Der klassische Hotelneubau hat es schwer: steigende Baukosten, restriktive Kreditvergabe, zunehmende Unsicherheiten auf den Finanzmärkten. Die Antwort der grossen Hotelkonzerne lautet: Conversion. Marriott macht es in Europa vor, doch auch Hilton, IHG, Accor und Hyatt forcieren diese Strategie. Für die Hotellerie bedeutet das nichts weniger als eine grundlegende Transformation.
Marriott, der grösste Hotelkonzern der Welt, setzt in Europa verstärkt auf Conversions. Der Grund: Kredithemnisse und explodierende Baukosten machen traditionelle Neubauten unattraktiv. Anstatt neue Hotels zu errichten, setzt Marriott auf die Umwandlung bestehender Häuser in Markenhotels. Neue, conversion-freundliche Marken wie «Four Points Flex by Sheraton» – 2023 lanciert – sind dabei zentral für das Midscale-Segment. Bis 2026 sollen rund 50 Hotels in Europa konvertiert oder neu eröffnet werden – darunter auch Häuser in der Schweiz (Zürich, Genf).

Besonders erfolgreich sind die sogenannten Soft Brands wie «Autograph Collection», «Tribute Portfolio» oder «Luxury Collection». Diese bieten unabhängigen Hotels einen schnellen Zugang zum Marriott-System, ohne dass sie ihre Individualität komplett aufgeben müssen. Parallel dazu bleibt das Luxussegment ein Eckpfeiler: Rund 10% der Pipeline betreffen High-End-Marken wie «St. Regis» oder «W Hotels», unter anderem in London und Manchester.

Mit dem Kauf von «CitizenM» hat Marriott zudem eine kompakte, technologieorientierte Marke ins Portfolio geholt – eine strategische Ergänzung zu «Moxy», die sowohl Primär- als auch Sekundärmärkte adressiert. Auffällig ist auch die stärkere «Lokalisierung»: Marriott entfernt sich von starren globalen Standards und passt Marken flexibler an lokale Märkte und Eigentümerbedürfnisse an.

Conversions als Branchen-Trend
Marriott ist nicht allein. Alle grossen Hospitality-Player setzen heute auf Conversions.
- IHG: Laut eigenen Angaben stammten Anfang 2025 bereits rund 60% der Hotelöffnungen weltweit aus Conversions. Mit Marken wie Vignette Collection oder Six Senses positioniert sich IHG stark in Nischen, die flexible Integration ermöglichen.
- Hilton: Mit Spark by Hilton wurde 2023 eine Marke geschaffen, die praktisch ausschliesslich auf Conversions ausgerichtet ist. Renovierungen sind bewusst kosteneffizient kalkuliert, um Eigentümer anzulocken.
- Accor: Rund 58% der Neuhotelöffnungen 2024 waren Conversions. Marken wie MGallery, Handwritten Collection oder Emblems sind gezielt auf unabhängige Hotels zugeschnitten, die ihre Identität behalten und dennoch vom Accor-Vertriebssystem profitieren wollen.
- Hyatt: Mit Marken wie Unbound Collection oder JdV by Hyatt bietet Hyatt flexible Plattformen für Conversion-Partner, die sich zwar global anbinden, aber lokal differenzieren wollen.

Warum Conversions boomen
Finanzielle Machbarkeit: Neubauten sind kapitalintensiv, langwierig und riskant. Conversions bieten einen schnelleren ROI.
OTA-Druck und Vertriebskosten: Markenbindung sichert unabhängigen Hotels bessere Sichtbarkeit und senkt die Abhängigkeit von Buchungsplattformen.
Kundenloyalität: Loyalty-Programme wie Marriott Bonvoy oder Hilton Honors bringen sofortige Nachfrage.
Flexibilität der Soft Brands: Hotels können Teile ihrer Identität bewahren, während sie gleichzeitig von globalen Standards profitieren.

Risiken und offene Fragen
Allerdings: Conversions sind kein Selbstläufer. Eigentümer müssen Umbaukosten stemmen, Markenstandards einhalten und riskieren den Verlust ihrer individuellen DNA. Zudem besteht die Gefahr einer «Markeninflation»: Wenn jede Gruppe immer neue Labels lanciert, droht die Verwässerung der Profile.
Wie weiter?
Die Hotellerie steht – auch in der Schweiz – vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Conversions sind nicht länger nur eine Übergangslösung in Flaute-Zeiten, sondern haben sich zu einem strategischen Kernelement entwickelt. Für unabhängige Hotels bedeutet das eine klare Entscheidung: Entweder den Weg in eine Markenwelt antreten – oder mit wachsendem Risiko die eigene Austauschbarkeit akzeptieren.

Beachten Sie Teil 2 des Hotel Inside-Reports Hotel-Conversions: Wie Schweizer Hotels zur Marke werden
Die folgende Hotel Inside-Übersicht fasst die wichtigsten Kennzahlen, Trends und Hintergründe zum Thema Hotel-Conversions bei den grossen internationalen Hotelgruppen zusammen. Basis sind Unternehmensangaben, Branchenberichte und aktuelle Marktanalysen (Stand 2024/2025).

Wichtige Kennzahlen & Thesen:
- Marriott: Rund 1/3 aller Neuöffnungen 2025 in Form von Conversions. Marken: Four Points Flex by Sheraton, Autograph Collection, Tribute Portfolio, Luxury Collection. Bis 2026 sind allein in Europa 50 Conversions im Midscale-Segment geplant.
- IHG: Etwa 60% der globalen Eröffnungen im Q1 2025 durch Conversions; rund 40% der Neuverträge ebenfalls. Conversion-freundliche Marken: Vignette Collection, Six Senses, Hotel Indigo.
- Hilton: Einführung der Conversion-Marke Spark by Hilton (2023). Kalkulierte Renovierungskosten: 20.000 bis 25.000 US-Dollar pro Zimmer. Steigende Conversion-Anteile im Midscale-Segment.

- Accor: Rund 58% der Neuöffnungen 2024 waren Conversions. Starke Nutzung von Soft Brands wie MGallery, Handwritten Collection und Emblems Collection.
- Hyatt: Ausbau der Soft Brands JdV by Hyatt und The Unbound Collection. Gezielt für unabhängige Häuser, die ihre Identität teilweise bewahren wollen.
- Treiber: Steigende Baukosten, restriktive Kreditvergabe, Marktsättigung in Europa/Nordamerika. Conversions gelten als schneller, günstiger und risikoärmer als Neubauten.
- Nutzen für Hoteliers: Zugang zu globalen Vertriebskanälen, Loyalty-Programmen (z.B. Marriott Bonvoy, Hilton Honors), gesteigerte Sichtbarkeit und Preismacht.

- Risiken: Umbaukosten, Bindung an Markenstandards, Verlust von Individualität, Gefahr einer Markeninflation durch zu viele Labels.
Fazit: Conversions sind heute kein Randphänomen mehr, sondern ein strukturelles Wachstumsmodell der internationalen Hotellerie. Besonders in Europa, wo der Bestand an unabhängigen Hotels hoch ist, wird der Druck zur Markenbindung weiter steigen.

