in die nahe Zukunft?
Hotel Inside-Publizist Hans R. Amrein spracht mit Hotelier Arno Affolter über das Rekordjahr 2023, die Aussichten für 2024, die Geschichte des „Wilden Mann“ und die Frage: Findet in Luzern so etwas wie ein Verdrängungswettbewerb unter den vielen 4-Sterne-Hotels statt?
Hintergründe zum Hotel
Seit 1995 gehören die sieben Häuser des Hotels „Wilden Mann“ in der Luzerner Altstadt der Familie Zimmermann. Charles Zimmermann (1941 bis 2022) hatte das Hotelgewerbe von der Pike auf gelernt. Er absolvierte die Hotelfachschule Lausanne und die University Cornell (USA). Es folgten „Wanderjahre“ durch die Schweiz und die Welt. Die Reise führte am Ende nach Hongkong, wo Zimmermann Assistent des Generalmanagers im „Hongkong Hotel“ war. Kurze Zeit später wirkte er bei der weltberühmten Peninsula Group in Hongkong als Vice President Operations. Doch Charles Zimmermann und seine Gattin Ursula zog es zurück in die Schweiz. Hier wollten sie ihr eigenes Hotel betreiben. 1991 kauften sie das Hotel Metropole in Interlaken (Zimmermann ist gebürtiger Interlakner), 1995 kam das Hotel Wilden Mann dazu. Heute besitzt die Familie – in der Zwischenzeit hat Sohn Stephan Zimmermann die Leitung und das Erbe der Familie übernommen – zwei Hotels und die Groß-Wäscherei „Wäsche Perle“ in Interlaken.
Charles Zimmermann starb am 29. September 2022 im Alter von 82 Jahren. Sein Sohn Stephan führt das Familienunternehmen (u.a. Belhotel Management AG, Zug) weiter.
Die Geschichte
Erstmals 1517 als Pinte im alten Luzern erwähnt, blickt der «Wilde Mann» auf eine gewachsene Tradition zurück. Das Romantik Hotel ist aus sieben historischen Häusern der Luzerner Altstadt entstanden – ein kleines Juwel mit dem unvergleichlichen Charme vergangener Tage. Jedes Zimmer ist individuell und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet.
Der Name Wilden Mann wird 1517 erstmals in einer Urkunde erwähnt, als das Haus ein Pintenrecht, also das Recht zum Ausschenken von Getränken, erhielt. In diese Zeit ist auch der bauliche Ursprung der heutigen Hotelliegenschaft zu datieren. Die im Stadtplan von Martin Martini 1597 dargestellten beiden Häuser am heutigen Standort wurden zu Beginn des 18. Jahrhunderts neu erbaut.
1726 erhielt der Wilden Mann das Tavernenrecht und im Erdgeschoss entstanden Nebenbauten mit Stallungen und einem Waschhaus. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts förderten die stark ansteigenden Besucherzahlen in Luzern den Hotelbau. Davon profitierte auch der Wilde Mann, der 1860 offiziell als Hotel registriert wurde. In dieser Zeit konnte sich der Betrieb sukzessive auf weitere Liegenschaften ausweiten. Ein erster Akzent wurde 1861 mit der Umwandlung des Waschhauses an der Münzgasse in einen Neubau mit drei Stockwerken gesetzt. Weitere Um- und Anbauten sowie eine Terrasse auf der Westseite an der Burgerstrasse folgten noch im gleichen Jahrzehnt.
1897 weitete sich der Wilden Mann durch die Verbindung der Häuser Burgerstrasse 7 und 9 nochmals aus, 1908 entstand ein Um- und Erweiterungsbau an der Bahnhofstrasse 28. Heute erstreckt sich der Hotelbetrieb über insgesamt sieben Häuser. Der Gesamtkomplex darf als bedeutender Zeuge der Luzerner Tourismusgeschichte bezeichnet werden. Originalgetreu restaurierte Fassaden aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts charakterisieren das abwechslungsreiche Bild des heutigen Gebäudekomplexes.
Besonders wertvoll erscheinen die reich gegliederten Eingangsfassaden an der Bahnhofstrasse. Von den Innenräumen verdient die 1908 im neogotischen Stil neu gestaltete Burgerstube besondere Beachtung. Mit ihren farbig gefassten Flachschnitzereien, den Wänden und Deckenbalken mit gemalten Wappen, den Fenstern mit bleigefassten Butzenscheiben und Glasmalereien sowie den originalen Leuchtern und dem zeitgenössischen Mobiliar bildet sie ein wertvolles Gesamtkunstwerk aus der Zeit der Belle Epoque. Seit 2008 ist das Hotel Mitglied von Swiss Historic Hotels.