Seit Jahrzehnten ringt die Höhere Berufsbildung (HBB) in der Schweiz um mehr Anerkennung. Auch Christa Augsburger, seit zehn Jahren Direktorin der Hotelfachschule Luzern (SHL) ist der Meinung, dass der «Professional Bacheler» als Zusatz zum bisherigen «eidg. Diplom» eine Notwendigkeit ist, wie sie im Hotel Inside-Video-Gespräch sagt.

Schweizer Bildungsexperten, die sich für den «Professional Bachelor» engagieren, haben eine erste politische Hürde überwunden:Während der Herbstsession hat der Ständerat die Einführung des Zusatztitels «Professional Bachelor» gutgeheissen. In der Wintersession wird nun der Nationalrat darüber debattieren. Laut Experten sind die Chancen derzeit gut, dass der neue Titelzusatz auch in der «Grossen Kammer» im Bundeshaus gutgeheissen wird.
Eine Bildungsexpertin in der Schweizer Hospitality-Branche ist Christa Augsburger. Sie kämpft seit Jahren dafür, dass das «eidgenössische Diplom», das Absolventinnen und Absolventen ihrer «Höheren Fachschule» (FH) in Luzern erhalten, durch den «Professional Bachelor» aufgewertet und international sichtbarer wird.


Hotel Inside-Journalist Hans R. Amrein traf Christa Augsburger an der SHL und sprach mit ihr über aktuelle Bildungspolitik, Hotelfachschulen, EHL, Diplome, Bachelor- und Master-Abschlüsse sowie die zunehmende Akademisierung der Hospitality-Ausbildung.
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Seit fast drei Jahrzehnten prägt Christa Augsburger die Schweizerische Hotelfachschule Luzern (SHL) – seit 2015 als Direktorin. Mit Bodenhaftung, Weitblick und einem klaren Verständnis für Qualität führt sie eine Institution, die zu den renommiertesten Ausbildungsstätten der internationalen Hotellerie zählt.
Geboren und aufgewachsen in Lachen (SZ), absolvierte Christa Augsburger nach der Matura am Kollegium Christ König Nuolen selbst die SHL, bevor sie ihre Karriere in der Schweizer Hotellerie startete.

Schon früh übernahm die gebürtiger Schwyzerin Führungspositionen, unter anderem im traditionsreichen Hotel Schweizerhof Lenzerheide, wo sie operative Erfahrung mit Führungsverantwortung verband. Doch es war die Leidenschaft für die Ausbildung, die ihren weiteren Weg prägte. Seit 1997 ist sie an der SHL tätig – zuerst als Dozentin, später als Bereichsleiterin, heute als Direktorin.
Mit der Erfahrung einer Dipl. Dozentin für höhere Fachschulen und als Ausbildnerin mit eidgenössischem Fachausweis versteht Augsburger die Bedeutung von praxisnaher, aber akademisch fundierter Ausbildung. Ihr Ziel: eine praxisorentierte Hotelfachschule, die Tradition und Innovation miteinander verbindet.
Unter ihrer Leitung hat sich die SHL konsequent weiterentwickelt – organisatorisch, inhaltlich und strategisch. Die Schule gilt heute als eine der modernsten und erfolgreichsten Hotelfachschulen Europas und betreibt unter anderem ein duales Studienmodell, das Praxisphasen in der Hotellerie mit betriebswirtschaftlichem Wissen verknüpft. Christa Augsburger war eine treibende Kraft hinter der Digitalisierung des Unterrichts und dem Ausbau internationaler Partnerschaften.
Als Präsidentin des Fachbereichs Tourismus, Hotellerie & Gastronomie und Mitglied der Konferenz Höhere Fachschulen (HF) engagiert sie sich auch über die SHL hinaus für die Weiterentwicklung der Berufsbildung. Zudem ist sie Mitglied des Vorstands der IG HBB Zentralschweiz, wo sie die Vernetzung zwischen Bildungsinstitutionen und Wirtschaft vorantreibt.

