
In der Küstenregion wird personelle Unterbesetzung zum Problem. Holger Herweg, Herausgeber des Nordsee Tourismus Report, zeigt wie Hotels und Restaurants mit gezielten Maßnahmen spürbare Entlastungen schaffen können.
Der Fachkräftemangel stellt eine zunehmende Herausforderung für die Tourismuswirtschaft dar, insbesondere in stark frequentierten Urlaubsregionen wie der Nordseeküste. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wird die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter bis Mitte der 2030er-Jahre voraussichtlich um bis zu 4,8 Millionen zurückgehen. Diese demografische Entwicklung hat bereits heute spürbare Auswirkungen auf die touristische Infrastruktur.
Der Nordsee Tourismus Report 2024 zeigt, dass 53 Prozent der befragten Urlauber den Fachkräftemangel bewusst wahrnehmen – ein Anstieg um 13 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Besonders häufig genannt wird die Gastronomie, in der 40 Prozent der Gäste personelle Engpässe feststellen. Im Einzelhandel liegt dieser Wert bei 20 Prozent, in Hotels und Unterkünften bei 14 Prozent. Auch Touristeninformationen bleiben nicht unberührt: Hier nehmen 10 Prozent der Befragten Personalengpässe wahr.

Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass der Fachkräftemangel nicht nur interne Abläufe in Betrieben betrifft, sondern zunehmend auch die Wahrnehmung und das Urlaubserlebnis der Gäste beeinflusst. „Der Fachkräftemangel schlägt mit ganzer Wucht gegen die Nordseeküste“, sagt Holger Herweg, Geschäftsführer Pathfinding AG und Herausgeber des Nordsee Tourismus Report. „Das ist aber kein Grund, den Kopf in den Dünensand zu stecken, denn es gibt gute Nachrichten und Lösungen.“
Serviceprozesse vereinfachen und Mitarbeitende sichtbar machen
Ein effektiver Ansatz zur Entlastung des Personals in Gastronomiebetrieben besteht in der gezielten Vereinfachung von Serviceabläufen, idealerweise in Kombination mit digitalen Lösungen. Laut Holger Herweg liegt eines der größten Einsparpotenziale im Getränkeservice. Durch die Einrichtung eines Self-Service-Bereichs an der Theke können Abläufe optimiert und personelle Ressourcen geschont werden. Gästen kann dabei ein Preisvorteil für die Nutzung des Selbstbedienungsangebots gewährt werden. Die Umsetzung ist laut Herweg mit geringem Aufwand möglich und lässt sich bei Bedarf später um professionelle Selbstbedienungssysteme erweitern. Zusätzlich empfiehlt er, das Speisenangebot zu fokussieren – etwa durch die Konzentration auf bewährte Kerngerichte, die Einführung eines Express-Lunch-Angebots für die Mittagszeit sowie die Möglichkeit zur Vorbestellung mit Preisvorteil.
Auch eine flexible Tischplanung, angepasst an die aktuelle Personalsituation, kann zur Entlastung des Teams beitragen und Überlastung vorbeugen. Ziel ist es, die vorhandenen Mitarbeitenden nicht zusätzlich zu belasten und langfristig zu binden. Ein weiterer Vorschlag: Mitarbeitende bewusst in den Mittelpunkt stellen, um ihre Rolle im Betrieb sichtbar zu machen. Dies kann beispielsweise durch einen Aushang wie „Heute im Service-Team“ mit Foto und kurzem Steckbrief erfolgen – eine einfache Maßnahme, die Wertschätzung zeigt und das Team stärker in den Fokus der Gäste rückt.
Digitale Tools: Schnell umgesetzt, dauerhaft entlastet
Digitale Tools bieten zahlreiche Möglichkeiten, um arbeitsintensive Abläufe effizienter zu gestalten und das Personal im Tagesgeschäft zu entlasten. Prozesse wie Reservierungen, Bestellungen oder Bezahlvorgänge lassen sich durch den gezielten Einsatz digitaler Anwendungen deutlich vereinfachen. „Bereits innerhalb weniger Tage können viele digitale Maßnahmen umgesetzt werden – oft unterschätzen Betriebe, wie schnell erste positive Effekte spürbar werden“, betont Herweg weiter. Gleichzeitig gebe es in der Branche immer noch Vorbehalte gegenüber digitalen Lösungen, etwa aufgrund befürchteter Komplexität oder Umstellungsaufwand. „Dabei sind viele Tools intuitiv nutzbar und sofort entlastend – zum Beispiel ein kostenfreies Online-Reservierungssystem oder digitale Speisekarten im PDF-Format, die per QR-Code am Tisch abrufbar sind.“ Langfristig seien professionelle Reservierungsplattformen, digitale Infosäulen oder vollständig integrierte Bestell- und Bezahlsysteme vielversprechende Optionen, um betriebliche Abläufe nachhaltig zu optimieren. red/mz
