Caroline von Kretschmann führt den Europäischen Hof in Heidelberg mit einer Haltung, die weit über die Grenzen der Hotellerie hinausstrahlt. Ihre Führungsphilosophie basiert auf Empathie, Vertrauen und Sinn – und macht das traditionsreiche, 1865 eröffnete Luxushotel zu einem Vorbild für modernes Leadership. Hotel Inside sprach mit der promovierten HSG-Absolventin u.a. über die Frage: Wie setzen Sie ihre Führungsphilosophie im Hotelalltag konkret um, Frau Dr. von Kretschmann?
Wenn in der deutschen Hotellerie über werteorientierte Führung gesprochen wird, fällt ihr Name fast immer zuerst: Dr. Caroline von Kretschmann, geschäftsführende Gesellschafterin des Europäischen Hofs Heidelberg, steht für einen neuen Typus von Führungspersönlichkeit. Eine Frau, die es geschafft hat, das Herz eines 160 Jahre alten Traditionshauses im Rhythmus einer modernen, empathischen Unternehmenskultur schlagen zu lassen – und damit die gesamte Branche inspiriert.
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Seit sie 2013 die operative Leitung des Hauses übernommen hat, hat sie den Europäischen Hof von Grund auf transformiert – nicht architektonisch, sondern kulturell. «Wir führen mit Seele», sagt sie, «weil Menschen spüren, ob sie gemeint sind.» Diese Haltung prägt jeden Winkel des Hauses: vom Empfang über das Housekeeping bis hin zur «Chefetage».
Caroline von Kretschmann ist überzeugt, dass Luxus ohne Menschlichkeit leer ist. «Luxus ist für uns Zeit und Aufmerksamkeit», lautet eine ihrer Thesen (vgl. Anhang). In Heidelberg wird diese Philosophie gelebt – spürbar, nicht inszeniert. Das Gästeerlebnis steht hier nicht im Zentrum, sondern das Mitarbeitenden-Erlebnis. «Denn das Gästeerlebnis kann nie besser sein als das Mitarbeitenden-Erlebnis“, sagt sie mit Nachdruck.
Diese Haltung brachte dem Europäischen Hof 2022 den Hospitality HR Award der Deutschen Hotelakademie ein – gleich doppelt: als Game Changer und für die Gesamtstrategie im Personalbereich. Die Jury würdigte das Haus als «Leuchtturm für eine neue Art der Personalarbeit», die Mut, Authentizität und Menschlichkeit verbindet. Caroline von Kretschmann nahm den Preis stellvertretend für ihr Team entgegen – «denn gewonnen wird so ein Award nie allein, sondern durch Hingabe und Vertrauen».
Der Europäische Hof ist eines der letzten großen privat geführten Grandhotels Deutschlands. 100 Zimmer, 18 Suiten, ein Spa, zwei Restaurants – aber das Entscheidende ist unsichtbar: die Kultur. Hier gilt das Prinzip People over profit. Mitarbeitende heißen hier nicht «Personal», sondern «Kolleginnen und Kollegen». Führungskräfte verstehen sich als Unterstützer, nicht als Kontrolleure. «Servant Leadership», also dienende Führung, ist hier keine Managementfloskel, sondern tägliche Praxis.
In ihren «Zehn Thesen zur Führung» (vgl. Anhang) hat Caroline von Kretschmann diese Haltung formuliert: «Führung ist kein Privileg, sondern Verantwortung. Nicht Status, sondern Dienst am Menschen.» Und: «Wer führen will, muss Menschen lieben – oder zumindest mögen.» Das ist radikal ehrlich. Und es funktioniert. Die Fluktuation im Europäischen Hof liegt deutlich unter dem Branchendurchschnitt, die Ausbildungsquote ist außergewöhnlich hoch. Junge Talente bleiben – viele beginnen hier ihre Karriere und wachsen mit dem Haus.
