Künstliche Intelligenz steht kurz davor, die Reisebranche leise, aber grundlegend zu verändern. Statt nur Empfehlungen auszusprechen, beginnen Systeme wie ChatGPT oder Google Gemini, eigenständig zu planen, zu vergleichen – und bald auch zu buchen. Der sogenannte Agentic Commerce verspricht Effizienz und Personalisierung, fordert von Hotels aber ein radikales Umdenken im Datenmanagement und in der Technologie. Hotel Inside publiziert hier die jüngsten Erkenntnisse zum Thema KI und Hotelbuchungen.
Was noch wie Zukunftsmusik klingt, entwickelt sich längst im Hintergrund: KI-Systeme übernehmen die Aufgaben menschlicher Bucher. Bald könnte ein Reisender einfach sagen: „Buche mir ein Boutique-Hotel in Lissabon mit vegetarischem Frühstück und Meerblick. Zimmerpreis max. 200 Euro.“ Und die KI erledigt den Rest – von der Recherche bis zur Bezahlung. McKinsey, Forrester und Phocuswright sehen in diesem Agentic Commerce die nächste Evolutionsstufe des digitalen Reisens. Nach der Phase der Vergleichsportale und dynamischen Preis-Engines folgt nun die Ära der autonomen Entscheidungsagenten, die im Namen des Gastes handeln.


Warum sind Hotels noch nicht so weit?
Die Branche ist gespalten zwischen technologischem Fortschritt und digitaler Fragmentierung. Hotelinformationen sind über viele Systeme verstreut – von PMS und CRS bis zu GDS und Channel-Managern. Diese sprechen selten dieselbe Datensprache. Hinzu kommt: Viele APIs wurden nie dafür gebaut, dass Maschinen autonom Preise verhandeln oder Zimmer direkt reservieren. KI-Plattformen können aktuell meist nur Empfehlungen aussprechen, aber keine vollständigen Transaktionen abschliessen. Und selbst wenn sie es könnten, fehlen Zahlungs-Frameworks, die KI-Agents als legitime Käufer erkennen. Die Bausteine existieren also – sie sind nur noch nicht miteinander verbunden.
Von der Suche zum Gespräch
Wenn diese Systeme zusammenwachsen, verschwindet der klassische Buchungsprozess. Statt „Suchen – Vergleichen – Klicken – Bezahlen“ wird alles zu einem einzigen, flüssigen Dialog. Der KI-Agent des Reisenden weiss bereits, welche Hotelketten er bevorzugt, welche Zimmer er mag, welche Nachhaltigkeitskriterien zählen – und wählt entsprechend. Für Hotels bedeutet das: Sichtbarkeit entsteht nicht mehr durch Werbung oder Rankings, sondern durch Datenqualität. Nur maschinenlesbare, offene und aktuelle Informationen werden von KIs berücksichtigt.
Der neue Wettbewerb: Verständlich sein für Maschinen
Für Hoteliers verschiebt sich der Wettbewerb: Nicht mehr, wer am lautesten wirbt, sondern wer am besten strukturiert kommuniziert. Offene APIs, standardisierte Daten und semantisch saubere Beschreibungen werden zur Voraussetzung, um im digitalen Schaufenster der KI überhaupt stattzufinden. Gleichzeitig entsteht eine neue Nähe: Wenn Hotel und KI-Agent direkt interagieren, können Preise, Zusatzleistungen und Verfügbarkeiten individuell verhandelt werden – ohne Zwischenhändler.
Drei Hürden bis zur Autonomie
Doch bevor die KI das Zimmer wirklich bucht, müssen drei grosse Hürden fallen:
- Standardisierte Daten: Einheitliche, zugängliche Formate für Raten, Beschreibungen und Verfügbarkeit.
- Zahlungsinteroperabilität: KI-Systeme müssen rechtlich und technisch befugt sein, Zahlungen im Namen des Kunden auszuführen.
- Transparenz & Vertrauen: Gäste müssen nachvollziehen können, wie Entscheidungen getroffen werden – und ob wirtschaftliche Anreize eine Rolle spielen.
Ein Weg, kein Sprung
McKinsey und Forrester sind sich einig: Agentic Commerce wird keine plötzliche Disruption, sondern eine schrittweise Transformation. Erste Anwendungen – etwa automatisierte Preisvergleiche oder Konversationssuche – sind bereits Realität. Hotels, die heute ihre Daten öffnen, Konversationsschnittstellen testen und mit KI-Plattformen kooperieren, werden morgen zu den Gewinnern zählen. Denn wenn der erste wirklich autonome Buchungsagent live geht, wird es keine Zeit mehr geben, die Grundlagen nachzuholen.
Mit anderen Worten: Die Zukunft des Reisens liegt nicht mehr im Klick, sondern im Gespräch. Künstliche Intelligenz übernimmt den Dialog – und bald auch die Transaktion. Hotels, die Daten als Grundlage für Vertrauen und Transparenz begreifen, werden Teil dieses neuen Ökosystems. Alle anderen riskieren, dass ihre Zimmer gebucht werden – nur nicht von ihnen selbst.