Wer mit ihr spricht, spürt schnell: Hier führt jemand mit Herz, nicht nur mit Titel. Augsburger gilt als authentische, klare und motivierende Führungspersönlichkeit, die von Kolleginnen, Studierenden und Branchenvertretern gleichermassen geschätzt und geachtet wird. Sie ist überzeugt, dass Bildung in der Hotellerie weit mehr ist als theoretisches Fachwissen: «Es geht um Haltung, Empathie und Führungsbewusstsein – Werte, die man nicht nur lehrt, sondern lebt.»
Privat ist die zweifache Mutter in Greppen am Vierwaldstättersee zuhause. Ihre Wurzeln im Kanton Schwyz und ihre Bodenständigkeit prägen ihre Art zu führen: ruhig, reflektiert, aber entschlossen. Ihre Vision für die SHL: Menschen auszubilden, die mit Können, Charakter und Kreativität Gastgeberinnen und Gastgeber der Zukunft werden.
Unter Christa Augsburgers Leitung hat die SHL nicht nur ihren Platz als führende Schweizer Hotelfachschule (HF) behauptet, sondern sich international positioniert – als Synonym für Schweizer Qualität, Kompetenz und Gastfreundschaft im 21. Jahrhundert.

Ja, es ist höchste Zeit, dass die Schweiz in der Bildungspolitik vorwärtsmacht. Der «Professional Bachelor» drängt sich längst auf – zu lange hat die Politik gezögert, obwohl Deutschland und Österreich schon längst Fakten geschaffen haben. Die bisherigen Schweizer Diplome der Höheren Fachschulen (HF) sind international kaum mehr verständlich und wirken zunehmend wie ein Auslaufmodell.
Gerade in der Hospitality-Branche zeigt sich die Dringlichkeit dieser Titelaufwertung besonders deutlich. Schweizer Hotelfachschulen geniessen weltweit einen hervorragenden Ruf, doch ihre Absolventinnen und Absolventen stossen im internationalen Arbeitsmarkt immer wieder auf Hürden. Viele Länder akzeptieren nur Bewerberinnen und Bewerber mit klar erkennbaren Bachelor- oder Mastertiteln. Ohne Zusatz wie «Professional Bachelor» bleibt die internationale Mobilität beschränkt – obwohl die höhere Fachausbildung inhaltlich hochstehend ist und Fachkräfte aus der Schweiz in der Praxis sehr gefragt sind.
Der Ständerat hat im September den entscheidenden Schritt gemacht. Jetzt liegt es am Nationalrat, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen und die längst überfällige Gleichstellung durchzusetzen. Nur so kann die Schweiz ihre Stärken in der dualen Berufsbildung auch global sichtbar machen – und der Hospitality-Industrie den Rücken stärken, die wie kaum eine andere Branche auf internationale Anerkennung angewiesen ist.
Hans R. Amrein

Das Bologna-Bildungssystem geht auf die Bologna-Erklärung von 1999 zurück. Damals beschlossen 29 europäische Bildungsministerinnen und -minister, ihre Hochschulsysteme zu harmonisieren. Ziel war es, die Mobilität von Studierenden zu fördern, die Vergleichbarkeit von Abschlüssen sicherzustellen und Europa als Bildungs- und Forschungsraum international attraktiver zu machen. Das Kernelement war die Einführung einer gestuften Studienstruktur mit Bachelor- und Masterabschlüssen, ergänzt durch die Promotion. Damit sollte die zuvor stark fragmentierte Landschaft der nationalen Diplome und Lizentiate vereinheitlicht werden.
Heute nehmen 49 Staaten am Europäischen Hochschulraum teil. Das Bologna-System gilt als Standard, doch es ist nicht unumstritten. Kritiker monieren eine zunehmende Verschulung des Studiums, Befürworter betonen hingegen die gesteigerte internationale Vergleichbarkeit.
Auswirkungen auf die Schweiz
Die Schweiz schloss sich früh der Bologna-Reform an und stellte ihre Universitäten und Fachhochschulen bis Mitte der 2000er Jahre auf Bachelor- und Masterstudiengänge um. Die alten Lizenziats- und Diplomstudiengänge verschwanden. Für die akademische Welt war dies ein einschneidender Wandel – nicht zuletzt, weil die neuen Titel international anschlussfähig sind. Anders sieht es bei der Höheren Berufsbildung aus: Ihre Abschlüsse, obgleich auf anspruchsvollem Niveau, sind im Ausland oft nicht verständlich. Hier setzt die aktuelle politische Diskussion um die Zusatztitel «Professional Bachelor» an.

