1967 wurde es unter dem Namen „Unternehmerseminar“ lanciert – das heutige Nachdiplomstudium (NDS) in Hotelmanagement. Initiantin damals war der Schweizer Hotelier-Verein (heute HotellerieSuisse). Hotel Inside sprach mit den NDS-Schulleitern Christoph Rohn und Samuel Menti über die Frage: Hat das NDS überhaupt eine Zukunft – in Zeiten, wo viele einen Bachelor-Abschluss anstreben?
Das Nachdiplomstudium HF Hotelmanagement wurde 1967 unter dem Namen “Unternehmerseminar des Schweizer-Hotelier-Vereins”, kurz “US”, genannt, lanciert. Initiant, Gründer und langjähriger Leiter des NDS war Beat Krippendorf, Hotelmarketingexperte, Referent, Dozent, Autor und langjähriger Präsident der Swiss Quality Hotels (SQH).
Das NDS richtet sich an Unternehmerinnen und Unternehmer sowie höhere Kadermitarbeitende in der Hotellerie, die ihre Managementfähigkeiten erweitern wollen, um sich den verändernden Herausforderungen in der Hospitality-Branche zu stellen. Das 500 Lernstunden umfassende Nachdiplomstudium setzt sich aus drei Grundlagenmodulen (Mensch, Markt, Mittel) und einem Vernetzungsmodul zusammen.
Im Rahmen der neuen Positionierung als Kompetenzzentrum für die Grund-, Tertiär B- und Weiterbildung in den Berufen der Hotellerie in der Schweiz, hat die Hotelfachschule Thun am im August 2023 die Organisation und Durchführung des NDS von HotellerieSuisse übernommen. «Diese Übernahme fiel mit dem 50. Jubiläum seiner Einführung zusammen, anlässlich dessen die NDS-Studienpläne inhaltlich und methodisch weiterentwickelt wurden», schreibt der Branchenverband auf der NDS-Webseite.
Der permanente Transfer des Unterrichtstoffs ins eigene Arbeitsumfeld sei nun noch direkter und prägnanter möglich und an die Realität des heutigen Gastgewerbes angepasst, so HotellerieSuisse. Speziell die Dimensionen Innovation und Digitalisierung hätten im neuen NDS-Programm «an Bedeutung gewonnen».
Hotel Inside-Journalist Hans R. Amrein sprach mit den Leitern des NDS, Christoph Rohn und Samuel Menti, über die Zukunft und die Neuerungen des NDS:
Wer ist Samuel Menti?
Samuel Menti war von 2005 bis 2013 Stv. Direktor der Hotelfachschule Thun. Von 2014 bis 2019 war er operativer Leiter für acht Restaurants der Bindella-Gruppe in Bern. Von 2019 bis 2022 führte er als Direktor das 4-Sterne-Hotel Hermitage in Luzern. Seit 2023 ist er als selbständiger Berater, Coach und Hotelexperte tätig („Samuel Menti Hospitality“). Die Firma besteht aus drei Standbeinen: Co-Leitung NDS HF Hotelmanagement Hotelfachschule Thun; Partner und Projektmanager „Hospitality Cockpit“ www.hospitalitycockpit.ch; Mandate in den Bereichen Erstellung von Analysen, Studien und Businessplänen, Begleitung von gastronomischen Projekten, Recruitement von GF und Pächtern.
Wer ist Christoph Rohn?
Christoph Rohn absolvierte von 1983 bis 1988 ein Wirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen (mag. oec.). Von 1989 bis 1997 war er Lehrer an Gymnasien und kaufmännischen Berufsschulen, zudem hatte er Projektleitungen bei der Bildungsdirektion des Kantons Bern. Von 1997 bis 2023 war er Direktor der Hotelfaschschule Thun. Seit 2023 leitet er – zusammen mit Samuel Menti – das NDS. Zudem ist er Dozent an der HF Thun.
10 Fragen zum NDS
1. Warum sollte eine Hotelfachperson bzw. ein Kadermitarbeitender einen NDS-Abschluss erwerben?
Es geht darum, das bestehende Fachwissen zu erweitern und zu vertiefen. Man tritt als Studierender und NDS-Absolvent in ein attraktives Netzwerk ein (Alumni). Man lernt strategische Partner kennen. Das NDS ist zudem ein Sprungbrett für die weitere Karriere. Die Unterlagen und Dokumente, die man als NDS-Absolvent erwirbt, können auch später im Hotelalltag verwenden werden.
2. Ist das NDS (früher Unternehmerseminar) heute – in Zeiten von Bachelor- und Master-Abschlüssen – überhaupt noch zeitgemäss?
Ja. Bachelor- und Masterstudiengänge richten sich an Maturandinnen und Maturanden ohne Berufserfahrung, die eine akademische Laufbahn einschlagen wollen. Das NDS-Zielpublikum definiert sich anders. Schweizer Hotelfachschulen HF bilden für den Schweizer Markt aus, und nicht jeder oder jede benötigt einen akademischen Abschluss. Das NDS kann als Nische gesehen werden – auch für Kadermitarbeitende mit nicht-akademischen Abschlüssen der tertiären Bildungsstufen (Fachausweise, höhere Fachprüfungen).
3. An welche Hoteliers und Hotelièren richtet sich das NDS?
- Höhere Fachschule HF plus (nach der Hotelfachschule, 3 bis 5 Jahre Führungserfahrung).
- Personen 30 plus mit viel Erfahrung und Ambitionen, die sich die Schweizer Qualität aneignen wollen (ohne entsprechende Ausbildung).
