
Künstliche Intelligenz verändert die Hotelbranche – von der Gästekommunikation über Marketing bis hin zum Vertrieb. Digitalexperte Prof. Dr. Gerald Lembke erklärt, wie Hotels KI gewinnbringend einsetzen können, welche Tools besonders hilfreich sind und worauf es beim Datenschutz ankommt.
Die Digitalisierung macht auch vor der Hotellerie nicht halt. KI-gestützte Tools automatisieren Prozesse, verbessern die Gästekommunikation und ermöglichen datengetriebene Entscheidungen im Marketing und Vertrieb. Doch wie können Hotels – auch mit begrenztem Budget – von dieser Technologie profitieren? Und welche rechtlichen und ethischen Aspekte sind zu beachten?
Prof. Dr. Gerald Lembke, Experte für digitale Transformationen und Künstliche Intelligenz, gibt im Interview Einblicke in die Potenziale, Herausforderungen und praxisnahen Anwendungsmöglichkeiten in der Hospitality.
Tophotel: Herr Prof. Dr. Lembke, was macht KI zu einem Gamechanger für Marketing, Vertrieb und Unternehmenskommunikation?

Prof. Dr. Gerald Lembke: KI-Tools ermöglichen, datengetriebene Entscheidungen zu treffen und Prozesse zu automatisieren. Im Marketing können Hotels beispielsweise Zielgruppen viel präziser ansprechen. Tools wie ChatGPT oder andere KI-gestützte Plattformen können personalisierte E-Mails oder Social-Media-Beiträge erstellen, die genau auf die Bedürfnisse der Gäste zugeschnitten sind.
Im Vertrieb spielt die Technologie eine entscheidende Rolle beim dynamischen Pricing. Hier können Algorithmen die Nachfrage in Echtzeit analysieren und Preise entsprechend anpassen, um die Auslastung zu maximieren. Auch in der Unternehmenskommunikation hilft KI, indem sie beispielsweise Pressemitteilungen oder interne Berichte automatisiert erstellt. Das spart Zeit und Ressourcen, die an anderer Stelle eingesetzt werden können.
Wie verändert Künstliche Intelligenz die Kommunikation zwischen Hotels und Gästen? Können Sie praktische Beispiele nennen?
KI verändert die Gästekommunikation grundlegend, indem sie sie schneller, personalisierter und effizienter macht. Ein gutes Beispiel sind Chatbots, die rund um die Uhr verfügbar sind und häufig gestellte Fragen beantworten können – sei es zu Buchungen, Stornierungen oder lokalen Empfehlungen. Diese Tools können in Sekundenschnelle auf Anfragen reagieren.
Ein weiterer Anwendungsfall ist die Personalisierung. KI kann Vorlieben und Verhaltensmuster von Gästen analysieren und darauf basierend individuelle Empfehlungen geben, etwa für Restaurants, Spa-Angebote oder Aktivitäten in der Umgebung. Das schafft ein personalisiertes Gästeerlebnis und sorgt dafür, dass sich Gäste wertgeschätzt und individuell betreut fühlen. Auch Sprachassistenten in Hotelzimmern, die auf KI basieren, ermöglichen es Gästen, Dienstleistungen wie Zimmerservice oder Weckrufe bequem per Sprachbefehl zu bestellen.
„Auch mit begrenztem Budget können Hotels von KI profitieren, indem sie mit kleinen, gezielten Projekten beginnen, die direkten Einfluss auf die Einnahmen haben.“
Wie verändert KI die Arbeitsweise in Marketing-Teams?
Personalisierung ist eine der größten Stärken von Künstlicher Intelligenz. Durch die Analyse von Gästedaten – sei es aus früheren Aufenthalten, Buchungspräferenzen oder Feedbacks – können Hotels maßgeschneiderte Angebote erstellen. Ein Gast, der bei einem früheren Aufenthalt ein bestimmtes Zimmer bevorzugt hat, könnte bei der nächsten Buchung automatisch dieses Zimmer angeboten bekommen.
Können Sie Beispiele für Tools nennen, die besonders hilfreich im Hotelmarketing oder -vertrieb sind?
Natürlich! Im Bereich Marketing sind Tools wie „HubSpot“ oder „ActiveCampaign“ sehr hilfreich, um personalisierte E-Mail-Kampagnen zu erstellen und die Kundenbindung zu stärken. Für Social Media empfehle ich Plattformen wie „Hootsuite“ oder „Buffer“, die KI-gestützte Analysen und Content-Vorschläge bieten.
Im Vertrieb sind dynamische Pricing-Tools wie „Revinate“ oder „Duetto“ besonders wertvoll. Sie analysieren in Echtzeit die Nachfrage und passen die Preise entsprechend an, um die Auslastung zu maximieren. Für die Gästekommunikation sind Chatbot-Plattformen wie „Ada“ oder „Tidio“ eine gute Wahl.
Wie können Hotels mit begrenztem Budget KI-Tools gewinnbringend einsetzen?
