Die Markenhotellerie in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich erlebt seit drei Jahren ein beschleunigtes Wachstum. Die Schweiz, die lange Zeit für ihre kleineren, unabhängigen Hotels bekannt war, hat aktuell über 30% Markenhotelzimmer, so der jüngste Hotelmarken-Report 2024 von Horwath HTL. Hotel Inside sprach mit Michael Schnuerle, Senior Consultant bei Horwath HTL und Verfasser der Studie.
In der Schweiz gehören rund 32% aller Hotelzimmer zu einer Hotelkette, wobei diese Hotelketten lediglich 10% aller Beherbergungsbetriebe ausmachen. Die Gesamtzahl der Hotels und Hotelzimmer ist im Vergleich zu 2023 weitgehend unverändert geblieben. Die Zahl der Kettenhotels ist jedoch um ca. 7% gestiegen, was auf eine zunehmende Marktdurchdringung der Kettenhotels hindeutet und immer mehr unabhängige Hotels von Hotelketten übernommen werden. Dies die wichtigsten Schweizer Fakten aus dem Horwath HTL-Report 2024 über die Entwicklung der Markenhotellerie in der DACH-Region.
Laut Horwath HTL-Studie ist Accor mit einem Portfolio von über 10.000 Zimmern, welche 22% der Markenhotels des Landes ausmachen, die dominierende Hotelkette in der Schweiz. Ibis und Ibis Budget sind nach wie vor die führenden Marken in der Schweiz, die gemeinsam mehr als 4.100 Zimmer anbieten, dicht gefolgt von Mövenpick und B&B Hotels. Das größte Wachstum unter den Hotelketten verzeichneten Marriott und Swiss Quality Hotels mit jeweils drei neuen Hotels.
Die fünf größten Städte der Schweiz, welche ebenfalls zu den Destinationen mit den meisten Hotelzimmern zählen, tragen zusammen 48% zum Zimmerinventar der Schweiz bei und stellen 41% der in Entwicklung befindlichen Zimmer. Credit Suisse (jetzt UBS) und AccorInvest sind die prominentesten institutionellen Investoren, die zusammen für 7% des Zimmerangebots der Markenhotellerie verantwortlich sind.
Hotel Inside-Journalist Hans R. Amrein sprach an der Expo Real in München mit Michael Schnuerle, Senior Consultant und Verfasser des aktuellen Horwath HTL-Reports zur Entwicklung der Markenhotellerie in der DACH-Region:
Interview mit Michael Schnuerle: «In der Schweiz werden in Zukunft vor allem Kettenhotels eröffnet»
Michael Schnuerle, welches sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem neuen Report 2024/25 zum Thema Markenhotellerie in der DACH-Region?
Die Markenhotellerie wird in den nächsten Jahren in der DACH-Region, also auch in der Schweiz, stark wachsen, vor allem, weil der größte Teil des derzeitigen Angebots auf Familienbetriebe und unabhängige Hotels entfällt, doch institutionelle Investoren die etablierten Marken und Betreiber bevorzugen. Markenhotels waren schon immer traditionell stärker in Reisezielen vertreten, die von Geschäftstourismus und Veranstaltungen geprägt sind, und dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Zudem ist die Ausbreitung von Markenhotels in kleineren Städten unaufhaltsam, und in den letzten Jahren haben Hotelketten ihre Präsenz auch in bedeutenden Freizeitzielen spürbar ausgebaut.
Die Markenhotellerie setzt seit etwa drei Jahren auf starkes Wachstum, wie Sie soeben bestätigt haben. Neuerdings spielen auch Freizeit- B- und C-Destinationen eine Rolle bei der Expansionsstrategie der Hotelketten und Betreiber. Wie erklären Sie sich das?
Um das Wachstumstempo beizubehalten, ist es notwendig, über die großen Städte hinauszublicken, da das Wachstum sonst nur durch die Einführung neuer Marken erfolgen würde, wodurch die Gefahr einer Sättigung steigt.
Das Interesse an Freizeitdestinationen wurde durch die positive Entwicklung dieses Segments während der Pandemie stark beschleunigt. Freizeithotels haben jedoch traditionell einen komplexeren Betrieb und größere Anlagen, was das Risiko für Betreiber und Investoren erhöht.
Wie gesagt, auch in der Schweiz siedeln sich immer mehr Markenhotels an. Der Anteil Markenhotellerie liegt heute bei 10 Prozent (nach Betrieben), bei 32 Prozent, wenn man nach Zimmern oder Betten geht. Wie lautet Ihre Prognose für die nächsten fünf Jahre, was das Wachstum der Marken in der Schweiz betrifft?
