Künstliche Intelligenz zieht in den Direktvertrieb der Hotellerie ein. KI-Agenten übernehmen Buchungen, beraten Gäste – und stellen Hotels vor neue Herausforderungen. In einem Gespräch mit der deutschen Plattform ahgz erklärt der KI-Experte Anselm Fehnker, worauf sich Hoteliers einstellen müssen, warum saubere Daten entscheidend sind und weshalb Vertrauen das neue Kapital im digitalen Vertrieb ist.

«KI-Agenten können heute schon erstaunlich komplexe Aufgaben übernehmen», sagt Anselm Fehnker, Senior AI Project Manager am Artificial Intelligence Center Hamburg (ARIC). «KI-Agenten recherchieren Flüge, Hotels oder Sehenswürdigkeiten und können – sofern die richtigen Schnittstellen vorhanden sind – „auch konkrete Aktionen wie Reservierungen oder Buchungen durchführen».
In Zukunft, so Fehnker, werde die Technologie den gesamten Reiseprozess begleiten: von der Inspiration bis zur Abrechnung. Damit verschiebt sich die Rolle der Hotels. „Künftig werden nicht nur Menschen, sondern auch KI-Agenten buchen“, erklärt er. Dafür brauche es robuste technische Schnittstellen, die regelmäßig gepflegt werden, sowie ein klares Sicherheitskonzept. Identität, Berechtigung und Nachvollziehbarkeit müssten eindeutig geregelt sein – ähnlich wie bei menschlichen Gästen, „nur eben automatisiert und mit Protokollierung“.


Technologie mit Verantwortung
Zentrales Element in dieser neuen Welt ist das sogenannte Model Context Protocol (MCP) – eine Art Kommunikationsbrücke zwischen KI-Agenten und Hotelsoftware. Fehnker beschreibt es als ein System, „das festlegt, wie Sprachmodelle mit Anwendungen kommunizieren und Aktionen ausführen können“. Dabei agieren die KI-Agenten als MCP-Clients, während Hotels einen MCP-Server betreiben. Über diesen tauschen sie strukturierte Informationen mit Buchungssystemen (CRS), Property-Management-Systemen (PMS) und externen Services aus. Doch wo Technik ist, ist auch Risiko. Fehnker warnt vor Halluzinationen und Fehlbuchungen, die durch fehlerhafte Schnittstellen entstehen können. „Entscheidend ist, dass alle über die MCP-Schnittstelle möglichen Aktionen robust und eindeutig implementiert sind“, sagt er. Anfragen müssten valide und rechtsverbindlich sein. Ebenso wichtig sei die Kontrolle darüber, welche Informationen überhaupt freigegeben werden dürfen.

Datenschutz, Verantwortung und Vertrauen
Beim Thema Haftung bleibt Fehnker vorsichtig: „Ich bin kein Jurist, aber meiner Einschätzung nach müssen Hotels sicherstellen, dass auf Seiten des MCP-Servers alles korrekt läuft.“ Die Verantwortung ende dort, wo der Einflussbereich des Hotels aufhöre – also bei der Client-Seite, die oft von Drittanbietern betrieben wird. Datenschutz bleibe ein zentrales Thema, denn nur freigegebene Daten dürften übermittelt werden.

Damit KI-Agenten sinnvoll arbeiten können, müssen Hotels laut Fehnker ihre Inhalte strukturiert, aktuell und maschinenlesbar bereitstellen. „Eine Darstellung, die sich für Menschen gut liest, ist nicht automatisch auch für KI-Agenten optimal“, betont er. Ähnlich wie bei SEO gebe es auch hier Strategien, um Informationen für KI-Systeme besonders relevant zu machen. „Wer künftig in KI-Empfehlungen sichtbar sein will, muss verstehen, wie Maschinen lesen“, fasst Fehnker zusammen.

Neue Intermediäre und alte Gefahren
Ein weiteres Thema sind mögliche neue Mittler. Fehnker hält es für denkbar, „dass Agenten-Plattformen künftig ähnlich wie heutige OTAs eine Marge erheben“. Hotels sollten daher frühzeitig prüfen, wie sich dies auf ihren Direktvertrieb auswirkt. Der Schutz der Raten-Integrität und Marge bleibe zentral, auch wenn sich die Form der Intermediation verändert.
Ein klarer Appell an die Branche
Für Fehnker steht fest: Hotels müssen sich jetzt mit der Integration von KI-Agenten beschäftigen – nicht erst, wenn Buchungen ausbleiben. „Wer abwartet, verliert Sichtbarkeit und Kontrolle über den Gast“, warnt er. Gleichzeitig sieht er die Chancen: KI könne Routineaufgaben automatisieren, Abläufe beschleunigen und den Service personalisieren. „Am Ende bleibt die Beziehung zum Gast entscheidend“, sagt er. „KI ist kein Ersatz für Empathie – sie ist ein Werkzeug, das Hoteliers helfen kann, den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen.“
Quelle: ahgz online, Oktober 2025

Zur Person
Anselm Fehnker arbeitet als Senior AI Project Manager am Artificial Intelligence Center Hamburg e.V. (ARIC). In seiner Arbeit berät und begleitet er zahlreiche Unternehmen bei der erfolgreichen Umsetzung von KI-Projekten. Er hat einen Master-Abschluss in Informatik mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz, was ihn zu einem guten Ansprechpartner für Fragen zu Algorithmen und der Anwendung von KI macht. Ein besonderer Fokus seiner Arbeit liegt auf allen Arten von Algorithmen des maschinellen Lernens sowie auf dem verantwortungsvollen und nachhaltigen Einsatz von KI (Responsible AI).
