
Die geplante Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie sorgt für politischen Streit zwischen Bund und Ländern. Aus der Branche kommt deutliche Kritik – die Unsicherheit gefährde zahlreiche Betriebe.
Die schwarz-rote Koalition will ab dem kommenden Jahr zentrale Entlastungsmaßnahmen umsetzen – darunter die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie von 19 auf sieben Prozent sowie eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Doch aus den Bundesländern kommt Widerstand gegen die Pläne. Das wiederum rief mahnende Worte von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hervor, der vor einem Scheitern der Entlastungen warnte.
Landesverband warnt vor Hängepartie
Unterdessen wächst im Gastgewerbe die Sorge um die wirtschaftliche Stabilität. Der rheinland-pfälzische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) forderte Bund und Länder zu einer schnellen Entscheidung auf. Dehoga-Landeschef Gereon Haumann warnte vor einem „unsäglichen politischen Spiel auf dem Rücken der Gaststätten, Pendler und hunderttausender Beschäftigter in der Branche“.

Die geplante Mehrwertsteuersenkung müsse dringend kommen. Andernfalls drohten zahlreiche Schließungen. „Allein in Rheinland-Pfalz könnten in diesem Jahr rund 500 Betriebe aufgeben“, sagte Haumann der Deutschen Presse-Agentur. Der Dehoga-Chef kritisierte den öffentlichen Schlagabtausch um die Finanzierung. „Wer bestellt, bezahlt – aber in diesem Fall haben Bund und Länder gemeinsam bestellt. Deshalb ist es falsch, wenn der eine auf den anderen zeigt.“ Die Diskussion um die Steuererleichterung sei zu einem „personalisieren Spiel von Gut- und Böse-Rollen“ geworden.
DZG befürchtet mehr Insolvenzen
Auch die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) zeigte sich besorgt über die politischen Signale. „Die Betriebe der Gastronomie benötigen jetzt vor allem eines: planbare Rahmenbedingungen, statt neuer Unsicherheiten“, sagte Vorstandssprecher Marcel Klinge. Angesichts steigender Energie- und Lebensmittelkosten sowie des Personalmangels sei die Steuerreduzierung von zentraler Bedeutung. Bleibe die Entlastung aus, werde sich der Trend steigender Insolvenzen fortsetzen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im September 2025 um mehr als zehn Prozent höher als im Vorjahr. Besonders stark betroffen: das Gastgewerbe. Die DZG warnte daher, das Ausbleiben der Steuerreduzierung wäre „ein zusätzlicher Belastungsfaktor für viele Betriebe“.
DZG-Sprecher Klinge verwies zudem auf die gesellschaftliche Bedeutung der Gastronomie als Teil der Gastwelt: „Mit über sechs Millionen Beschäftigten, einer Bruttowertschöpfung von 483 Milliarden Euro und Präsenz in allen 11.000 Kommunen Deutschlands ist die Gastwelt eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Die sieben Prozent seien daher auch keineswegs ein Geschenk, sondern wirtschaftliche Vernunft.
Söder: Spielraum bei Steuern muss beim Bund bleiben
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich in Mainz klar für die Steuerentlastung aus: „Wer nicht will, dass Innenstädte veröden ohne Gastronomie, wer nicht will, dass die Dorfwirtschaft verschwindet und wer auch nicht will, dass die Pendler benachteiligt werden, gerade im Vergleich zum Deutschlandticket, der muss am Ende zustimmen und da werde ich sehr dafür werben“, sagte er. Eine Kompensation der Länder für Mindereinnahmen lehnte er ebenso wie Bundesfinanzminister Klingbeil ab. „Der Bund hat immer gesagt, bei Steuern, da muss der Gestaltungsspielraum beim Bund bleiben, da kann er keine Kompensation machen.“
„Keine glückliche Art“: Kritik aus CDU an Klingbeil
Hessens Regierungschef Boris Rhein hat Bundesfinanzminister Lars Klingbeil in der Debatte eine unkluge Kommunikation vorgeworfen. Die Länder seien für die vom Bund angedachte Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie sowie für die Erhöhung der Pendlerpauschale, sagte der CDU-Politiker in Mainz. Aber es müsse das Verursacherprinzip gelten. Wer, wie der Bund, zu enormen Steuerausfällen beitrage, müsse eine Antwort darauf geben, wie er das kompensiere.
„Ich glaube, der Bundesfinanzminister sollte seine Energie lieber darauf verwenden, eine Lösung dafür zu finden, anstatt so etwas herbeizuführen wie ein Drohpotenzial“, kritisierte Rhein. Das sei nach dem Motto: „Wenn ihr nicht mitmacht, bekommen die Bürger diese Entlastungen nicht.“ Das sei der falsche Weg. Klingbeil hatte nach der etwas höher als erwartet ausgefallenen Steuerschätzung gesagt, nun erst recht keinen Grund mehr dafür zu sehen, Einnahmeausfälle der Länder durch den Bund auszugleichen.
Dem widersprach auch der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer. Es seien Bundesgesetze gewesen, die viele Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten auf die Kommunen abgewälzt hätten. Der Bund stehe in der Verantwortung. „Er muss da helfen“, sagte Kretschmer.
Das Gegenteil sei aber vorgeschlagen. „Das kann nicht richtig sein“, sagte Kretschmer. „Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Auch Herr Klingbeil sollte auf die Bürgermeister und Landräte aus seiner Partei hören.“ Eine Lösung sei möglich – „aber mit Bockigkeit wird es nichts“. dpa/sar