Man kann mit Sicherheit sagen, dass die meisten Hotels, die derzeit und auch in Zukunft in der Schweiz entwickelt werden, in irgendeiner Weise mit Ketten und Marken verbunden sein werden. Grundsätzlich erhöhte Verfügbarkeit von Ressourcen, ein unmittelbar erhöhter Markenbekanntheitsgrad, vereinfachte Markeneinführung, vereinfachter Zugang zu erweiterter nationaler und internationaler Kundschaft als auch Skalenerträge sind einige von vielen Vorteilen, die die Markenhotellerie mit sich bringt. Mit anderen Worten: Marken sind oftmals Buchungsmaschinen und die Privathotellerie muss damit konkurrieren.
Wo in der Schweiz entstehen am meisten Marken?
Wie auch schon im letzten Jahr sind die Städte Zürich, Genf, Basel, Bern und die Region Luzern beliebte Ziele für Entwicklungsprojekte. Sehr gute Übernachtungszahlen der Städte im letzten Jahr und somit gute Grunddaten bringen weiterführende Möglichkeiten für Markenhotelgruppen. Interessant für die Marken sind hierbei verstärkt die Städte, wobei vermehrt auch auf Feriendestinationen in den Bergregionen geschaut wird.
Welche globalen Marken dominieren in der Schweiz?
Accor war bis jetzt stets die Nummer eins – mit rund 80 Hotels und 10 400 Zimmern dominiert die Gruppe den Schweizer Markenhotelmarkt. Brands wie Ibis, Ibis Budget, Ibis Styles, Mövenpick, Novotel oder Mercure stehen im Ranking weit oben und fangen einen Großteil des Geschäftstourismus ab. Marriott, an zweiter Stelle mit rund 3800 Zimmern, ist hierbei, neben eigenen Markenbrands in Basel, Genf, Biel und Zürich, vermehrt im Lifestyle und gehobenen Segment wiederzufinden. Das W in Verbier, das Ritz-Carlton in Genf, vier Häuser der Moxy-Marke, das Sheraton oder Renaissance in Zürich-West, aber auch verschiedene Collection-Häuser im Rahmen der Autograph Collection und Design Hotels sind hierbei prägend für die Präsenz von Marriott im Schweizer Markt. Danach reihen sich die Intercontinental Group mit rund 2200 Zimmern, die Radisson Hotel Group mit rund 1400 Zimmern und weiterführend Hyatt Hotels, B&B, Best Western als auch Hilton ein.
Bisher war der altbewährte Pachtvertrag in der Schweiz dominant. Wie ist das in Zukunft? Mehr Managementverträge? Und welche Rolle spielt Franchising? Gibt Ihr Report auch Auskunft betreffend White Label-Lösungen?
Pachtverträge als auch „Own and Operator“ sind im Markt immer noch sehr präsent. Doch mit der Erhöhung der Markenpräsenz ist eine Entwicklung zu alternativen Vertragsvarianten einhergehend. Der HMA macht nach wie vor nur einen kleinen Anteil aus, nicht zuletzt auch wegen der Finanzierbarkeit von Projekten. Es gibt viele Varianten von Pachtverträgen, die wie überall auch immer hybrider geworden sind. Franchiseverträge spielen nach wie vor eine große Rolle, viele White Label-Betreiber oder auch Owner/Operator setzten darauf. Unser Report behandelt dieses Thema zwar nicht, wird jedoch in einem unserer demnächst auf LinkedIn veröffentlichten Artikel aufgegriffen.
Die Pipelines der Hotelketten sind voll. Wachstum zu fast jedem Preis, lautet das Motto. Betrifft dies auch die DACH-Region und damit die Schweiz?
„Zu fast jedem Preis“ würde ich etwas relativieren und das Wort „fast“ deutlich unterstreichen! Ein Wachstum der Hotelketten in der DACH-Region wird in nächster Zeit klar ersichtlich sein, doch eine erschwerte wirtschaftliche- und Fremdfinanzierungslage haben zu einem schwierigen Preisfindungsprozess geführt. Dies zeigt sich in der Form, dass das momentane Wachstum vor allem auf Konversionen oder Übernahmen von Bestand und nicht auf Neubauprojekten basiert. Eine stabilisierende Wirtschaftslage könnte die Wachstumsstrategie hierbei wieder etwas diversifizieren.
Wie präsentiert sich denn der Transaktionsmarkt in der DACH-Region?
Der Markt für Hotelinvestitionen ist aufgrund der hohen Zinssätze und Betriebskosten verhalten. Banken sind aufgrund dessen bei der Kreditvergabe für diese Immobilienkategorie vorsichtiger geworden, was den eigenkapitalkräftigen Gruppen im Allgemeinen eine Reihe von Möglichkeiten eröffnet. Dies führte zu einigen Portfoliotransaktionen auf der Ebene der Hotelanlagen und Mietverträgen. Das Volumen liegt in diesem Halbjahr, im Vergleich zum letzten, zwar auf einem ähnlichen Niveau und signalisiert somit eine Form von Stabilisierung. Doch das Volumen ist noch klar unter dem Durchschnitt der Jahre vor der Pandemie. Der Grund liegt oftmals noch in den bereits genannten unterschiedlichen Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer.
