Nach acht Jahren Bauzeit und Investitionen von rund sechs Milliarden US-Dollar hat das Waldorf Astoria in New York wieder seine Türen geöffnet. Einst Symbol für Glamour und gesellschaftliche Höhepunkte, ist das Hotel nun ein Hybrid aus Luxusunterkunft und exklusiven Eigentumswohnungen – und das Herzstück von Hiltons Luxusstrategie.

Das Waldorf Astoria an der Park Avenue gilt seit jeher als Inbegriff der New Yorker Hotellerie. Nach jahrelangem Stillstand, einem chinesischen Eigentümerdrama und immensen Kostensteigerungen feiert das Haus nun sein Comeback – als Mischung aus 375 Hotelzimmern und 372 Luxusapartments.
Die Geschichte des Umbaus begann spektakulär: 2014 erwarb der chinesische Unternehmer Wu Xiaohui das Waldorf Astoria für 1,95 Milliarden US-Dollar – damals die teuerste Hoteltransaktion weltweit. Wu plante, das Traditionshaus in nur drei Jahren in ein neues Luxuskonzept mit Hotelsuiten und Eigentumswohnungen zu verwandeln. Doch schnell zeigte sich, dass die Realität den Visionen nicht standhalten konnte. Strenge Denkmalschutzauflagen, hohe Lohnkosten und komplexe technische Modernisierungen machten die ambitionierten Pläne unerfüllbar.


Das Projekt geriet ins Wanken, als Wu 2017 wegen Finanzvergehen verhaftet wurde. Sein Firmenimperium brach zusammen, und der chinesische Staat übernahm das Ruder: Seither liegt die Verantwortung für das Waldorf bei der staatseigenen Dajia Insurance Group. Unter ihrer Ägide explodierten die Kosten: Zusammengerechnet belaufen sich Kaufpreis und Renovierung nun auf etwa 6 Milliarden US-Dollar. Treiber waren unter anderem hohe Abfindungen für Gewerkschaftsmitarbeiter, umfassende Modernisierungen der Haustechnik und die detailgetreue Restaurierung der denkmalgeschützten Interieurs.

Für Hilton ist das wiedereröffnete Waldorf Astoria jedoch ein Prestigeobjekt. Als «Flaggschiff» der weltweiten Luxusmarke soll es die Strahlkraft der traditionsreichen Hotelkette sichern. Die Preise sprechen für sich: Eine Nacht im Hotel beginnt bei 1.500 US-Dollar.
Doch trotz der glanzvollen Rückkehr bleiben Zweifel. Branchenkenner fragen sich, ob die chinesischen Eigentümer jemals ihre gigantische Investition zurückerhalten werden. Die Marke Waldorf mag ungebrochenen Glanz ausstrahlen – ob daraus aber ein finanzielles Erfolgsmodell wird, ist noch ungewiss.









Das Waldorf ist so eng mit der Geschichte Manhattans verwoben wie das Empire State Building, das im selben Jahr an der Stelle des ursprünglichen, 1929 abgerissenen Hotels eröffnet wurde. Der jetzige Waldorf-Bau an der feineren Park Avenue war lange das höchste, grösste Hotel der Welt, mit 2200 Zimmern. Alle hatten Telefon, ein Novum.

Passanten flanierten durch die Lobby, um den Prunk zu bestaunen und die High Society, die sich dort traf. Die Türme, 47 Etagen hoch, galten als «vertikales Beverly Hills», die Präsidentensuite diente als Alterssitz für Ex-Präsident Herbert Hoover und nach dessen Tod als regelmässige Unterkunft für seine Nachfolger. Seit 1972 gehört das Waldorf zur Hilton-Kette. Bis der chinesische Versicherungskonzern «Anbang» 1,95 Milliarden US-Dollar hinblätterte – ein Weltrekord für einen Hotelkauf (vgl. Text oben).

Entworfen hat das Waldorf-Astoria das Designbüro Shultze und Weaver, seit 1993 ist es ein historisches Wahrzeichen. Unzählige Berühmtheiten sind seit der Eröffnung im Waldorf-Astoria abgestiegen und deren Geschichten, Skandale und Erlebnisse sind inzwischen genauso legendär wie das berühmte Hotel. Zahlreiche Filme wurden hier gedreht: Marilyn Monroe, Grace Kelly, Elizabeth Taylor und Frank Sinatra zählten zu den Gästen. Queen Elizabeth war in den 1950er-Jahren hier zu Gast.


Nachtleben in New York
Zwischen den 1930er- und 1950er-Jahren war das Waldorf-Astoria ein fester Bestandteil des New Yorker Nachtlebens. Die Big Bands von Count Basie und Glen Miller gingen hier ein und aus und mit der Radiosendung „Direct from the Starlight Roof of the Waldorf-Astoria“ wurde ihr Sound in Amerikas Wohnzimmer übertragen. Der Violinist Xavier Cugat war einer der verrücktesten Stars – der „Rumba-König“ aus Spanien leitete auch das Stammorchester des Hotels. Mit seinen Eskapaden brachte er den damaligen Hotelmanager Lucius Bommer oft an den Rand des Nervenzusammenbruchs.