Hospitality-Ausbildung weltweit
Die Hospitality-Industrie ist international geprägt und einer der grössten Arbeitgeber weltweit. Entsprechend vielfältig sind die Ausbildungsmöglichkeiten. In den USA, Grossbritannien, Frankreich und Australien gibt es zahlreiche universitäre Programme in «Hospitality Management», die mit einem Bachelor oder Master abschliessen. Diese Studiengänge sind stark akademisch geprägt, beinhalten aber oft Praxissemester. Ihr Vorteil: Die Titel sind international anerkannt und verschaffen Zugang zu globalen Karrierechancen. Ihr Nachteil: Sie vermitteln häufig weniger Praxisnähe als die dualen oder berufsorientierten Modelle (Beispiel HF).
Hospitality-Ausbildung in der Schweiz
Die Schweiz geniesst in der Hotelfachausbildung Weltruf. Institutionen wie die EHL (École hôtelière de Lausanne) oder die Hotelfachschule Luzern (SHL) ziehen Studierende aus aller Welt an. Die EHL bietet als Fachhochschule Bachelor- und Masterstudiengänge im Bereich Hospitality Management an – klassisch nach Bologna-Logik. Daneben existieren die Höheren Fachschulen HF (zum Beispiel Hotelfachschule Thun, EHL Campus Passugg), die praxisorientierte Abschlüsse (Diplom HF) vergeben. Absolventinnen und Absolventen tragen heute Titel wie «dipl. Hotelier/Restaurateur HF». Diese Titel sind in der Schweiz hoch angesehen, international aber oft schwer einzuordnen. Hier zeigt sich die Relevanz des geplanten «Professional Bachelor»: Er würde diesen HF-Abschlüssen ein international verständliches Etikett verleihen.
Vergleich der Abschlüsse
Universitäre Bachelor/Master (Bologna): International anerkannt, akademisch fundiert, Zugang zu weiterführenden Studien. Nachteil: Oft geringe Praxisnähe.
Höhere Fachschulen (HF): Starke Praxisorientierung, enge Anbindung an die Branche, hoher Arbeitsmarkterfolg in der Schweiz. Nachteil: International wenig verständlich ohne Titelzusatz.
Private Hospitality-Schulen: Oft mit eigenem Branding und teils englischsprachigen Diplomen. Vorteil: International ausgerichtet, aber häufig hohe Kosten und unterschiedliche Anerkennung. Beispiele: Hotelfachschule Clion, Cäsar Ritz Institut.
Bildungspolitische Einordnung
Für die Schweizer Hospitality-Branche ist die Titeldebatte von zentraler Bedeutung. Während die EHL mit Bachelor- und Masterprogrammen bestens im internationalen Bologna-System positioniert ist, stehen die Höheren Fachschulen unter Druck. Ohne eine klar verständliche Bezeichnung wie «Professional Bachelor» drohen ihre Diplome international an Sichtbarkeit zu verlieren. Gerade für eine Branche, die wie kaum eine andere auf Mobilität und globale Anerkennung angewiesen ist, könnte die geplante Reform zum entscheidenden Standortfaktor werden.

Das Bologna-System hat den europäischen Hochschulraum vereinheitlicht und internationale Karrieren erleichtert. Die Schweiz muss nun sicherstellen, dass ihre traditionsreiche Höhere Berufsbildung nicht ins Hintertreffen gerät. Gerade in der Hospitality-Ausbildung zeigt sich: Ohne den «Professional Bachelor» läuft die Schweiz Gefahr, ihre Wettbewerbsvorteile im globalen Bildungs- und Arbeitsmarkt einzubüssen.