- Junior-Hoteliers.
- Quereinsteiger.
- Gebildete Personen mit ca. 3 bis 5 Jahren Führungserfahrung in der Hospitality-Branche.
- Karriereorientierte Personen.
4. Warum ist der NDS-Lehrgang in der Westschweiz (in französischer Sprache) nicht möglich?
Weil die Nachfrage in der Westschweiz zu klein ist, möglicherweise ist auch der Markt zu klein.
5. Wer ist jetzt für die Durchführung und die Organisation des NDS zuständig?
Das NDS HF Hotelmanagement ist ein Weiterbildungsprodukt der Hotelfachschule Thun. Die Hotelfachschule Thun ist Bestandteil der „Bildungslandschaft“ unter der Ägide der EHL Group.
6. Was alles umfasst das NDS inhaltlich?
Vier Module à 10 bis 14 Präsenz-Tage (total 45 Tage).
Es handelt sich um die Module Mensch, Markt, Mittel und Innotrans. Im vierten Modul wird die Theorie in Echtzeitprojekten aus der Praxis bearbeitet und präsentiert. Details dazu im Anhang (PDF).
7. Wie ist die derzeitige Nachfrage? Sind die Kurse stets ausgebucht – oder haben Interessenten noch Chancen, einen Studienplatz zu erwerben?
Die letzten Lehrgänge waren alle ausgebucht. Im Herbst 2024 (Start Lehrgang 51 im Oktober) hat es noch einige Plätze frei. Die Nachfrage ich gut.
8. Was kostet ein NDS-Studium?
CHF 19’000 für Nichtmitglieder.
CHF 16’800 für Mitglieder HotellerieSuisse.
Zuzüglich Unterkunft, Verpflegung, Infrastruktur (Seminarpauschale) ca. CHF 3‘000 pro Modul.
9. Hat ein NDS-Absolvent bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
Ja klar! Gut ausgebildete Kadermitarbeiter sind in der Branche gefragt. In allen renommierten Hotels der Schweiz waren und/oder sind NDS-Absolventen am Werk.
10. Wird das NDS auch in Zukunft nur von der Hotelfachschule Thun angeboten? Warum kooperiert man nicht mit GastroSuisse, dem grössten Branchenverband der Schweiz?
Ein Nachdiplomstudium HF braucht eine institutionelle Verbindung mit einer Höheren Fachschule (HF). Das ist in unserem Fall die Hotelfachschule Thun, deren Gründerverband HotellerieSuisse ist. Eine informelle Zusammenarbeit wäre sicher denkbar und auch sinnvoll (zum Beispiel gemeinsame Dozenten und Erfahrungsaustausch).
Die Fragen beantwortet hat Samuel Menti.
Hintergründe zum NDS
Das Nachdiplomstudium (NDS) ist die einzige Weiterbildung in der Branche, die auf der Ebene der Höheren Fachschule (HF) anerkannt ist. Der Schwerpunkt des Programms liegt auf realen Anwendungen und modernen Lernmethoden. Der Unterricht findet im Seminarformat in ausgewählten Hotels statt. Dies ermöglicht ein intensives Lernen in einem Umfeld, das den Austausch und die Entdeckung von Neuem fördert. Die Lernzeit umfasst 500 Stunden in ca. 1,5 Jahren. Sie bestehend aus vier Modulen, die durch ein Projekt und eine Diplomarbeit abgeschlossen werden. Nach jedem der ersten drei Module legt der Studierende eine schriftliche Prüfung ab.
Zulassungsbedingungen
- Abschluss auf Tertiärstufe.
- 3 bis 4 Jahre Führungserfahrung auf Bereichsleitungsstufe.
- Praktiker ohne entsprechenden Abschluss können auf der Grundlage von nachgewiesener Führungserfahrung auf Bereichsleiterniveau und nach einer erfolgreichen Beurteilung an einem Assessment, zugelassen werden.
- Interessierte mit ausländischen Abschlüssen können nach Überprüfung ihrer Diplome auf Gleichwertigkeit und Anerkennung oder nach erfolgreicher Einzelprüfung zugelassen werden.
Studiengebühren:
- CHF 16’800.- für HotellerieSuisse-Mitglieder.
- CHF 19’000.- für Nicht-Mitglieder.
In den Kosten enthalten sind die vier Module, die Prüfungsgebühr, die einmalige Anmeldegebühr, die Betreuung der Diplomarbeit, der Zugang zu Teams, kulturelle Veranstaltungen, das Diplom und die Abschlussfeier.
Seminargebühr:
ca. CHF 12’000.- bis CHF 13’000.-
Finanzielle Hilfe
Die ersten 24 Teilnehmenden des NDS, deren Betrieb zum Zeitpunkt der Anmeldung dem L-GAV unterstellt ist, erhalten Subventionen in der Höhe von maximal CHF 6’720.- aus den Vollzugskostenbeiträgen des L-GAV. Zusätzlich erhält der Arbeitgeber eine Erwerbsausfallentschädigung in Form von Tagespauschalen. Das entsprechende Gesuch wird den Teilnehmenden nach der Anmeldung zugestellt. Die Mittel sind beschränkt. Es besteht kein Recht auf Subventionsbeiträge.
Die Hans-Schellenberg-Stiftung des Vereins der diplomierten Hoteliers vergibt auch Stipendien und zinslose Darlehen.
Bildlegande Hauptfoto: NDS-Leiter Samuel Menti und Christoph Rohn.