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Wolfram Sauer, Wirtschaftsjournalist und Laudator der AHGZ bei der Verleihung des Preises «Hotelier des Jahres» (2022), formulierte es so: «Dr. Caroline von Kretschmann zeigt, dass Tradition kein Stillstand ist, sondern ein Versprechen. Sie verkörpert eine Haltung, die die Hotellerie menschlicher, zukunftsfähiger und seelenvoller macht. Sie führt mit Herz und Verstand, mit Humor und Haltung – und inspiriert damit weit über die Branche hinaus.»
Vielleicht liegt das Geheimnis ihres Erfolgs in ihrer Herkunft: Die Familie von Kretschmann führt den Europäischen Hof seit vier Generationen. Ihre Mutter, eine elegante Grande Dame der deutschen Hotellerie, steht noch heute täglich um fünf Uhr früh im Haus, zieht Gummihandschuhe über und hilft beim Putzen. Für Caroline von Kretschmann ist das kein PR-Motiv, sondern gelebte Demut. «Führung beginnt nicht am Schreibtisch, sondern da, wo man bereit ist, mitanzupacken.»
Sie selbst ist eine Frau der Tat – und der klaren Werte. Arroganz und Intoleranz haben in ihrem Haus keinen Platz. Stattdessen: Zuhören, lachen, manchmal auch weinen dürfen. Ihre Vision ist es, «das herzlichste und persönlichste Fünf-Sterne-Hotel Deutschlands» zu schaffen.
Caroline von Kretschmann vereint ökonomische Klarheit mit emotionaler Intelligenz. Sie ist promovierte Betriebswirtin der Universität St. Gallen (HSG), war 15 Jahre als Strategieberaterin tätig und leitete eigene Unternehmen, bevor sie in das Familienhotel einstieg. Ihre Managementerfahrung, kombiniert mit systemischem Denken und Empathie, macht sie zu einer der prägendsten Stimmen für «enkelfähiges Wirtschaften» in Europa.
Sie ist Vizepräsidentin des Verbands «Die Familienunternehmer», Ehrensenatorin der Universität Heidelberg, Mitglied zahlreicher Beiräte und Stiftungen. 2020 verlieh ihr das Land Baden-Württemberg die Wirtschaftsmedaille, 2023 erhielt sie den Ehrenpreis der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ) und den Role Model Award. 2024 wurde sie von Beyond Gender Agenda zur «Woman of the Year» gekürt.
Und doch bleibt sie nahbar. Ihre Mitarbeitenden beschreiben sie als «stabil vertrauenswürdig», als jemand, der «immer ansprechbar, fair und echt» ist. Sie umarmt Gäste, tanzt mit dem Team auf TikTok und spricht über Achtsamkeit, Sinn und Werte – Themen, die in der Luxuswelt selten offen verhandelt werden.
In einer Zeit, in der viele Hotelbetriebe über Fachkräftemangel klagen, zeigt Caroline von Kretschmann, dass die Lösung nicht in Boni oder Benefits liegt, sondern in der Haltung. «Menschen wollen nicht nur arbeiten, sie wollen wachsen“, sagt sie. «Wenn wir ihnen Vertrauen schenken und Sinn geben, entsteht Bindung, Begeisterung und letztlich Erfolg.»
Damit ist sie zu einer Mentorin und Vordenkerin für viele junge Hoteliers geworden – in Deutschland, Österreich, in der Schweiz und weit darüber hinaus. Ihr Modell, den Menschen über den Profit zu stellen, ist inzwischen Thema an Hochschulen und in Leadership-Seminaren.
Der Europäische Hof ist heute nicht nur ein Hotel, sondern ein Labor für Zukunftskompetenzen – ein Ort, an dem Herzlichkeit zur strategischen Ressource geworden ist.
«Die schönste Rückmeldung», sagt sie, «ist kein KPI, sondern ein Satz aus dem Team: Sie haben an mich geglaubt, als ich selbst es noch nicht konnte.»
Caroline von Kretschmann steht für eine Renaissance der Menschlichkeit in der Wirtschaft. Sie zeigt, dass Führung ohne Härte, Macht und Druck möglich ist – und dass sie gerade dadurch kraftvoll wird. Sie ist Unternehmerin, Mentorin, Vorbild – und bleibt doch jeden Tag Gastgeberin an der Hotelfront.
