Im Oktober 2022 hat die deutsche Hotelgruppe Ruby an allen Standorten in Europa – so auch in Zürich und Genf – die 35-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt in den Hotels, Workspaces und in der Reservierung eingeführt. Laut einer Mitarbeiterbefragung, die Hotel Inside vorliegt, halten 76 Prozent der Beschäftigten dies für eine gute Entscheidung. Die Hintergründe:
Mit der 35-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt will Ruby vor allem neues Personal gewinnen und die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen stärken. Bei der Befragung berichteten die Angestellten, dass sie sich durch das neue Arbeitszeitmodell glücklicher, energischer und ausgeglichener fühlten. Die gewonnene Zeit werde für Sport und andere Freizeitaktivitäten genutzt. Das käme wiederum der Konzentration am Arbeitsplatz zugute und würde die allgemeine Lebensqualität steigern, so Michael Struck, CEO und Gründer der Ruby Hotels.
«Mit unserem Lean-Luxury-Konzept erreichen wir eine neue und stark wachsende Marktnische“, sagt Ruby- Gründer Michael Struck. Er nimmt für neue Standorte mittelgroße Städte und Freizeitdestinationen ins Visier. In der Schweiz könnten – nach Zürich und Genf – die Städte Basel, Lausanne und Genf mögliche neue Ruby-Standorte sein. Laut Insider-Informationen will Ruby möglicherweise auch Hotels in Freizeit- oder Bergdestinationen eröffnen.
Hotel Inside-Fragen an Michael Struck
Wie lautet – kurz gesagt – die Positionierung Ihrer Ruby Hotels in Zürich und Genf? Was macht die Hotels besonders attraktiv und einzigartig?
Gemäß unserer Lean Luxury-Philosophie konzentrieren wir uns auf das Wesentliche: ein erstklassisches Schlaferlebnis, eine Zimmer- und Badausstattung auf höchstem Niveau sowie eine großartige Bar, die 24/7 geöffnet ist. Alles schlank und effizient organisiert, so dass wir dem Gast ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten können, und all das im Herzen der Stadt. Zudem geht es um Erlebnisse, Individualität und Exklusivität. Jedes unserer Hotels hat seine eigene Persönlichkeit und seine Geschichte, die sehr stark auf den Ort reflektiert ist. Im Fall unserer Ruby Mimi, die sich dort findet, wo sich einst eines der ersten Kinos Zürichs befand, nehmen wir die Gäste z.B. mit auf eine Reise zurück in die aufregende goldene Ära Hollywoods der 1910er und 1920er Jahre. Dazu setzen wir bewusst auf einen Stil-Mix mit Elementen aus Neuzeit und Industrial-Vintage.
Betreiben Sie die Hotels in Zürich und Genf auf der Grundlage eines Pacht- oder Managementvertrages?
Die Ruby Mimi, wie wir das Haus in Zürich nennen, wird auf der Grundlage eines Pachtvertrages mit der PSP Swiss Property betrieben.
Sie verzichten bewusst auf eine Gastronomie. Warum eigentlich?
Nein, wir verzichten nur auf die Teile der Gastronomie, auf die auch unsere Gäste verzichten können. Wir haben eine hervorragende Bar sowie ein ausgezeichnetes Frühstück im Angebot, wofür wir keine Vollküche benötigen. Auch nicht für die Snacks, die wir zusätzlich rund um die Uhr für den kleinen Hunger anbieten. Damit sparen wir Kosten, die wir an unsere Gäste als Preisersparnis weitergeben. Aber nicht nur das, denn wir senken zugleich auch das Betriebsrisiko, indem wir so auch die Fixkostenbelastung reduzieren. Wir bieten unseren Gästen außerdem einen mindestens gleichwertigen Ersatz: Unsere Bar ist 24/7 geöffnet – und auf den einzelnen Stockwerken finden unsere Gäste kleine ‚Galleys‘, wo sie sich kostenlos Tee zubereiten oder Snacks an der Vending Machine kaufen können.
Sie führen Ihre Hotels, wie Sie bereits angetönt haben, auf der Grundlage der sogenannten „Lean Luxury Philosophie“. Können Sie mir diese Philosophie kurz umschreiben?
Wie bereits erwähnt, sucht unsere Zielgruppe weniger nach Statusattributen wie goldenen Wasserhähnen, marmornen Lobbys oder unnötig großen Zimmern, sondern Orte mit Seele und Charakter. Statt einem klassischen Concierge bieten wir ihnen unseren unkompliziertes Self Check-in und die Minibar ersetzen wir durch unsere Vending Machine. Darüber hinaus gestalten wir unsere öffentlichen Bereiche multifunktional und lösen uns von konventionellen Bad- und Zimmer-Geometrien. Das funktioniert, weil wir, nach dem Vorbild moderner Luxusyachten, unseren Luxus auf relativ kleiner Fläche unterbringen und Unwesentliches einfach weglassen. Wir organisieren uns außerdem mithilfe eigener technischer Lösungen, ganz anders als in der Branche üblich. Wir planen und bauen modularer, zentralisieren stärker und automatisieren hinter den Kulissen konsequent, was wiederum mehr Kostenflexibilität schafft.
