Beim zweiten New Work Netzwerktreffen der Hochschule München diskutierten Experten aus Wissenschaft und Praxis die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt im Tourismus. Im Fokus standen Lösungen für Fachkräftesicherung und Weiterbildung sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Beim zweiten New Work Netzwerktreffen der Hochschule München, das an der Fakultät für Tourismus im November abgehalten wurde, tauschten sich rund 60 Experten aus Wissenschaft und Praxis über die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt im Tourismus aus. In einer Zeit, in der Fachkräftemangel und die Digitalisierung die Arbeitswelt nachhaltig verändern, wird „New Work“ zu einem entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen – auch im Tourismus. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, ihre Arbeitswelten zu transformieren, um flexibel, modern und attraktiv für Fachkräfte zu bleiben. Wie dieser Wandel erfolgreich gestaltet werden kann und welche Chancen und Herausforderungen damit verbunden sind, erforscht die Forschungsgruppe „New Work“ an der Fakultät Tourismus der Hochschule München. Deren Mitglieder Celine Chang, Simon Werther und Markus Pillmayer teilten aktuelle Forschungsergebnisse und gaben Einblicke in die geplanten Projekte.
Ein zentrales Thema des Netzwerktreffens war das von der Hochschule initiierte Forschungsprojekt „New Work als Stellschraube für die Fachkräftesicherung im Tourismus in Bayern“, das von Simon Werther, Professor an der Fakultät Tourismus in München, präsentiert wurde. Die Studie, die zwischen 2022 und 2024 von der Hochschule München durchgeführt wurde, untersuchte anhand von 869 Teilnehmenden aus verschiedenen touristischen Teilbranchen die Wirkung von 16 New-Work-Maßnahmen. Diese wurden in vier Kategorien zusammengefasst und zu einem New Work Score aggregiert. Die Studie zeigte, dass ein höherer New Work Score signifikant mit einer verbesserten Employee Experience korreliert. Besonders wirkungsvoll für Betriebe erwiesen sich dabei Maßnahmen wie partizipative Führung und der Aufbau einer wertschätzenden Unternehmenskultur. Diese Ansätze zeigen in der Praxis, dass sie nicht nur die Arbeitszufriedenheit deutlich erhöhe, sondern auch das individuelle und kollektive Engagement der Mitarbeitenden stärke – das sei zugleich ein entscheidender Beitrag zur Fachkräftesicherung.
Weiterbildung neu gedacht
Ein weiteres Thema war die Vorstellung des Projekts „Der Weiterbildungsnavigator“, präsentiert von Celine Chang, Professorin an der Hochschule München, und Katrin Eberhard, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Tourismus der Hochschule München. Im Rahmen des Projektes entwickelten Celine Chang und Katrin Eberhardt ein KI-basiertes Tool, das kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt, passende Weiterbildungsangebote für ihre Mitarbeitenden zu finden. Die Notwendigkeit eines solchen Tools wurde durch die Ergebnisse einer Arbeitgeberbefragung deutlich: 94 Prozent der Tourismusbetriebe bieten zwar Weiterbildungen für Fachkräfte an, doch für geringfügig Beschäftigte oder Praktikanten liegt die Quote bei lediglich 15 Prozent. Zudem gaben 36 Prozent der Unternehmen an, dass ihnen zu wenige Informationen über bestehende Weiterbildungsangebote zur Verfügung gestellt werden, 15 Prozent gaben sogar an, dass keine thematisch passenden Weiterbildungen verfügbar seien. Diese Lücke soll der Navigator schließen, indem er individuelle Bedürfnisse mit geeigneten Schulungen verknüpft und gleichzeitig Informationen zu Fördermöglichkeiten bereitstellt. Das Projekt läuft vom 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024 und soll voraussichtlich bis zum 31. März 2025 verlängert werden.
Regionale Perspektiven
Neben diesen Schwerpunkten stellte die Forschungsgruppe ihren Interreg-Antrag „New Work im Tourismus“ vor. Dieser Antrag, mit einem Budget von 1,7 Millionen Euro, soll eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Bayern und Tirol fördern. Ziel des Projekts ist es, kleine und mittlere Unternehmen bei der Professionalisierung ihrer Personalarbeit zu unterstützen und die beiden Regionen als attraktive Arbeits- und Lebensräume zu positionieren. Abgerundet wurde das Treffen mit einem Ausblick auf das New Work Lab im Transfer- und Innovationszentrum Oberland (TIZIO) in Bad Tölz, das ab 2025 als Experimentier- und Erfahrungsraum dienen wird, in dem Unternehmen neue Arbeitsmethoden und Technologien testen können.
KI-Projekte richtig umsetzen
Daniel Werner, Gründer und Geschäftsführer von Conufaktur, informierte über das Thema „Aktives Change-Management in der KI-Transformation“. Er betonte, dass der Erfolg von KI-Projekten stark vom richtigen Mindset der Mitarbeitenden abhängt. Sie sollten KI nicht als Bedrohung, sondern als Unterstützung sehen. Wichtig sei es, Vorurteile wie „KI ist böse“ oder „KI ersetzt uns“ abzubauen und stattdessen Mut zu zeigen, neue Technologien auszuprobieren. Für eine gelingende KI-Transformation schlägt Werner ein fünfstufiges Modell vor, das von einer ersten Bewusstseinsschaffung bis hin zur Verankerung von KI in der Unternehmensstrategie reicht.
Fünf Stufen der KI-Transformation
- Bewusstsein schaffen: Erste Interessensgruppen entwickeln ein grundlegendes Verständnis für KI.
- Experimentieren: Erste KI-Projekte werden in einem Laborumfeld getestet.
- Operationalisierung: KI wird in operative Prozesse integriert.
- Systemische Integration: Aufbau hybrider Organisationen, in denen KI fest verankert ist.
- Transformation: KI wird zum Kern der Unternehmensstrategie und treibt Innovationen kontinuierlich voran.
Innovationskraft durch Vernetzung
Das Netzwerktreffen zeigte, wie wichtig der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis für die Bewältigung der Herausforderungen der modernen Arbeitswelt im Tourismus ist. Mit Projekten wie dem Weiterbildungsnavigator und aktivem Change-Management bietet die Forschungsgruppe New Work praxisnahe Ansätze, den Tourismus und die Hotellerie fit für die Zukunft zu machen. Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert dabei klare Ziele, gezielte Weiterqualifizierungsmaßnahmen und eine offene Unternehmenskultur, die den Wandel aktiv unterstützt. Die enge Zusammenarbeit zwischen Hotelbetrieben, Tourismusorganisationen und Hochschulen bildet dabei die Grundlage für nachhaltige und innovative Lösungen.