Die Abhängigkeit von OTAs wie Booking. Expedia & Co. ist in der Hotellerie stark gewachsen – in den vergangenen zehn Jahren stieg ihr Anteil am Hotelvertrieb um 50 Prozent, während Direktbuchungen um 11,6 Prozent zurückgingen. Wie schaffen es Hotels, wieder mehr Direktbuchungen zu generieren? Ein Tageskarte-Interview mit dem Marketing- und Digital-Experten Philipp Ingenillem (Online Birds).
«Die Schlacht gegen die Buchungsportale scheint verloren – doch die Chancen für Hotels sind gerade so groß wie nie», so Philipp Ingenillem zum deutschen News-Portal «Tageskarte». Die jüngsten EU‑Regulierungen sollen den digitalen Markt fairer gestalten. In der Folge sinken auf vielen Hotelwebseiten derzeit die Besucherzahlen, weil Google eigene Leistungen – etwa Google Ads oder Hotel Ads – nicht mehr so prominent platzieren darf.
Philipp Ingenillem sprach mit der «Tageskarte» über die Chance der Hoteliers, ihre Abhängigkeit von den OTAs zu reduzieren und mehr Direktbuchungen zu generieren. Hotel Inside publiziert eine gekürzte Textfassung des Gesprächs:
Philipp Ingenillem, wie bewerten Sie die jüngsten Vorstöße der EU‑Regulatoren und die Reaktionen von Booking.com darauf?
Philipp Ingenillem: Die neuen EU‑Vorgaben zielen auf mehr Fairness im digitalen Wettbewerb – das provoziert naturgemäß Gegenwehr bei großen Plattformen. Glenn Fogel, CEO von Booking.com, hat sogar mit einem Rückzug aus Europa gedroht. Für Hotels ist das dennoch eine Chance: Vor allem Häuser mit klar deutschsprachigem Fokus können jetzt ihre Vertriebsabhängigkeit verringern. OTAs werden im Mix zwar relevant bleiben, aber – vorausgesetzt man agiert smart – über die Zeit an Gewicht verlieren. Der Schlüssel ist eine diversifizierte Online‑Marketing‑Strategie über die gesamte Customer Journey: SEO, Social‑Performance‑Kampagnen, Metasearch und SEA, um Sichtbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit messbar zu steigern.
Neben den neuen EU‑Regulierungen im Zuge des Digital Markets Act vermeldet die Tourismus-Hochschule Wallis/Westschweiz, dass der OTA‑Anteil am Hotelvertrieb in den letzten zehn Jahren um 50% gestiegen ist, während Direktbuchungen um 11,6% rückläufig sind. Warum wird Online‑Marketing für Hotels gerade jetzt immer wichtiger?
Die Studie der Schweizer Hochschule überrascht – gerade jetzt sollte die Relevanz digitaler Maßnahmen außer Frage stehen. Ein Beispiel ist der sogenannte Billboard‑Effekt: Wer über Booking & Co. sucht, prüft häufig zusätzlich die Hotelwebseite, etwa um Bildergalerien und USPs zu sehen. Genau hier entsteht Direktumsatz – sofern die Seite konsequent auf Conversion getrimmt ist. Wie viele Marken testen wirklich A/B oder analysieren ihre Web‑Conversion kontinuierlich? Plattformen wie Booking.com führen täglich Hunderte solcher Tests durch. Schon dieser Hebel – plus Maßnahmen wie der Schutz der eigenen Marke bei Google durch Brand-Kampagnen – kann spürbar Umsatz zu den Hotels verlagern. David schlug Goliath, weil er gewitzt war.
Dennoch: Gerade die Performance‑Zahlen gehen runter, da Google eigene Leistungen wie Google Ads oder Hotel Ads nicht mehr so prominent platzieren darf. Wie sollen Hoteliers hierauf reagieren?
