Schon mal von Zirkularität gehört? Dieses Prinzip der Kreislaufwirtschaft erfreut sich zunehmend an Aufmerksamkeit im Nachhaltigkeitskosmos und verfolgt das Ziel, durch den großflächigen Einsatz recycelter oder biobasierter Produkte sowie Wiederverwertung bzw. Aufarbeitung in geschlossenen Kreisläufen zu arbeiten und dadurch wertvolle Ressourcen zu schonen. Wir haben uns mit Anna Wiesler und Ben Förtsch unterhalten, Ben hat als Pionier bereits 2016 als erster in Deutschland das Konzept des nachwachsenden Hotelzimmers® in seinem Hotel Luise in Erlangen implementiert. Anna & Team bauen aktuell das Appartementhaus Inara Suites als Teil des Seehotels Wiesler in Titisee und zeigen auf, wie kreislauffähiges Bauen eines ganzen Hotelgebäudes möglich ist.
Anna, wie habt ihr euch an das Thema Zirkularität herangetastet?
Gemeinsam mit dem Sentinel Haus Institut haben wir eine komplett neue Bewertungsmatrix entwickelt. Mit dieser lassen sich sowohl Produkte als auch das gesamte Gebäude bewerten. Dies ist bisher am Markt so noch nicht verfügbar, denn die vergleichbaren Bewertungsmodelle, wie z.B. Cradle to Cradle beziehen sich ausschließlich auf die Produktebene. Für die neue Bewertungsmatrix hat sich vor allem Fabian Wiesler über ein Jahr komplett in dieses Thema reingearbeitet und intensive Recherchen zu kreislauffähigen Bauweisen und Produkten durchgeführt.
Ben, was waren die Hürden bei der Umsetzung?
In erster Linie ist man auf bestimmte Produkteigenschaften angewiesen, wenn es um Abdichtung, Brandschutz oder Sicherheitstechnik geht. So gab es zumindest 2016 keine kreislauffähigen Steckdosen, Lichtschalter und Stromkabel. Inzwischen hat sich aber auch da etwas getan.
Welche Kosten entstehen bei euch bei einem Hotelzimmer, um wieviel Prozent liegen die Kosten höher?
Ben: Das kommt immer auf die Berechnungsgrundlage an. Auch bei “gewöhnlichen” Gästezimmern gibt es eine große Bandbreite an Qualitätsunterschieden. Unsere Zimmer wurden auf für gehobeneren Komfort im 3*s-4* Bereich entwickelt. Im Vergleich zu einem hochwertigen Zimmer hatten wir nach unserer Einschätzung ca. 20% Mehrkosten, die nicht auf das Material, sondern auf die Arbeitszeit zurückzuführen sind. Unserer Handwerker haben mit vielen Materialien das erste Mal gearbeitet.
Anna: Wir kalkulieren mit einem qm Preis von rund 7.000€ für die Inara Suites und liegen mit den Kosten nicht merklich höher als bei der konventionellen Bauweise. Dies war auch von Anfang an unser Ziel, da auch das kreislauffähige Bauen bezahlbar bleiben muss. Nur so kann sich diese Bauweise im großen Stil tatsächlich durchsetzen.
Hier geht’s zu Anna’s Bautagebuch: https://www.sentinel-haus.de/www.sentinel-haus.de/InaraSuites-Bautagebuch-Teil-1
Hier geht’s zu Ben’s Wall of Change: https://www.luise.eco