Chinesische Auslandsreisen erleben ein dynamisches Comeback – länger, weiter und vielfältiger als je zuvor. Europas Destinationen, so auch die Schweiz, gehören zu den klaren Gewinnern dieses Trends. Neue Flugkapazitäten, erleichterte Visa und veränderte Konsumpräferenzen treiben eine Entwicklung voran, die die europäische Hotellerie nachhaltig verändern könnte.

Chinas Fernreisegeschäft erlebt eine deutliche Belebung. Die aktuellen Quartalsergebnisse der Trip.com Group zeigen einen klaren Trend: Chinesische Reisende planen längere Aufenthalte, wählen entferntere Destinationen und entdecken zunehmend weniger bekannte Reiseziele. Trip.com fasst diese Entwicklung unter den «3 Ls» zusammen – Long stays, Long distance, Long-tail. Damit verschiebt sich nicht nur der geografische Fokus chinesischer Auslandsreisen, sondern auch deren Wertschöpfungspotenzial für die Hotellerie.
Im dritten Quartal lagen die Auslandsbuchungen von Hotels und Flügen rund 20 Prozent über dem Vorjahr und erreichten etwa 140 Prozent des Niveaus von 2019. Treiber dieser Entwicklung sind neben der hohen Reiselust vor allem die wachsende Flugkapazität: Langstreckenverbindungen erreichten mittlerweile rund 88 Prozent der Kapazität vor der Pandemie. Zugleich erleichtern bessere Sicherheitswahrnehmungen und vereinfachte Visaformalitäten die Reiseplanung – insbesondere nach Europa.


Europa erweist sich als klarer Profiteur dieser Trendwende. Destinationen wie Island und Norwegen verzeichneten mehr als eine Verdoppelung der Buchungen. Auch klassische Märkte wie Spanien, Italien und Deutschland erzielten Wachstumsraten von rund 70 Prozent, unterstützt durch ein breiteres Flugangebot. Für die europäische Hotellerie bedeutet dies eine Rückkehr chinesischer Nachfrage – allerdings in veränderter Form: individueller, erfahrungsorientierter und stärker diversifiziert.
Während die jüngeren Reisenden vor allem durch Konzerte und Live-Events angelockt werden – ein Segment mit dreistelligen Wachstumsraten –, treten ältere, zahlungskräftige Besucher als besonders wertvolle Zielgruppe hervor. Laut Trip.com geben sie im Durchschnitt das Dreifache jüngerer Reisender aus. Das «Old Friends Club»-Programm des Unternehmens wuchs zuletzt um über 70 Prozent, was die Bedeutung dieser demografischen Gruppe weiter unterstreicht.
Parallel dazu investiert Trip.com massiv in KI-gestützte Services. Tools wie TripGenie und Trip.Planner erzielten Nutzungszuwächse von über 200 beziehungsweise 180 Prozent. Sie verbessern Sucherlebnisse, personalisieren Reiseempfehlungen und beschleunigen Supportprozesse – Faktoren, die die Erwartungshaltung chinesischer Reisender weltweit prägen und die Servicekultur internationaler Hotels beeinflussen werden.

Auch die Gegenrichtung gewinnt an Bedeutung: Die Inbound-Reisen nach China stiegen deutlich, angetrieben durch Visa-Erleichterungen und kompakte Reiseprodukte speziell für internationale Gäste. Damit intensiviert sich der bilaterale Reiseverkehr – ein Signal für wachsende Vernetzung und neue Marktchancen.
Fazit: Chinas Rückkehr auf die Fernstrecke verändert den globalen Reisemarkt spürbar. Europäische Destinationen stehen im Zentrum dieser Dynamik und profitieren von steigender Nachfrage, veränderten Reisegewohnheiten und neuen technologischen Standards. Für die Hotellerie ergibt sich daraus eine klare Aufgabe: Angebote, Kommunikation und Serviceerlebnisse müssen an die Erwartungen einer zunehmend diversen chinesischen Klientel angepasst werden, um das volle Potenzial dieser Renaissance auszuschöpfen.
