Selbstgebackenes Brot ist ein Angebot, das auch im Hotel geschätzt wird. Es steht für Qualität, Regionalität und ein authentisches Gästeerlebnis, wie drei Experten berichten.
Regionalität und Authentizität erfahren zunehmend mehr Wertschätzung. In der Gastronomie kann man dies zum Beispiel mit selbst gebackenem Brot vermitteln. Ein Potenzial, das auch Hoteliers als Alleinstellungsmerkmal für sich entdecken. Denn Brot ist nicht nur ein Lebensmittel: Es kann auch ein Statement für Qualität, Ursprünglichkeit und eine tiefe Verbindung zur Region abgeben.
Für Thomas Hofer, Drei-Haubenkoch vom Bergergut im Mühlviertel in Österreich, ist Brot kein Trend, sondern ein „wichtiges Grundnahrungsmittel“ und ganz klar Teil der Positionierung und Philosophie seines Hauses. Eine Ansicht, die auch Stefan Lewe, Bäckermeister vom Landhotel Voshövel in Schermbeck, teilt: „Unsere Gäste sollen das hohe Qualitätsversprechen, das wir für unsere Produkte abgeben, auch tatsächlich schmecken können.“ In der Seezeitlodge in Nohfelden greift Chef Patissier Nico Klink die Familientradition des Backhandwerks wieder auf. Zwar wurde das Hotel erst 2017 als Neubau eröffnet, doch die einsehbare Backstube mit großem Brotbackofen ist eine bewusste Hommage an die familiären Wurzeln: Das Unternehmen Wagner Pizza ging ursprünglich aus einer Bäckerei hervor. „Die Backstube ist eine Erinnerung an diese Tradition – und zugleich ein sichtbares und genussvolles Zeichen unserer Handwerksqualität“, so Klink.

Die Wahl der Rohstoffe: Grundlage für Qualität
Die Qualität des Brotes beginnt bei den Zutaten. Thomas Hofer bezieht seine Mehle von zwei kleinen Naturmühlen im Mühlviertel, der Dirneder Mühle und dem Mauracher Hof. Letzterer gelte als „nachhaltigste Mühle im deutschsprachigen Raum“ und vermehrt sogar das Saatgut selbst, bevor das Getreide frisch vermahlen wird. Wer damit arbeitet, nimmt bewusst natürliche Schwankungen im Mehl in Kauf, was mehr Erfahrung beim Backen erfordert – ein klarer Kontrast zur standardisierten Industrieware Hofer betont auch den grundlegenden Unterschied zwischen handwerklich gebackenem Brot und industriellen Produkten: „Industrielle Teige enthalten meist extrem wenig Wasser, damit sie maschinell verarbeitet werden können. Das senkt zwar die Produktionskosten, geht jedoch zulasten von Geschmack und Textur. Hochwertige Teige hingegen sind deutlich wasserreicher und lassen sich nur von Hand verarbeiten – denn Maschinen würden verkleben und Schaden nehmen.“
„Wenn man Teigen die nötige Zeit gibt – so wie es früher auch war – ist das Brot bekömmlicher.“
Stefan Lewe, Bäckermeister im Landhotel Voshövel
Auch Stefan Lewe vom Landhotel Voshövel setzt auf Qualität der Mehle. Er arbeitet seit Jahren mit einer Bio-Mühle in Niedersachsen zusammen. Spezialmehle bezieht er von einer Bio-Mühle im Sauerland. Zwar ist die Sackware dort deutlich teurer, doch für ihn steht die Qualität an erster Stelle. Für Brote aus Weizen verwendet Lewe zudem Mehl einer Mühle aus Landshut, die besonders kleberstarkes Mehl liefert – ideal für luftige Brote mit Volumen. Nico Klink von der Seezeitlodge wiederum vertraut auf individuell abgestimmte Mehlmischungen, die gemeinsam mit der Firma Komplet entwickelt wurden. Weitere Zutaten kommen von regionalen Partnern wie Bäckereibedarf Albert Bauermann in Illingen.