Cole Porter, eine eigene Story
Auch der 1964 verstorbene Cole Porter, Komponist von zahlreichen Welthits, gehörte zu den ständigen Gästen in den Luxustürmen des Waldorf-Astoria. Seine private Suite im 33. Stock des Hotels ist legendär. Für die 10-Zimmer-Suite mit knapp 500 Quadratmetern importierte der Musiker antiken Parkettboden aus einem französischen Schloss, an den Wänden hingegen teure Orientteppiche und die Bibliothek liess Porter sich mit echtem Schildkrötenleder auskleiden. Ein Klavier aus Mahagoni vervollkommnete die Einrichtung. Das Klavier kann man heute in der Lobby des Hotels besichtigen und bewundern.

Elsa Maxwell, “Madame of the Waldorf“
Eine der schillerndsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Waldorf-Astoria war Elsa Maxwell, eine enge Freundin von Cole Porter. Sie veranstaltete nicht nur die besten Partys der Stadt, sondern war auch eine anerkannte Gesellschaftskolumnistin. Ihre sagenhaften Bälle waren berühmt und jeder ihrer Bälle hatte ein Thema – und wenn das Motto Indien war, dann scheute sich das Management auch nicht, lebendige Elefanten in den Grand Ballroom zu schaffen.
Aber sie ging in den 1930er-Jahren noch einer anderen Beschäftigung nach: sie betrieb eines der exklusivsten Bordelle der Stadt. Jeden Sonntag trafen sich die Zuhälter in Maxwells Hotelzimmer zum Brunch, um die wöchentlichen Provisionen für Madame in die Bowleschale zu werfen.

Claudius Charles Philippe, Herrscher der Bankette
Seit den 1940er-Jahren war Claudius Charles Philippe der ungekrönte König der Gastronomie im Waldorf-Astoria. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Oscar Tschirky, der auch den berühmten Waldorfsalat erfunden hatte, galt er als arrogant, wenig feinfühlig und gnadenlos. Die fehlende soziale Kompetenz machte er mit seiner außergewöhnlichen Geschäftstüchtigkeit wett. Angeblich sorgte er in den 28 Jahren seiner Tätigkeit als oberster Bankettmanager für 150 Millionen Dollar Umsatz.

Nathan Cummings und die 100-Millionen-Dollar-Suite
Die Suite des amerikanischen Grossindustriellen Nathan Cummings im Waldorf-Astoria erinnerte in den 1970er-Jahren an ein Museum. Moderne Skulpturen und peruanische Keramik waren auf die Zimmer verteilt und an den Wänden hingen Werke von Chagall, Matisse, Degas, Monet, Renoir und Picasso. Diese Sammlung, die nur ein Teil der gesamten war, wurde damals bereits auf 100 Millionen Dollar geschätzt. Seine Nachbarin, die Herzogin von Windsor, lieh sich gerne immer wieder eins der kostbaren Werke zur Dekoration für ihre Suite aus.

Die ungeliebten Windsors und die Royal-Suite
Der Herzog und die Herzogin von Windsor waren nicht nur bei ihren Verwandten reichlich unbeliebt. Prinz Edward und seine amerikanische Frau Wallis Simpson waren Ende der 1930er-Jahre auch im Waldorf-Astoria nicht besonders willkommen. Dabei war ihre Royal Suite aus verschiedenen Gründen ein echtes Schnäppchen gewesen, denn die königlichen Herrschaften hatten sich zu einem Zeitpunkt einquartiert, als sich die New Yorker Hotels aufgrund einer Wirtschaftskrise einen erbitterten Preiskampf lieferten. Beim Personal gerieten sie wegen der miserablen Trinkgelder und der ständigen Nörgeleien am Service in Verruf. Nichtsdestotrotz residierten sie Ende der 1950er Jahre immer noch in dem Luxushotel an der Park Avenue, und das weiterhin zu einem unverschämt niedrigen Preis.

Nikita Chruschtschow und der Fahrstuhl
Für grosse Aufregung sorgte 1959 der Besuch des sowjetischen Ministerpräsidenten, Nikita Chruschtschow. Präsident Eisenhower hatte den Vollblut-Kommunisten eingeladen – es war eine Sensation. Mehr als 2000 Geschäftsleute drängelten sich im Ballsaal, um bei dem Auftritt des obersten Sowjets dabei zu sein. Das Missgeschick, das Chruschtschow auf dem Weg zur Veranstaltung ereilte, hätte beinahe in einer Katastrophe geendet. Zwischen dem 23. und 24.Stock blieb der Fahrstuhl stecken. Die Agenten des KGB und des Secret Service waren in höchster Alarmbereitschaft, da sie einen Anschlag vermuteten. Zur allgemeinen Erleichterung stellte sich jedoch heraus, dass es sich lediglich um einen technischen Defekt handelte.

Die Präsidentensuite
Seit Herbert Hoover verbrachten alle Präsidenten ihren Aufenthalt im Waldorf-Astoria, was vor allem Sicherheitsgründe hatte, da das Hotel seit jeher über einen unterirdischen Zugang verfügt. Präsident Franklin D. Roosevelt und General Douglas MacArthur nutzten zur heimlichen Anreise sehr gerne den hoteleigenen Bahnsteig, von dem man von der acht Häuserblocks entfernten Central Station direkt in das Hotel gelangen konnte.
Mittlerweile ist es bei den Präsidenten Brauch geworden, nach ihrem Aufenthalt etwas zum Inventar der Suite beizusteuern. Kennedy spendete einen Schaukelstuhl, Ronald Reagan einen goldenen Spiegel und Jimmy Carter ein Schreibset. Ob Donald Trump bereits einen persönlichen Gegenstand hier gelassen hat, ist nicht bekannt.