Deshalb kann die Hotellerie weltweit von Caroline von Kretschmann lernen: Wie man Werte lebt. Wie man Menschen stärkt. Und wie man ein Haus führt, das mehr ist als ein Hotel – nämlich ein Zuhause für Herz, Haltung und Hoffnung.
Hinweis: Bitte lesen Sie auch den Kommentar von Hans R. Amrein zu Caroline von Kretschmann.
Hier die 10 Thesen zum Thema Leadership von Dr. Caroline von Kretschmann.
Caroline von Kretschmann ist geschäftsführende Gesellschafterin des Europäischen Hofs in Heidelberg. Sie führt das 5 Sterne Superior-Hotel in vierter Familiengeneration. Nach einer Banklehre bei der Deutschen Bank in Frankfurt studierte sie Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen, wo sie auch promovierte. Vor dem Eintritt ins Familienunternehmen war sie als Strategie- und Organisationsberaterin tätig, davon vier Jahre in der internationalen Strategie- und Organisationsberatung Bossard Consultants und elf Jahre als Gründungspartnerin in der Metropolitan Consulting Group. Mit dem Eintritt ins Familienunternehmen gründete sie mit Melanie Frowein die Komplementärberatung DUE CONSULTANTS. Neben zahlreichen Ehrenämtern ist sie Vizepräsidentin des Verbandes DIE FAMILIENUNTERNEHMER und Ehrensenatorin der Universität Heidelberg. Neben zahlreichen Ehrungen wurde sie 2022 Hotelier des Jahres und erhielt 2023 die Brillat Savarin-Plakette.
Der Europäische Hof Heidelberg ist mehr als ein Grandhotel – er ist ein Stück deutscher Kulturgeschichte. Seit seiner Gründung im Jahr 1865 erzählt das Haus von der Kunst, Gäste mit Stil, Wärme und Fortschritt zu empfangen. Generationen von Hoteliers haben das Haus geprägt – jede mit ihrer Zeit, ihrer Haltung, ihrem Blick auf die Welt. Und so ist der Europäische Hof heute ein Symbol dafür, dass wahre Gastfreundschaft zeitlos ist.
Wer das traditionsreiche Gebäude an der Friedrich-Ebert-Anlage betritt, spürt sofort: Hier weht ein anderer Geist. Es ist die Mischung aus Geschichte und gelebter Herzlichkeit, die den Europäischen Hof Heidelberg zu einem der letzten großen privat geführten Grandhotels Deutschlands macht.
Seine Geschichte beginnt im Jahr 1865, als der Unternehmer Joseph Schrieder das Hotel de l’Europe eröffnete. Der Standort war ungewöhnlich: Das Gebäude entstand auf dem Gelände des ehemaligen Armenfriedhofs von St. Anna – mitten in der Altstadt, in Sichtweite des Schlosses. Doch Schrieder erkannte das Potenzial Heidelbergs als Reiseziel für eine wohlhabende, gebildete Klientel. Bereits in den ersten Jahren galt das Haus als vornehmste Adresse der Stadt, in der Gäste aus Adel, Politik und Wissenschaft logierten.
Technischer Fortschritt spielte schon damals eine Rolle: Um 1890 verfügte das Hotel über eine eigene Dampfheizung und eine elektrische Kraftanlage – ein Novum, das das Haus zu einem der modernsten Hotels Deutschlands machte. Gäste genossen Komfort und Innovation, lange bevor diese in der Hotellerie selbstverständlich waren.
Doch nicht nur Luxus, auch Geschichte wohnt in den Mauern. Am 15. Mai 1873 starb der rumänische Fürst Alexandru Ioan Cuza, der Gründer des modernen Rumäniens, im Hotel de l’Europe. Noch heute erinnert ein Denkmal gegenüber dem Haus an dieses historische Ereignis – ein Zeichen der internationalen Bedeutung, die das Hotel schon im 19. Jahrhundert hatte.