Gut Ding will Weile haben: Die Magie des Sauerteigs
Die drei Experten schwören allesamt auf Sauerteig und lange Teigführungen. Thomas Hofer arbeitet ausschließlich mit Sauerteig und lässt seine Teige 24 bis 48 Stunden reifen. Die Vorteile liegen für ihn klar auf der Hand: eine höhere Bekömmlichkeit und ein intensiveres Aroma. „Und der Aufwand lohnt sich“, schwärmt Hofer.
Auch Stefan Lewe betont, wie stark die Bekömmlichkeit vom Reifeprozess abhängt: „Es gibt viele Menschen, die Weizen nicht gut vertragen und Dinkel bevorzugen. Wenn Weizen allerdings richtig verarbeitet wird und man den Teigen die nötige Zeit gibt – wie früher – ist der Weizen ebenfalls bekömmlicher. Die sogenannten Fodmaps, also schwer verdauliche Zuckerstoffe und gärbare Kohlenhydrate, werden bei einer langen Reifezeit fermentiert, was das Brot sehr verträglich macht.“ Stefan Lewe arbeitet sogar mit vier verschiedenen Sauerteigen, darunter ein japanischer Sauerteig aus Koji-Pilzen, und bietet Brote ganz ohne Hefe an. Diese Teige reifen 24 bis 72 Stunden lang.
In der Seezeitlodge erfolgt bei der Zubereitung der Hausbrote eine 24-stündige Gärung im Gärautomaten, bei der ein Teig über den Tag hinweg durch steigende Temperaturen gegärt wird. „Dadurch ist der Vorbereitungsaufwand gering, sodass kaum Personal gebunden wird“, betont Klink.


Produktvielfalt: Von Roggen bis Rosinenstuten
Die Auswahl an Broten spiegelt die jeweilige Philosophie der Häuser wider. Im Bergergut bietet Thomas Hofer unterschiedliche Sorten wie Roggen Vollkorn, Bauernbrot – halb Roggen, halb Dinkel –, Kartoffel-Dinkel-Brot und Walnussbrot an, oft unter Verwendung von regionalem Böhmerwald-Roggen. Die Seezeitlodge serviert Hausbrot, Hafer-Sonnenblumenkernbrot und „Das Körnige“, ein Mehrkornbrot. Nico Klink erklärt: „Die Auswahl wird so getroffen, dass wir möglichst alle Geschmacksrichtungen durch unser Angebot bedienen können.“ Ergänzt wird dies durch saisonale Spezialitäten wie Kürbisbrot im Herbst. Hier wird auch ein Brühstück aus Urgetreide wie wie zum Beispiel, Dinkel, Emmer, Einkorn verwendet, bei dem die Samen überbrüht und dem Brotteig zugegeben werden, um die Saftigkeit zu fördern und das Brot länger frisch zu halten. Allergikerfreundliche oder glutenfreie Brote werden in allen drei Häusern nicht selbst gebacken, sondern zugekauft, da die Mehlstaubkonzentration in der Backstube eine garantierte Allergenfreiheit nicht zulässt.
