Zwischen stabiler Preispolitik, Direktbucher-Vorteilen, Verständnis und Akzeptanz / Jammern ist ‘unsexy’, Kreativität gefragt – und was vegetarische Küche damit zu tun hat
Nach der Steuervergünstigung ist vor den alten Problemen – oder sind es gar ganz neue Herausforderungen, denen sich deutsche Gastgeber künftig stellen müssen? Seit rund einem Monat gilt wieder der alte Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen. Trotz starker Kampagnen von Interessensvertretern wie dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA, der eine fünfstellige Zahl an Betrieben vor dem Aus sieht, lief die Unterstützung des Bundes entgegen aller Hoffnungen am 31. Dezember 2023 aus. Wo sich vier bayerische Hoteliers in der Debatte positionieren, welche Maßnahmen sie planen und wie sich trotz allem ungeahnte Türen öffnen können, das verrät unser Status quo.
„Wir haben bis zum Schluss auf den vernünftigen und logischen Umgang der Politik mit diesem Thema gehofft“, sagt Geschäftsführerin Sandra Geiger-Pauli vom Hotel Bodenmaiser Hof im Bayerischen Wald. „Auch die Aktivitäten im Hotel- und Gaststättenverband stimmten uns positiv. Nachdem kurz vor Jahresende klar wurde, dass der engagierte Kampf für unsere Branche wohl aussichtlos sein würde, blieb zu wenig Zeit, um darauf zu reagieren.“ Denn die Preise standen in Geiger-Paulis Familienbetrieb bereits für eine gewisse Periode fest, konnten entsprechend nicht kurzfristig angepasst werden und so trage man die höhere Steuerlast vorerst selbst.
„Demnächst aber müssen wir die Mehrkosten an die Gäste weitergeben“, zeigt sich Sandra Geiger-Pauli enttäuscht, ergänzt jedoch: „Wir wollen unserer Philosophie der fairen Preise auch weiterhin treu bleiben und die Aufschläge, soweit es uns möglich ist, im Rahmen halten. Jetzt gilt es, gemeinsam mit unseren Partnern sowie Lieferanten kreative Lösungen zu finden – dem Gast zuliebe.“
Für Michael Buchinger, Direktor des Lifestyle-Hotels Das Aunhamer – Suite & Spa in Bad Griesbach war es „relativ früh abzusehen, dass die Steuerreduzierung nicht dauerhaft sein würde.“ Trotzdem sei Deutschland immer noch eines der günstigsten Länder im Restaurantbereich und „preislich kein Vergleich mit Tourismusmagneten wie Österreich, Frankreich, Italien oder mittlerweile sogar Kroatien. Daher finde ich es unsexy, sich ausschließlich zu beschweren. Wir müssen den Gästen einfach ehrlich kommunizieren, dass guter Service, Ambiente, Leistung und Kreativität einer Küchencrew sowie hochwertige Zutaten Geld kosten“, sagt Buchinger und erinnert an ein Zitat seiner Großeltern: „Was nichts kostet, ist nichts wert.“
„Jammern hilft uns nicht weiter, wir kennen diesen Steuersatz ja aus der Vergangenheit“, schließt sich Claudia Komeyer an. Die Hoteldirektorin im Schlossgut Oberambach am Starnberger See ärgert sich viel mehr „über die Bürokratie, die jeder Betrieb inzwischen leisten und vor allem zahlen muss – Hygienevorschriften, Statistiken, Dokumentationen. Und dass viele immer noch glauben, 50 Prozent der Umsätze blieben den Unternehmen.“
Wie im Bodenmaiser Hof habe auch Komeyers Team im Münsinger Biohotel gehofft, dass der niedrige Mehrwertsteuersatz bleiben würde und konnte nicht sofort reagieren: „Jetzt müssen wir bei Angeboten die Rabatte schmälern und auch sonst genau kalkulieren.“ Ein Hoffnungsschimmer: „Bei Firmenkosten ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer ein Durchlaufposten und wird verständnisvoll angenommen. Bei Individualgästen jedoch sind wir auf Akzeptanz angewiesen, da wir die Raten anheben mussten.”
Seine Preise vorerst halten will das Hotel Vier Jahreszeiten Starnberg südlich von München, wie Vice General Manager Tobias Baumann berichtet: „Alle Events folgen unserem Kulinarischen Kalender, dessen Inhalte und Preise bereits 2023 gesetzt wurden.“ Deshalb blieben gastronomische Veranstaltungen wie „Sunday’s Best“, das Sommer-Highlight „Food-Festival“ oder das Menü „Best of Aubergine“ im gleichnamigen Sternelokal – dem einzigen im oberbayerischen Fünfseenland – auf 2023er Niveau.
Die Preispolitik des Vier-Sterne-Superior-Hotels spiegelt sich auch im Zimmerbereich wider, so Baumann: „Wir behalten weiterhin unsere Einstiegsrate von 129 Euro pro Nacht in der Einzelbelegung bei.“ Möglich sei dies durch vernünftige Mischkalkulation sowie langjährige Zusammenarbeit mit den Lieferanten, erklärt der stellvertretende Hoteldirektor: „Für bestimmte Events erhalten wir Sonderkonditionen, da unsere Partner wiederum davon profitieren, sich zum Beispiel bei unserem ‚Food-Festival‘ präsentieren zu können.“
Zu den neuen Herausforderungen für Hoteliers und möglichen Vorteilen für Gäste meldet sich aus dem niederbayerischen Bäderdreieck nochmals Aunhamer-Hoteldirektor Michael Buchinger: „Da in den F&B-Outlets die Mehrwertsteuer sowie die Erhöhung des Mindestlohns zusammentreffen, mussten wir unsere Halbpensionspreise um sechs Prozent anheben. Dafür haben wir im Gegenzug Pakete wie ‚Early & Late Wellness‘ für Direktbucher via Website oder Telefon als Inklusivleistungen hinzugefügt.“
So biete man dieser Gruppe nun einen tatsächlichen Mehrwert für eine minimale Erhöhung, während es neben Reiseveranstaltern und OTAs auch für externe Gäste im Restaurant „Francesca“ und in „Bruno’s Bar“ einen Tick teurer wurde. „Das kommt unserer Zielsetzung, den Anteil an Direktbuchern zu erhöhen, langfristig hoffentlich entgegen“, sagt Buchinger. Und ergänzt mit Blick in die Zukunft: „Unsere Branche muss wieder mehr für kreative Lösungen stehen und weniger als problemorientiert oder pessimistisch wahrgenommen werden. Kein Gast will zu einem Wirt, der nur jammert, wie viel besser es früher war.
Das war es nämlich nicht! Wir sehen zum Beispiel einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichten, was sich mittelfristig auch sehr positiv auf den erforderlichen Wareneinsatz für unsere Gastronomie auswirken wird.“ Zusammenfassend lässt sich festhalten: Jede Gastgeberin und jeder Gastgeber – nicht nur die vier befragten – wird letztlich die Preise anheben müssen, was für Privaturlauber stärkere Auswirkungen hat als für Firmen.
Im ersten Jahr mit der neuen, alten Mehrwertsteuer kommen Reisenden zwar vereinzelt Übergangskalkulationen entgegen, doch schon jetzt werben Hotels und Restaurants vielerorts um Verständnis für höhere Raten. Als potenzielle Schlüssel, um der Kostensituation zu begegnen, kristallisieren sich ehrliche Kommunikation mit dem Gast, nachhaltige Partnerschaften sowie Kreativität in der Gestaltung von Arrangements und Pauschalen heraus.