Viele Tools sind mittlerweile als kostengünstige oder sogar kostenlose Versionen verfügbar. Open-Source-Lösungen wie „Rasa“ für Chatbots oder einfache Automatisierungstools wie „Zapier“ können bereits einen großen Unterschied machen.
Ein guter Ansatz ist es, mit Pilotprojekten in Bereichen zu starten, die einen direkten Einfluss auf die Einnahmen haben, wie zum Beispiel Marketing oder Vertrieb. Ein einfacher KI-gestützter Chatbot auf der Website kann beispielsweise Buchungsanfragen automatisieren und so die Conversion-Rate erhöhen. Solche Tools sind oft kostengünstig und leicht zu implementieren. Wichtig ist, klein anzufangen und die Ergebnisse zu messen, bevor man in größere Projekte investiert.
Welche Rolle spielt KI in der Medienproduktion, insbesondere für kleinere Betriebe ohne Marketingabteilung?
KI kann gerade für kleinere Hotels ein echter Gamechanger sein: Tools wie „Canva“ oder „Adobe Firefly“ nutzen Künstliche Intelligenz, um professionelle Designs, Social-Media-Posts oder sogar Videos zu erstellen – und das mit minimalem Aufwand. Auch Textgeneratoren wie ChatGPT können helfen, ansprechende Inhalte für Websites, Newsletter oder Blogbeiträge zu erstellen.
Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten, da keine externen Agenturen beauftragt werden müssen. Mit KI können kleinere Betriebe ihre Sichtbarkeit erhöhen und mit größeren Wettbewerbern mithalten, ohne ein großes Marketingbudget zu benötigen.
Über Gerald Lembke
Prof. Dr. Gerald Lembke ist ein führender Experte für digitale Transformation und künstliche Intelligenz. Mit über 30 Jahren Erfahrung hat er mehr als 2.500 digitale Medienprojekte begleitet und gilt als einer der bekanntesten Digitalprofessoren in Deutschland. Als Berater, Coach und Mentor unterstützt er Unternehmen bei der Umsetzung innovativer Digitalstrategien, insbesondere in den Bereichen digitales Marketing, Kommunikation und Wissensmanagement. Lembke ist außerdem bekannt für seine Podcasts „PROFCAST – Irgendwas mit Medien“ und „KI-NEWS-TALK“, die monatlich über 75.000 Hörer erreichen. Als Professor an der DHBW Mannheim und Leiter des Steinbeis Transferzentrums Digitale Medien und Kommunikation teilt er sein umfangreiches Wissen und seine Expertise in der digitalen Mediennutzung und der Transformation von Unternehmen.
Gibt es rechtliche oder ethische Aspekte, die berücksichtigt werden sollten?
Datenschutz ist ein zentraler Aspekt. Hotels arbeiten mit sensiblen Gästedaten, und es ist entscheidend, dass diese sicher gespeichert und verarbeitet werden. Die Einhaltung der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ist hier unerlässlich. Gäste sollten transparent darüber informiert werden, wie ihre Daten genutzt werden, und die Möglichkeit haben, der Nutzung zu widersprechen.
Auf ethischer Ebene ist es wichtig, dass KI nicht diskriminiert. Algorithmen müssen so gestaltet sein, dass sie keine Vorurteile reproduzieren, etwa bei der Preisgestaltung oder der Gästebehandlung. Außerdem sollte die Technologie immer als Unterstützung und nicht als Ersatz für menschliche Arbeitskräfte eingesetzt werden, um soziale Verantwortung zu wahren.
Wie können Mitarbeitende motiviert werden, KI-Tools als Unterstützung und nicht als Bedrohung zu sehen?
Transparenz und Schulung sind hier entscheidend. Mitarbeitende sollten verstehen, dass KI nicht dazu da ist, sie zu ersetzen, sondern sie in ihrer Arbeit zu unterstützen. Zeigen Sie konkrete Beispiele, wie Künstliche Intelligenz Routineaufgaben übernimmt und ihnen dadurch mehr Zeit für anspruchsvollere oder kreativere Tätigkeiten gibt.
Ein weiterer Ansatz ist, Mitarbeitende aktiv in die Einführung der Technologie einzubinden. Wenn sie das Gefühl haben, Teil des Prozesses zu sein, steigt die Akzeptanz. Außerdem können Erfolgsgeschichten aus anderen Hotels oder Branchen helfen, die Vorteile greifbar zu machen.
Gibt es Beispiele für Hotels, die KI bereits erfolgreich in ihre Prozesse integriert haben? Was können andere daraus lernen?
Ein bekanntes Beispiel ist das „Henn-na Hotel“ in Japan, das stark auf Automatisierung und KI setzt. Dort werden Check-in und Check-out vollständig von Robotern und KI-Systemen übernommen. Auch in Europa gibt es Vorreiter, wie die „Radisson Hotel Group“, die KI für dynamisches Pricing und personalisierte Marketingkampagnen nutzt.
Andere Hotels nutzen Tools zur Analyse von Gästefeedback, um ihre Services zu optimieren. Der wichtigste Lernpunkt ist, dass KI nicht nur für große Ketten, sondern auch für kleinere Betriebe zugänglich ist, wenn sie gezielt eingesetzt wird.