Mit Bedacht und den richtigen Instrumenten: gezielte SEA‑ und Metasearch‑Strategien – vor allem aber solides, gründliches SEO. Rund 39% der deutschen Internetnutzer verwenden Ad‑Blocker; das schmälert die Wirksamkeit bezahlter Anzeigen zusätzlich (besonders unter 34, zunehmend auch 40+). Daher gewinnt SEO an Gewicht. Effektiv sind Long‑Tail‑Strategien, die relevanten Traffic bringen und nachhaltig Sichtbarkeit sichern. Dazu gehören saubere technische Grundlagen, relevante Inhalte und lokale Optimierung, inklusive Pflege des Google‑Business‑Profils, um mehr Direktbuchungen zu erzielen.
Gibt es noch andere digitale Trends oder Instrumente, mit deren Hilfe Hotels ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern können?
Hotellerie ist gelebte Gastfreundschaft – Technologie sollte diese stärken, nicht überlagern. Im Marketing sehe ich insbesondere folgende Hebel:
- Künstliche Intelligenz & Big Data: für Hyper‑Personalisierung entlang der Gästereise.
- Benutzerfreundliche Buchungstechnologien: an der Einfachheit der OTA‑Strecken orientieren; «hotelferne» Freunde/Familie die eigene Strecke testen lassen und daraus ein belastbares Lasten-/Pflichtenheft ableiten.
- IoT, VR, AR: spannend, aber (noch) nicht massenmarkttauglich – Fokus zuerst auf bewährte Maßnahmen.
- Low Hanging Fruits: das eigene Haus regelmäßig googeln, SERPs prüfen, offensichtliche Lücken schließen.
- Tools wie hoteldigitalscore.com: kostenfreie Standortbestimmung der digitalen Performance – mit klaren Ansatzpunkten.
Diese Schritte erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit, ohne den Kern – die Gastfreundschaft – aus dem Blick zu verlieren.
Quelle & Copyright: Tageskarte, Deutschland, 2025
Die klassische Suchmaschinenoptimierung (SEO) bleibt wichtig – doch die Hotellerie steht längst vor einer neuen Herausforderung: Generative Suche. Systeme wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity verändern, wie Reisende Hotels finden. Wer weiterhin sichtbar sein will, muss verstehen: GEO – Generative Engine Optimization – ist keine Zukunftsmusik, sondern ein strategischer Imperativ.
Generative Suche stellt das Hotelmarketing auf den Kopf. Während Google-Ergebnisse traditionell eine Liste liefern, arbeiten Systeme wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity mit Empfehlungen. Das verändert nicht nur die Spielregeln für digitale Sichtbarkeit, sondern auch die Anforderungen an Inhalte und Markenführung.
SEO bleibt die Basis – ohne technische Sauberkeit, klare Strukturen und zielgerichtete Inhalte wird kein Hotel gefunden. Aber GEO geht weiter: Es berücksichtigt, dass KI-Systeme Inhalte danach bewerten, ob sie hilfreich, glaubwürdig und authentisch sind. Bewertungen, echte Autorenschaft, semantische Einordnung und eine klare Positionierung gewinnen massiv an Gewicht. Hotels, die es schaffen, ihre Alleinstellungsmerkmale präzise zu kommunizieren und Nutzersignale sichtbar zu machen, werden in KI-Antworten bevorzugt empfohlen.
Beispiele zeigen, wie differenziert Suchanfragen inzwischen ausfallen: «Welches Wellnesshotel in Südtirol eignet sich für Paare?» oder «Kennst du ein nachhaltiges Boutiquehotel in den Alpen?» – hier liefern Sprach-KIs konkrete Empfehlungen statt langer Trefferlisten. Das bevorzugt Anbieter, die ihre Inhalte an realen Fragen ausrichten und eine konsistente, glaubwürdige Online-Präsenz aufbauen.