Wie würden Sie denn die aktuelle Stimmungslage bei den Investoren umschreiben?
Nach der diesjährigen Expo Real in München fällt die Stimmungslage definitiv positiver aus als in den letzten Jahren. Sich stabilisierende Verhältnisse lenken die Aufmerksamkeit erneut auf die sich grundsätzlich bewährende Hotel-Assetklasse. Dennoch scheint eine noch etwas abwartende Haltung im Raum zu liegen. Die sinkende Zins- und Inflationsrate stimmt das Sentiment zwar etwas positiver und Käufer halten Ausschau nach vorteilhaften Eintrittspunkten für vielversprechende Geschäftsverhältnisse, doch da die eben genannten Preisvorstellungen von Verkäufern oftmals noch an Verhältnisse von vor der Pandemie geknüpft sind, liegen eben diese noch über den momentanen Vorstellungen der Käufer.
Der aktuelle Report geht auch auf die Raten in der DACH-Region ein. Wie haben sich diese in den einzelnen Ländern entwickelt?
Die Raten in den Ländern der DACH-Region haben sich sehr ähnlich entwickelt und steigen entsprechend den Verhältnissen grundsätzlich leicht und in gewissen Regionen stark an. Gute Übernachtungszahlen und eine damit einhergehende steigende Nachfrage, kombiniert mit einem tendenziell weniger preissensiblen Klientel, bieten beispielsweise schweizerischen Hotelbetrieben in bestimmten Regionen Spielraum nach oben. Nichtsdestotrotz haben sich die sehr starken Ratensteigerungen, welche inflationsbedingt während und nach der Coronaperiode in den Ländern der DACH-Region zu beobachten waren, in letzter Zeit wieder etwas stabilisiert.
Es stellt sich hier natürlich die Frage, inwiefern der zunehmend steigende Kostendruck für Hotelbetriebe eine verhaltenere Steigerung der Raten zulässt. Zunehmende Kosten müssen durch zusätzliche Einnahmen kompensiert werden. Um profitabel zu bleiben und vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen ist die Ratensteigerung eine einhergehende Alternative.
Zum Schluss: Was kann der Hotelier aus Ihrem aktuellen Report lernen?
Er erhält einen Überblick über den Standpunkt des Markenhotelmarktes in der DACH-Region. Im Vergleich zu den Reports der letzten Jahre gewinnt er Einblicke in deren Entwicklung. Er wird in der Lage sein, seine Hotelmarke im Kontext dieser Informationen einzuordnen und idealerweise Indikatoren zu identifizieren, die ihm bei seiner zukünftigen Entwicklungsstrategie weiterhelfen.
Michael Schnuerle, vielen Dank für das Interview!
Hotel & Chains Report 2024 (PDF)
Wer ist Michael Schnuerle?
Nach dem Studium der Hoteltechnologie in São Paulo, Brasilien, arbeitete Michael Schnürle im F&B-Bereich eines Öko-Resorts und eines Strandhotels, bevor er 1999 seine Karriere in der Hotelberatung begann. Er studierte außerdem Finanzplanung und hat einen MBA in Wirtschaftswissenschaften von der Universidade de São Paulo. Michael startete und leitete 2012 erfolgreich das Horwath HTL Büro Brasilien in São Paulo, bevor er zu B&B Hotels wechselte und die ersten Hotels für die Kette in Brasilien entwickelte. Er spricht fließend Deutsch, Englisch und Portugiesisch. Seit Juli 2021 arbeitet er als Senior Consultant bei Horwath HTL Deutschland.
Über Horwath HTL
Horwath HTL ist die global größte Beratungsgesellschaft für Hotel, Tourismus und Freizeitwirtschaft mit 52 Niederlassungen auf der ganzen Welt. 1915 in New York gegründet, beraten die Experten von Horwath HTL Kunden seit 100 Jahren. Horwath HTL gilt nach eigenen Angaben als Marktführer in allen Bereichen der Hotel-, Tourismus- und Freizeitberatung. Als Gründer und ursprüngliche Autoren des Uniform System of Accounts, dem Branchenstandard für die Hotelbuchhaltung, setzte Horwath HTL die Standards, wie die Branche die finanzielle Leistung von Hotels misst.
Kontakt Horwath HTL Schweiz
Andrea Jörger, Managing Partner
Prof. Dr. Christian Buer, Managing Partner