Funktioniert die Vier-Tage-Woche in der Hotellerie? 25hours Hotels, Ruby Hotels, Hotel Traube Tonbach, Kempinski Hotels, der Scheelehof und Meininger Hotels über Wunschdenken und Wirklichkeit.
Ist die Vier-Tage-Woche das Arbeitsmodell der Zukunft? Studien zufolge wünschen sich immer mehr Beschäftigte, weniger Stunden in der Woche zu arbeiten. Anderen Studien zufolge wirkt sich die Vier-Tage-Woche positiv auf die Unternehmen aus: Die Mitarbeitenden seien zufriedener, in manchen Betrieben habe sich sogar die Produktivität erhöht. In der Hotellerie ist die Vier-Tage-Woche seit rund zwei Jahren ein Thema. Einige Unternehmen experimentieren damit, bieten das Arbeitsmodell inzwischen an oder haben es wieder eingestellt. Wo liegen Herausforderungen, wo Chancen und wo Grenzen? Wir haben bei einigen Hotelunternehmen nachgefragt.
25hours Hotels: “Uns erreichen mehr Bewerbungen als zuvor”
Als Vorreiter in Sachen Vier-Tage-Woche gelten in der Hotellerie die 25hours Hotels. Im Frühjahr 2022 hat die Hotelgruppe das Angebot für seine Mitarbeitenden gestartet. Kathrin Gollubits, Executive Vice President of People & Culture bei Ennismore, zieht rund zwei Jahre danach diese Bilanz: “Wir machen auf allen Ebenen sehr positive Erfahrungen mit der Vier-Tage-Woche und haben einen stabilen Mitarbeiterstamm mit einer geringeren Fluktuation. Uns erreichen mehr Bewerbungen als zuvor, aber auch die Arbeitsmarktsituation hat sich generell verbessert. Wir sehen weniger Überstunden und auch die Mitarbeiterzufriedenheit ist gestiegen.”
Um die Vier-Tage-Woche möglich zu machen, hat 25hours das Schichtsystem in den Hotels angepasst. “Wir haben sowohl die Anordnung als auch die Dauer der Schichten verändert”, sagt Gollubits. Auch die Öffnungszeiten wurden teilweise leicht angepasst. “Ein Mix an unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen ermöglicht eine gute Abdeckung auch in den Stoßzeiten. Generell wurden die Verträge der Mitarbeiter in der Vier-Tage-Woche angepasst. Eine Schicht dauert neun Stunden mit einer Pause von 45 Minuten. Das Gehalt bleibt gleich. Die verbleibenden vier Stunden zur vertraglichen Wochen-Arbeitszeit werden als Überstundenausgleich vorgehalten. 2023 wurden über 25.000 Stunden genullt.”
Die positiven Folgen für die 25hours Hotels: “Mit der Vier-Tage-Woche erleben wir eine bessere Abdeckung der Schichten. Wir haben mehr Personal und die Mitarbeiter haben mehr Zeit, sich um die Gäste zu kümmern, was zu einem höheren Wiedererkennungswert beiträgt”, sagt Gollubits. Auch das Gästefeedback habe sich leicht gesteigert. Die Mitarbeiterzufriedenheit in den Häusern sei im Schnitt um drei Prozent gestiegen.
Romantik Hotel Scheelehof: “Wir haben einen Impuls für die Region gesetzt”
Im Romantik Hotel Scheelehof in Stralsund wird die Vier-Tage-Woche seit Anfang April 2024 umgesetzt. Das Modell dort: Eine 35-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt wie bei einer 40-Stunden-Wochen. Hendrik Alberts, Geschäftsführer der Scheelehof Betreibergesellschaft sagt: “Bei der Vorstellung dieses Arbeitszeitmodells bei einer Betriebsversammlung gab es sofort durchweg positive Rückmeldungen.” Mit den Teammitgliedern wurden persönliche Gespräch geführt, das Modell wurde noch einmal genau erläutert, Fragen geklärt und darüber gesprochen, wie die Vier-Tage-Woche für den Einzelnen umgesetzt werden kann. Die Mitarbeitenden können im Scheelehof in Absprache mit dem Arbeitgeber entscheiden, ob sie die Vier-Tage-Woche oder weniger Stunden pro Arbeitstag in Anspruch nehmen möchten. Das Ziel: So dass es für beide Seiten passt.
“Natürlich bedarf es einiger Umstellungen in den Betriebsabläufen, um dieses Modell umzusetzen”, sagt Alberts. “Die Digitalisierung in vielen Bereichen ist dabei von großem Vorteil. Auch die Anpassung der Dienstpläne verlief problemlos.” Schon jetzt, nach knapp zwei Monaten, ist laut Alberts die Mitarbeiterzufriedenheit gestiegen. “Es gibt mehr Zeit für die Familie oder Hobbys – und die Effektivität der Arbeitszeit hat sich spürbar erhöht.” Außerdem sei dieses Modell “ein wichtiges und manchmal entscheidendes Argument bei der Personalakquise“, sagt er.
In der Region Stralsund und Rügen gelte der Scheelehof inzwischen als Vorreiter für die 35-Stunden-Woche in der Hotellerie. “Es gibt bereits von vielen unserer Kollegen und Kolleginnen Anerkennung und Zuspruch für diesen Schritt sowie Nachfragen nach ersten Erfahrungen und Empfehlungen. Wir sind sicher, dass wir einen Impuls für die Region gesetzt haben und es schon bald Nachahmer gibt.”