Ist Ruby eine reine Betreiber-Gesellschaft – oder besitzen Sie auch Immobilien?
Nein, wir sind eine reine Betreiber-Gruppe.
Ruby ist auf Wachstumskurs. Können Sie die aktuelle Wachstumsstrategie – nach der eigentlichen Pandemie – in wenigen Worten etwas umschreiben
Bei der Expansion stehen zunächst weiterhin die europäischen Metropolen im Fokus. Erst kürzlich haben wir den Markteintritt in Irland und Italien geschafft, in drei weiteren europäischen Ländern steht dieser Schritt kurz bevor. Zudem geht die Expansion in Asien zusammen mit der Betterwood Hotel Group weiter erfolgreich voran. Hinzu kommt eine Expansion in den USA.
Existieren Pläne, in der Schweiz weitere Ruby-Hotels zu eröffnen?
Wir haben mit der Ruby Claire im zweiten Quartal 2022 ein weiteres Hotel in Genf eröffnet. Aber auch in Zürich könnten wir uns noch ein weiteres Ruby Hotel vorstellen, da wir dort im Bereich Affordable Luxury eine Nische sehen, die, wie bereits angesprochen, einiges an Potential bietet.
Wer ist der typische Ruby-Gast? Welche Zielgruppen peilen Sie mit Ihrem Hotelkonzept konkret an?
Wir segmentieren unsere Zielgruppe psychografisch, das heißt nach den Präferenzen, den Prioritäten und Werteinstellung und sehen sie als eine Gruppe von Individuen mit modernen bis postmodernen Werthaltungen und einem hohen sozialen Status. Marktforscher bezeichnen sie gerne als die „kosmopolitische Avantgarde“. Unsere Gäste sind sich vor allem darin ähnlich, dass sie Überzeugungen und Vorlieben haben wie wir: Sie suchen das Einzigartige und Originelle, schätzen Charakter und Kanten und wollen eine Seele spüren in dem, was sie in ihre Nähe und an sich heranlassen.
Ruby ist vor allem in Städten aktiv. Viele Hotelgruppen setzen derzeit vermehrt auf den Leisure- oder Resortmarkt. Wann eröffnen Sie, wenn überhaupt, das erste Ruby Hotel in den Bergen oder in einer Ferienregion?
Gute Frage! Tatsächlich bereiten wir gerade den Markteintritt in Freizeitmärkten vor, da wir überzeugt sind, dass sich an bestimmten Standorten ein großes Potential für unsere Lean Luxury-Philosophie bietet. Näheres berichten wir dann, wenn wir den ersten Vertrag unterschrieben haben.
Ruby setzt stark auf digitale Infrastruktur und Angebote. Können Sie Ihre Digital-Strategie kurz umschreiben?
Ein großes Thema, das zu wichtig ist, als es unzulässig zu verkürzen. Daher erlauben Sie mir bitte, an dieser Stelle eher schlaglichtartig ein paar Kernmerkmale unserer Digital-Strategie herauszugreifen: Die Prozesse im Back-end sind uns dabei genauso wichtig wie die im Front-end, um Effizienz und Zuverlässigkeit zu erhöhen. Im Front-end geht es neben Usability und Personalisierung auch darum, unsere Hosts zu entlasten und dadurch Freiraum zu schaffen: für die menschliche Begegnung in der physischen, nicht-virtuellen Welt.
Wem gehört die Ruby Hotelgruppe aktuell?
Ich habe kapitalstarke Mitgesellschafter an meiner Seite, unter anderem die österreichische Soravia Gruppe, das Family Office der Familie Otto (u.a. Versandhandel) und Franger Investment, ein deutsches Family Office.
Wann verkaufen Sie die Marke Ruby, so wie zum Beispiel 25hours, einem grossen Hotelkonzern wie Accor, Marriott oder Hyatt?
Meine Mitgesellschafter und ich verfolgen eine langfristige Vision, die wir sehr gut auch aus eigener Kraft realisieren können und wollen.
Schlussfrage: Welche Botschaft steht hinter dem Namen Ruby?
Wir möchten Luxus demokratisieren, indem wir ihn bezahlbar machen. Wir möchten Orte schaffen voller Individualität und Persönlichkeit, an denen man alte Freunde treffen und neue kennenlernen kann, an denen man zu sich finden kann und vor allem auch neues Inspirierendes.
Bildlegende Hauptfoto: Ruby-CEO und Gründer Michael Struck.