Stefan Lewe vom Landhotel Voshövel begeistert mit einer breiten Palette, darunter Roggenlaib, Aprikose-Cashew, Dinkelchen, Rosinenstuten, Brioche, “Das Hövel”, Ur-Roggen und “Flotte Karotte”. Seine Auswahl deckt die Grundgetreidesorten (Roggen, Weizen, Dinkel) ab und bietet sowohl Sauerteig- als auch Hefebrote sowie süße Varianten. Zudem gibt es vier verschiedene Croissants und fünf weitere Brötchensorten. Für seine speziellen Kreationen arbeitet Lewe auch mit Sorten wie Waldstaudenroggen und hatte zuletzt Gelbweizen im Sortiment – „das sind Sorten, die nicht jeder hat.“ Er fügt hinzu: „Dinkel ist ein Muss und wird auch immer wieder nachgefragt. Es gibt viele Menschen, die Weizen nicht so gut vertragen und dann lieber Dinkel essen.“
Viel Zeit und Personal: Vor dem Genuss steht großer Aufwand
Selbst gebackenes Brot im Hotelbetrieb ist zweifellos aufwendig. Thomas Hofer übernimmt das Brotbacken alleine: „Kostet natürlich Zeit!“ Er betont, dass sich der Aufwand wirtschaftlich nur durch das Selbermachen lohne, aber es sei ein Mehrwert für die Gäste. Hofer beschreibt, wie die Konsistenz des Teiges ständig geprüft und gegebenenfalls angepasst werden muss – ein Prozess, den Maschinen nicht leisten können. „Eingriffe sind vor allem zu Beginn des Prozesses möglich, da das Hinzufügen von Mehl nach Start der Gärung die Harmonie des Brotes stören würde.“ Auch die Teigbearbeitung und das Formen erfordern schnelles und geschicktes Arbeiten, da die Oberfläche des Teiges sonst „bockig“ wird. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Wärmeentwicklung im Ofen: Im Holzofen kann bei 300°C gebacken werden, da die Hitze sanft und gleichmäßig abgegeben wird, im Gegensatz zu aggressiveren Elektro- oder Gasöfen mit ständiger Luftzirkulation, die zu schnellem Verbrennen führen würde.
In der Seezeitlodge beginnen die Bäcker um Mitternacht, um mit der Herstellung nicht andere Küchenarbeiten zu behindern. Nico Klink weist auf die Herausforderung hin, Fachpersonal zu finden, das bereit ist, zu diesen Zeiten zu arbeiten. Das Landhotel Voshövel beschäftigt einen Meister, einen Gesellen und eine Auszubildende in ihrer separaten Bio-Backstube, in der die Arbeitszeit um fünf Uhr morgens beginnt. Die Logistik ist bei allen Hotels gut durchdacht. Lange Teigführungen werden durch Vorbereitung am Vortag oder den Einsatz von Gärunterbrechern organisiert.
Damit Food-Waste aktiv reduziert wird, trocknet und vermahlt Hofer einen Großteil der Brotreste zu Brühstück, eine Mitarbeiterin bekommt den Rest für ihre Schweine. Die Seezeitlodge gibt übrig gebliebenes Brot an „foodsharing“ weiter, während im Voshövel Brotreste zu Paniermehl verarbeitet oder an eine Biogasanlage abgegeben werden.
Der Duft von frischem Brot: Unwiderstehlich für die Gäste
Im Landhotel liegen die Backwaren direkt vor der gläsernen Backstube in eigens angefertigten Regalen. Stefan Lewe schwärmt vom „einzigartigen Duft, der das Hotel am Morgen umgibt“ und freut sich beim Nachlegen der Backwaren über die vielen positiven Reaktionen der Gäste. Auch im Bergergut spielt die Präsentation eine wichtige Rolle – dort wird das Brot auf einem Holztisch in der hoteleigenen Greißlerei, einem kleinen Tante-Emma-Laden, angeboten. Die Seezeitlodge wiederum hat eine eigene Brotecke mit herzhaften und süßen Backwaren. „Besonders unser Dinnerbrot kommt gut an“, so Klink. Viele Hotels verkaufen ihr Brot zudem, oft auf Bestellung. Die Seezeitlodge verschenkt sogar Backmischungen als Check-out-Geschenk. Trotz des Aufwands sind sich alle einig: Das selbst gebackene Brot lohnt sich – als Investition in Marke, Gästezufriedenheit und als Extra, das viele Gäste gern mit nach Hause nehmen.
>> Der Beitrag ist in der Tophotel Ausgabe 7-8/2025 erschienen.