Die Analyse von Online Birds verdeutlicht: Der Anteil an Websitebesuchen über ChatGPT liegt zwar noch unter einem Prozent, hat sich aber in wenigen Monaten verdoppelt. Ein Signal, das zeigt: Hotels, die GEO jetzt in ihre Strategie integrieren, sichern sich einen frühen Vorsprung. Dazu gehören technische Optimierung, strukturierte Inhalte, bewusste Pflege von Bewertungen und eine gezielte Markenführung über alle Kanäle.
Fazit: GEO ist kein Trend, sondern die logische Weiterentwicklung von SEO. Wer glaubt, allein mit klassischen Maßnahmen auch in Zukunft sichtbar zu bleiben, unterschätzt die Dynamik generativer Systeme. Für die Hotellerie gilt: Die Zeit zum Handeln ist jetzt – sonst werden andere empfohlen.
Positive Online-Bewertungen sind heute mehr wert als Preisaktionen oder Markenbekanntheit. Sie entscheiden über Vertrauen, Sichtbarkeit und letztlich über die Buchung. Wer als Hotel Gästefeedback systematisch einbindet, steigert nicht nur seine Reputation, sondern auch den Direktvertrieb – ganz ohne große Budgets.
Die Entscheidung fällt in Sekunden: Gäste sehen Bilder, Preise – und vor allem Bewertungen. Kritik treibt zur Konkurrenz, Lob schafft Vertrauen. Online-Reviews sind längst mehr als Begleiterscheinung: Sie sind die neue Vertrauenswährung im Hotelmarkt.
Bewertungen als digitale Türsteher
Online-Rezensionen haben heute oft mehr Einfluss auf die Buchungsentscheidung als Preis oder Marke. Sie sind in vielen Fällen der erste echte Kontaktpunkt und prägen maßgeblich den Gesamteindruck. Positive Stimmen stärken nicht nur das Vertrauen, sondern verbessern auch die Sichtbarkeit bei Google und auf Buchungsplattformen. Algorithmen bevorzugen aktuelle, relevante Inhalte – ebenso KI-basierte Suchsysteme, die Bewertungen zunehmend als Qualitätsindikator in Reiseempfehlungen integrieren. Wer digital überzeugt, wird real gebucht.
Bewertungen lenken
Gäste teilen ihre Erfahrungen aus Begeisterung oder Frust. Rezensionen sind emotional, aber auch sozialer Austausch. Hotels können diese Dynamik aktiv nutzen – etwa durch freundliche Feedback-Anfragen beim Checkout, Follow-up-Mails oder QR-Codes im Zimmer. Wichtig: Jede Bewertung verdient eine zeitnahe und professionelle Antwort. Das signalisiert Wertschätzung und gelebte Kundenorientierung.
Google my Business als Pflichtprogramm
Ein gepflegtes Google-Profil ist längst kein Nice-to-have, sondern Standard. Bewertungen, Fotos, Öffnungszeiten und Q&A beeinflussen direkt das Ranking bei lokalen Suchanfragen. Aktives Community-Management – Fragen beantworten, um Feedback bitten – steigert die lokale Sichtbarkeit und funktioniert auch ohne großes Marketingbudget.
Marketing-Booster mit Echtheitsgarantie
Rezensionen wirken am stärksten, wenn sie aktiv eingebunden werden. Ein Beispiel: Ein Basler Stadthotel steigerte Direktbuchungen, indem es besonders positive Gästestimmen prominent auf der Website und in Social Media platzierte. Auch im Newsletter oder in Anzeigen schaffen authentische Zitate Glaubwürdigkeit – und erhöhen die Klickrate.
Interaktion schafft Vertrauen
Bewertungen sind ein zentraler Teil der digitalen Gästereise. Wer den Dialog ernst nimmt, Feedback sichtbar macht und auf Augenhöhe kommuniziert, stärkt die Online-Reputation und fördert nachhaltige Bindung. Denn Vertrauen entsteht nicht nur durch Worte – sondern durch Reaktion.
Quelle, Autorin: Carolin Schuhmann ist Strategic Business Development Managerin bei Online Birds.