Hotel Traube Tonbach: “Die Nachfrage hat nicht ausgereicht”
Auch das Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn hat sich schon länger mit dem Thema der Vier-Tage-Woche beschäftigt. “Weil wir stets bedacht sind, unseren Mitarbeitern möglichst individuelle, flexible Arbeitsmodelle anzubieten”, sagt Unternehmenssprecherin Antonia Huppertz auf Anfrage von Tophotel. Bereits im Sommer 2021 hatte die Traube Group ein Pilotprojekt gestartet und seinen Mitarbeitenden eine Vier-Tage-Woche angeboten, die in beiden Hotels, der Traube Tonbach und im Schlosshotel Monrepos in Ludwigsburg, genutzt werden konnte.
“Nach dem Start haben wir eine positive Neugier unter unseren Mitarbeitern sowie auch in Bewerbungsgesprächen verzeichnet”, sagt sie. Einige Mitarbeiter, vor allem in den F&B-Outlets, haben das Angebot in der Testphase ausprobiert. “Im Verlauf haben sich aber fast alle Mitarbeiter wieder für die konventionelle Fünf-Tage-Woche oder eines unser anderen flexiblen Arbeitszeitmodelle entschieden.” Das Unternehmen habe das Pilotprojekt danach auslaufen lassen, weil die nötige Nachfrage für eine sinnvolle Umsetzung schlussendlich nicht ausreichend gewesen sei.
Kempinski Hotels: “Bisher hat noch kein Hotel vom Vier-Tage-Modell Gebrauch gemacht”
Auch die Hotelkette Kempinski Hotels setzt nicht auf die Vier-Tage-Woche an sich, sondern stattdessen auf ganz unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. Daniela Welter, Regional Director Human Resources Europe, sagt: “Wir versuchen immer individuell auf die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter einzugehen. Wenn Mitarbeiter reduziert arbeiten wollen, versuchen wir Lösungen zu finden und bisher hat sich das noch nie auf eine gesamte Abteilung bezogen. Unseren Hotels steht es frei, ein Vier-Tage-Modell einzuführen, sollte Bedarf vorhanden sein. Bisher wurde davon noch kein Gebrauch gemacht.”
Meininger Hotels: “In der Praxis ist die Vier-Tage-Woche schwierig”
Bei den Meininger Hotels war die Vier-Tage-Woche bereits Thema, das Commerce-Team habe jedoch noch keine Priorität dafür gesehen, sagt Diana Vieweg, Director of Human Resources: „Vor zwei Jahren hatten wir einen Workshop mit Marketing, Sales, Revenue, Group Sales und Central Reservation, bei dem das Thema diskutiert wurde. Die Mitarbeiter waren und sind natürlich sehr dafür. Aber die Umsetzung in der Praxis erweist sich als schwierig – auch wegen der vielen Mitarbeiter, die in unseren Hotels operativ arbeiten. Was das Headquarter betrifft, bieten wir flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, drei von fünf Tagen im Homeoffice zu arbeiten.“
Ruby Hotels: “Das Modell kann nicht überall umgesetzt werden”
Bei den Ruby Hotels in München gibt es dagegen bereits seit zwei Jahren die 35-Stunden-Woche. Uta Scheurer, Vice President People & Culture bei Ruby, sagt, dass das für das Unternehmen “der absolut richtige Schritt” gewesen sei. “Dieses Modell ist nicht nur zeitgemäß, sondern entspricht auch den Vorstellungen der heutigen Arbeitsgeneration.” Ruby hat das Arbeitsmodell für alle Mitarbeitenden in den Hotels, Workspaces und in der Reservierung eingeführt – ausgenommen sind Hotelmanager und Reservierungsleiter.
Die Erfahrungen seit dem Start hätten gezeigt, dass eine verkürzte Arbeitswoche nicht in allen Bereichen umgesetzt werden kann. “Besonders bei den Führungskräften, den Heads of Service und Heads of Housekeeping, hat sich das Modell der 35-Stunden-Woche nicht bewährt. Daher haben wir gemeinsam mit ihnen entschieden, deren Arbeitszeiten auf das ursprüngliche Maß zurückzusetzen, haben aber im Gegenzug eine Gehaltsanpassung vorgenommen”, erläutert Scheurer.
In kleineren Teams wird die 35-Stunden-Woche zur Herausforderung
Auch an Standorten, an denen kleinere oder nicht vollständig besetzte Teams arbeiten, sei die Umsetzung eine Herausforderung, so Scheurer. Dort, wo es möglich ist, bietet die Hotelgruppe den einzelnen Hotels und Workspaces die 35-Stunden-Woche auf Anfrage an. “Die 35-Stunden-Woche kann vor allem in Zeiten von erhöhtem Arbeitsaufkommen oder Personalmangel herausfordernd sein. Eine Vier-Tage-Woche lässt sich eher in größeren Teams realisieren und ist in der Regel nicht fest einzuplanen”, sagt Scheurer.
Bei allen Herausforderungen hätte sich die 35-Stunden-Arbeitswoche jedoch überwiegend positiv auf das Unternehmen ausgewirkt. Die Mitarbeiter berichten laut Ruby Hotels von einer gesteigerten Zufriedenheit und einer verbesserten Work-Life-Balance. Das habe sich in einer höheren Energie und Motivation am Arbeitsplatz bemerkbar gemacht und dazu beigetragen, dass sich auch die Konzentration der Mitarbeitenden verbessert habe. Ein weiterer signifikanter Vorteil der Arbeitszeitregelung ist laut Scheurer die gestiegene Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber: “Dies erleichtert nicht nur die Rekrutierung neuer Talente, sondern stärkt auch die Bindung unserer bestehenden Teammitglieder.” sr/sar/nz