In der Schweiz, aber auch im der übrigen DACH-Region entstehen immer mehr Marken- oder Kettenhotels. Was sind die Folgen für kleine, privat geführte Hotelbetriebe? Warum kommen die „Ketten“ jetzt auch vermehrt in die Schweiz? Solche Fragen wurden bei einer Diskussionsrunde im Rahmen der Herbst-Club-Tagung von Hotel Inside im Mandarin Oriental Savoy in Zürich erörtert.
Rolf Westermann, Mitglied der Chefredaktion der deutschen Fachplattform ahgz, war an der Herbst-Club-Tagung von Inside in Zürich dabei und verfasste diese Woche einen Beitrag zum Thema „Die Entwicklung der Markenhotellerie in der Schweiz“. Hotel Inside publiziert an dieser Stelle den Originalbeitrag der ahgz:
Der Zeit läuft scheinbar für die Kettenhotellerie. In der Schweiz werde ein Drittel der Betten und Zimmer (32%) in diesen Hotels gebucht, sagte der Publizist und Mitgesellschafter Hans R. Amrein bei einer Podiumsdiskussion von Hotel Inside in Zürich. Bis 2031 soll der Marktanteil nach einer Studie bei über 50 Prozent (Betten, Zimmer) bzw. 20 Prozent (Zahl der Betriebe) liegen. Sind Individualhotels damit eine aussterbende Art?
„Kennst Du eins, kennst Du keins“
Keinesfalls, meint der 25hours-Mitgründer Christoph Hoffmann. „Die Schweizer Hotellerie besteht aus Individualität und eigentümergeführten Hotels.“ Es habe schon immer die Sorge gegeben, dass die Markenhotellerie das Zepter übernehmen werde. „Aber es verändert sich gar nicht so stark wie vorhergesagt.“ Hoffmann glaubt, dass es auch in Zukunft eine gute Balance der Hotelkategorien geben werde und betonte: „Individualhotels haben ein Riesen-Potenzial.“
25hours wurde vor rund 20 Jahren von vier Partnern gegründet. Das Motto stellte die Individualisierung in den Mittelpunkt: „Kennst Du eins, kennst Du keins.“ Später verkauften die Partner das Unternehmen an den Konzern Accor. Heutzutage gibt es 16 Hotels. Hoffmann stellte die Frage: „Brauchen die Individualhotels die Ketten überhaupt?“ Kleinere, gut geführte Häuser bräuchten zum Beispiel möglicherweise kein Loyality-Programm der Großen und könnten sich die Fees sparen.
Erik Zimmermann, Area Director Switzerland BWH Group, betonte den individuellen Ansatz des Verbunds. „Wir sind die einzige globale Hotelkette mit individuellen Hotels.“ Alle Häuser seien eigenständig. „Darauf legen wir großen Wert.“
Unter dem Dach von BWH befinden sich weltweit rund 4500 Hotels, 13 davon in der Schweiz und 180 in Deutschland. Zu den Zukunftsplänen meinte er: „Wir wollen nicht an jeder Ecke ein Hotel haben, sondern mit den richtigen Partnern wachsen. Wir verstehen uns als Markenfamilie.“ Auch Ketten könnten von den Individualhotels lernen.
Accor ist das führende Unternehmen in der Schweiz mit rund 80 Hotels. Thiemo Willms, Vice President Development DACH, betonte den Trend zur Individualisierung. Die Accor-Marken seien in der Regel flexibel beim Design. Die Zeiten, in denen in 600 Seiten dicken Handbüchern bis zur letzten Schraube alles festgelegt wurde, seien vorbei. Auch unter dem Dach von Accor würden viele Hotels von individuellen Partnern betrieben.
Thomas Kleber, Chef der 15 Sorell Hotels, betonte: „Wir wollen, dass die Häuser individuell geführt werden, aber überall die gleichen Qualitätsstandards haben. So verbinden wir das Beste aus beiden Welten.“ Er will die Hotels individueller positionieren und die Dachmarke in den Hintergrund treten lassen. Aus seiner Sicht brauchen erfolgreiche Individualhotels keine Kette. Die kämen oft erst bei Problemen in Spiel.
Die Diskussionsrunde wurde im Rahmen der Herbst-Club-Tagung von Hotel Inside durchgeführt. Neben dem Thema „Markenhotellerie“ sprachen Hoteliers und Experten über den „neuen Luxus“ (vgl. Hotel Inside-Beitrag von vergangener Woche).
Zum Artikel:
Hotel Inside Club-Event (24.10.2024): Spannende Debatten um Luxus und Markenhotellerie
Bildlegende Hauptfoto: Hotel Inside-Debatte über die Entwicklung der Markenhotellerie in der Schweiz.