Laut McKinsey verändert die KI-Suche – angetrieben von Systemen wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity – die Art, wie Konsumenten Produkte finden, bewerten und kaufen. Wer nicht auf „Generative Engine Optimization“ (GEO) umstellt, riskiert, in der digitalen Unsichtbarkeit zu verschwinden (vgl. Text oben).
Das Ende der gewohnten Suche
Bereits heute enthalten rund 50% aller Google-Suchen KI-generierte Zusammenfassungen, bis 2028 soll dieser Anteil laut McKinsey auf 75% steigen. Nutzerinnen und Nutzer wenden sich zunehmend an dialogbasierte Tools, um Entscheidungen zu treffen – statt Links zu durchstöbern, lassen sie sich Antworten von Chatbots liefern. Für Marken bedeutet das einen tektonischen Wandel: McKinsey warnt, dass Unternehmen bis zu 50% ihres organischen Traffics verlieren könnten, wenn sie nicht auf diese neue Suchlogik reagieren.
Alle Generationen steigen um
Auffällig ist laut Studie die Geschwindigkeit, mit der sich KI-Suchtechnologien verbreiten. Nicht nur Digital Natives, sondern auch ältere Zielgruppen – bis hin zu den Babyboomern – nutzen KI-Assistenten, um Kaufentscheidungen vorzubereiten. Damit wird die KI-Suche nicht nur ein technischer, sondern ein gesellschaftlicher Trend: Sie verändert den gesamten Konsumentenpfad – von der ersten Inspiration bis zur finalen Kaufentscheidung.

Von SEO zu GEO – ein neues Spielbuch
McKinsey nennt diesen Paradigmenwechsel den Übergang von SEO (Search Engine Optimization) zu GEO (Generative Engine Optimization). Künftig reicht es nicht mehr aus, Webseiten für Google zu optimieren. Hotels müssen ihre Inhalte so gestalten, dass KI-Modelle sie verstehen, zitieren und in ihre Antworten einbinden. Nur 5–10% der Quellen, die in generierten Antworten erscheinen, stammen laut McKinsey direkt von Marken-Websites. Sichtbarkeit entsteht also dort, wo die KI ihre Informationen bezieht – etwa auf Foren, Publisher-Plattformen oder Bewertungsportalen.
Vier Schritte zur KI-Sichtbarkeit
McKinsey definiert vier Handlungsfelder, um in der neuen Suchwelt präsent zu bleiben:
- 1. GEO-Diagnose: Analyse, wie gut die Marke in generativen Antworten vertreten ist.
- 2. Content-Neuausrichtung: Aufbau eines vielfältigen Inhalts-Ökosystems – von User-Generated Content bis zu Fachbeiträgen.
- 3. Strukturierung für KI-Verständnis: Inhalte maschinenlesbar und semantisch optimiert aufbereiten.
- 4. GEO als Kernkompetenz: Aufbau interdisziplinärer Teams, die GEO in Marketing und Kommunikation integrieren.
Das neue Tor zur Kundenreise
Der McKinsey-Bericht kommt zu einem klaren Fazit: Die Customer Journey beginnt – und endet – zunehmend in KI-Systemen. Wer als Hotelmarke in den Antworten von ChatGPT, Gemini oder Perplexity auftaucht, gewinnt Vertrauen und Reichweite. Wer fehlt, existiert für den Nutzer praktisch nicht. McKinsey sieht darin nicht nur eine Bedrohung, sondern auch eine Chance: Für Unternehmen, die sich frühzeitig anpassen, wird GEO zum strategischen Wettbewerbsvorteil der nächsten Digitalära.
Kurz und gut: Die KI-Suche wird zum „neuen Eingang ins Internet“. Sie verändert, wie Konsumenten denken, recherchieren und kaufen. Hotels, die diesen Wandel verstehen, können daraus profitieren – mit Inhalten, die nicht für Menschen allein, sondern auch für Maschinen lesbar und relevant sind.