Einen entscheidenden Wendepunkt markierte das Jahr 1906, als der visionäre Hotelier Fritz Gabler das Haus erwarb. Gabler, Gründer der renommierten Heidelberger Hotelfachschule, brachte neue Maßstäbe in Service, Technik und Ausbildung. Unter seiner Leitung wurde das Hotel großzügig ausgebaut: Zimmer erhielten eigene Bäder, das Gebäude eine zentrale Dampfheizung, und ein Seitenflügel mit Konferenzraum wurde ergänzt. Auch ein Chauffeurhaus mit zwölf Garagen entstand – Ausdruck der neuen Ära des automobilen Reisens.
Gabler machte das Haus zu einem Treffpunkt der feinen Gesellschaft und zum Vorbild moderner Grandhotellerie. Seine Frau Luise Gabler führte das Werk nach seinem Tod 1953 fort – in einer Zeit, in der Deutschland nach dem Krieg am Boden lag. Der Europäische Hof war teils zerstört, teils beschlagnahmt, doch Luise Gabler gab nicht auf. 1957, nach zweijähriger Renovierung, eröffnete sie das Haus wieder – ein Symbol des Aufbruchs und der Hoffnung.
Anfang der 1960er Jahre kehrte Ernst-Friedrich von Kretschmann, der Enkel Fritz Gablers, aus den USA zurück. 1965, genau hundert Jahre nach der Gründung, übernahm er gemeinsam mit seiner Frau Sylvia von Kretschmann die Leitung. Unter ihrer Führung begann eine Ära der Erneuerung und Erweiterung, die über fünf Jahrzehnte währte. Sie machten aus dem Europäischen Hof ein Fünf-Sterne-Haus von internationalem Rang – ohne dabei die familiäre Seele zu verlieren.
«Es ist unser Ziel, dass sich jeder Gast wie ein willkommener Freund fühlt», sagte Sylvia von Kretschmann einmal – ein Satz, der das Wesen des Hauses bis heute prägt. Selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hielten sie an der Philosophie fest, Qualität, Wärme und Persönlichkeit über kurzfristigen Profit zu stellen.
1982 gründete Ernst-Friedrich von Kretschmann die Hotelbetriebs- und Pachtgesellschaft, die Europäische Hof Hotel Europa Heidelberg GmbH, die bis heute das Fundament des Unternehmens bildet. Unter seiner Leitung wurde das Haus laufend modernisiert, ohne seinen historischen Charakter zu verlieren.
Zum Jahreswechsel 2012/2013 begann ein neues Kapitel: Nach 47 Jahren an der Spitze übergab Ernst-Friedrich von Kretschmann die Leitung an seine Tochter Dr. Caroline von Kretschmann, die das Haus in vierter Generation führt. Sie hat den Europäischen Hof in die Gegenwart geführt – mit einer modernen, werteorientierten Führungsphilosophie, für die sie 2022 zur Hôtelière des Jahres gewählt wurde.
Heute steht der Europäische Hof Heidelberg für das, was in der Hotellerie selten geworden ist: Beständigkeit mit Haltung. 118 Zimmer und Suiten, zwei Restaurants, ein Spa – und ein Team, das für Herzlichkeit steht. Das Haus wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem als «Hotel des Jahres in historischer Architektur» und gehört laut Guide Michelin zu den besten 80 Hotels Deutschlands.
Seine Geschichte ist aber mehr als eine Chronik von Zahlen und Auszeichnungen. Sie ist eine Geschichte von Menschen, die an Werte glaubten: an Service, an Qualität, an Menschlichkeit. Von einem Hotel, das Kriege, Krisen und Wandel überdauert hat – und das heute als lebendiges Denkmal der Gastfreundschaft weiterstrahlt.
Oder, wie es ein treuer Stammgast einmal formulierte: «Im Europäischen Hof hat man das Gefühl, dass die Zeit stillsteht – aber nur dort, wo sie es gut meint mit den Menschen.»
