Zehn Jahre Hotel-Innovations-Award – und nun ist Schluss. GastroSuisse stellt den Wettbewerb ein, nachdem die Jury zuletzt immer seltener echte Leuchtturmprojekte fand. Ein persönlicher Rückblick auf eine Idee, die wichtig war, aber am Ende zu wenig Strahlkraft entfaltete.
Es ist kein Geheimnis: Die Jury des Hotel-Innovations-Awards hatte in den letzten Jahren oft Mühe, wirklich bahnbrechende Konzepte zu bewerten und auszuzeichnen. Zwar gab es immer wieder gute Ideen, kreative Ansätze und engagierte Projekte – aber so richtige Gamechanger, die nationale oder gar internationale Massstäbe setzten, waren selten. Innovation im grossen Stil war eher die Ausnahme als die Regel.
Natürlich gab es Highlights: Etwa das «Bretterhotel» in Brienz, wo sich alles um Holz, Handwerk und die legendären Trauffer-Holzkühe drehte – ein charmantes, authentisches Konzept mit starkem Bezug zur Region. Oder das vielleicht grösste Glanzstück der letzten Jahre: das neuartige Beherbergungskonzept Stay KooooK der SV Hotels. Hier stimmt alles: Zeitgeist, Skalierbarkeit, Digitalisierung, Wirtschaftlichkeit. Ein Konzept, das längst über die Schweiz hinausstrahlt und in der gesamten DACH-Region expandiert. Das ist echte Innovation – modern, durchdacht und marktrelevant.
Doch so erfolgreich einzelne Projekte auch waren, die meisten «Kandidaten» blieben lokal verankert, sympathisch, aber begrenzt in ihrer Wirkung. Es fehlte oft an Vision, an Mut, an unternehmerischem Denken über das eigene Haus hinaus. Viele Innovationen waren Verbesserungen im Detail oder rein architektonische «Stücke» – keine Konzepte, die Trends setzen oder neue Geschäftsmodelle prägen.
Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass GastroSuisse entschieden hat, den Award nach zehn Jahren einzustellen. Die Veranstalter suchen nun nach einem neuen Event-Format – mit stärkerem Fokus auf die Gastronomie, was angesichts der Mitgliederstruktur naheliegt. Immerhin repräsentiert GastroSuisse rund 2500 Hotelbetriebe oder Häuser mit Zimmerangebot, ein Aspekt, der häufig übersehen wird. Trotzdem: Das Gastgewerbe verändert sich, und Formate müssen sich mitentwickeln.
Aus meiner persönlichen Perspektive war es eine bereichernde Erfahrung, in der Jury zu sitzen und kreative Menschen kennenzulernen, die mit Leidenschaft an ihren Projekten arbeiteten. Aber es bleibt die Erkenntnis: Echte Innovationen mit internationaler Strahlkraft waren rar. Das bestätigt einmal mehr meine These, dass die Schweiz in puncto Hotelinnovation schon bessere Zeiten erlebt hat.
Ein Blick zurück in die Geschichte genügt: Im 19. und Anfang des 20. Jahrhundert, zur Zeit der Belle Époque, war die Schweiz ein Epizentrum der Hotellerie-Innovation. Namen wie Cäsar Ritz, Johannes Badrutt, Alexander Seiler, Anton Bon oder Franz Josef Bucher-Durrer prägten eine Ära, in der Servicequalität, Architektur und Erlebnisdenken neu definiert wurden. Hier entstanden Ideen, die weltweit Schule machten – die Grand Hotellerie wurde praktisch in der Schweiz erfunden. Und Ritz’ Philosophie des perfekten, individuellen Service ist bis heute globaler Standard.
Vielleicht ist genau das der Punkt: Wir reden viel über Innovation, aber vergessen manchmal, dass sie Mut, Vision und den Willen zur Veränderung braucht. Die Schweiz hat alle Voraussetzungen dafür – eine traditionsreiche Hotellerie, starke Marken, kluge Köpfe, hervorragende Hotelfachschulen. Was fehlt, ist oft der Glaube, dass man wieder Pionier sein kann. Der Hotel-Innovations-Award war ein Versuch, diesen Geist zu wecken. Vielleicht ist sein Ende nicht das Scheitern eines Projektes, sondern der Beginn einer neuen Idee – einer, die die Branche wirklich bewegt.
Das Waldhuus Bellary in Grindelwald ist der Gewinner des Hotel-Innovations-Awards 2025. Mit seinem kreativen Retro-Konzept «Back to the 70s» überzeugte das Haus die Jury durch Mut, Nachhaltigkeit und eine klare Ausrichtung auf die junge Generation. Der Preis wurde im Rahmen des 10. Innovations-Tages von GastroSuisse in Luzern verliehen – einer Veranstaltung, die zugleich den Schlusspunkt unter eine Ära setzte. Hotel Inside war Medienpartner und Mitglied der Jury.
Der diesjährige Hotel-Innovations-Award geht an das Waldhuus Bellary in Grindelwald für das Konzept «Back to the 70s». Das Projekt überzeugte die Jury durch seine kreative und zugleich nachhaltige Umsetzung. Aus einem Traditionshaus wurde eine trendige Unterkunft für junge und junggebliebene Gäste. 25 Zimmer im Stil der 1970er-Jahre, eine Bar, eine Lounge und ein grosser Garten schaffen eine entspannte Atmosphäre mit Blick auf den Eiger. Bestehende Möbel und Fliesen wurden sorgfältig aufgearbeitet und in das neue Design integriert – ein klares Zeichen für Ressourcenschonung und Stilbewusstsein. Check-in, Bezahlung und Zimmerzugang erfolgen digital per Smartphone – das Retro-Konzept trifft auf moderne Technologie.
Laudatio für Mut, Strategie und Weitblick
«Das Waldhuus zeigt, was passiert, wenn man Mut, Kreativität und strategisches Denken miteinander verbindet», sagte Peter Gloor, Direktor der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit, in seiner Laudatio. Er würdigte das Projekt als Paradebeispiel dafür, wie Innovation und Tradition zu einem stimmigen Ganzen verschmelzen können.
Die Jury, bestehend aus sieben renommierten Branchenvertretern – darunter Hans R. Amrein (Hotel Inside), Margrith Blum (Berghilfe), Beat Imhof (Präsident GastroSuisse), Christian Laesser (Professor HSG), Nicoletta Müller (Marketingfachfrau) und Martin Nydegger (Direktor Schweiz Tourismus) – hob besonders die klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse der jungen Generation hervor. Die «Groove Crew», wie das Team des Waldhuus genannt wird, verkörpert laut Peter Gloor eine neue Art des Arbeitens: kreativ, digital, mitgestaltend und voller Freude an der Aufgabe.
Abschied und Aufbruch
Nach 17 Jahren fand der Innovations-Tag in dieser Form zum letzten Mal statt. «Wir schaffen Raum für Neues“, erklärte Bruno Lustenberger, Vorstandsmitglied von GastroSuisse. Wie die Nachfolgeveranstaltung von GastroSuisse in Zukunft aussehen wird, steht noch nicht fest. Derzeit mache man sich im Verband Gedanken über ein neues Event-Format, so ein GastroSuisse-Exponent zu Hotel Inside. In jedem Fall wolle man in Zukunft noch intensiver mit HotellerieSuisse – im Rahmen des Hospitality Summit – kooperieren.
Hotel Inside war Medienpartner des Hotel Innovations Awards – und Hans R. Amrein, Publizist, Dozent und Chefredaktor von Hotel Inside, war seit Beginn Mitglied der Jury.
