
Wirtschaftliche Turbulenzen und geopolitische Spannungen prägen auch die Hospitality – doch auf dem IHIF EMEA in Berlin zeigten sich die großen Hotelunternehmen optimistisch.
Wenige Tage nach dem diesjährigen International Hotel Investment Forum (IHIF EMEA) Anfang April in Berlin hat US-Präsident Donald Trump mit seiner Zollpolitik erreicht, was dort bereits viele befürchteten: Die Aktienkurse brechen ein, die Weltwirtschaft ist bedroht. Dies hat auch Auswirkungen auf den Tourismus.
Angesichts der wachsenden Herausforderungen setzen die großen internationalen Hotelgruppen inzwischen vor allem auf Luxus- und Mittelklassehotels. Insbesondere Indien gilt in der Branche als Hoffnungsträger, Wohlstand und Mittelstand wachsen dort. Thematisiert wurden auf dem IHIF neben der Weltwirtschaft, politischen Veränderungen und der rasanten technologischen Entwicklungen im Bereich KI vor allem Strategien zur Stabilisierung und Ausbaus des Umsatzes. Hierbei spielen für alle Global Player die Kenntnisse der lokalen Märkte, ein breites Markenspektrum und starke Loyalty-Programme die größte Rolle.

Verändertes Reiseverhalten
Accor CEO Sébastien Bazin bleibt überzeugt davon, dass die Menschen weiterhin reisen werden, die aktuellen Veränderungen aber den Trend zu mehr Reisen auf dem eigenen Kontinent und zu weniger, dann aber etwas längeren Fernreisen verstärken werde. Zudem würden junge Reisende mehr Geld für F&B und für Erlebnisse, dafür aber weniger für Transport und Hotels ausgeben. „Bei Accor ist das Durchschnittsalter der Gäste 47, wir müssen für die Zukunft noch mehr die heute 15 bis 30-Jährigen ansprechen“, sagte er auf der Bühne.
Bazin unterstrich sowohl auf dem Kongress als auch beim Accor-Abendempfang im SO/ Das Stue Berlin, dass er mit Accor seine Ziele erreicht habe: Die Trennung von Accor Invest sei erfolgreich verlaufen, das Unternehmen insgesamt wesentlich internationaler geworden und sehr stark gewachsen. Auch habe er früh genug erkannt, dass er ein „Monster“ geschaffen habe, das zu groß zum Managen geworden sei. Die Abspaltung des Lifestyle-Unternehmens Ennismore sei der konsequente und richtige Schritt daraus gewesen.
„Der neue Gast sucht nach einer DNA, aber auch nach Loyalty.“
Camil Yazbeck, Chief Development Officer bei Accor,
Nach wie vor schwierig sei es, dem Wachstum von Accor und der in der Branche üblichen Fluktuation durch neue Mitarbeiter gerecht zu werden. „Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten 142.000 neue Mitarbeiter eingestellt,“ so Bazin. 70 Prozent davon hätten weder zuvor einen Job gehabt noch eine Ausbildung erhalten. In den Entwicklungsländern sieht Bazin sehr große Chancen für den touristischen Arbeitsmarkt. Dort würden in den kommenden Jahren über eine Milliarde junger Menschen nach Jobs suchen. Accor sei für sie ein verlässlicher Arbeitgeber und bliebe mit seinen Hotels auch dann in Ländern, wenn diese in Schwierigkeiten gerieten.
Auch Camil Yazbeck, Chief Development Officer bei Accor, unterstrich auf einem Panel die Bedeutung der Markenabstimmung auf die neuen Zielgruppen. „Der neue Gast sucht nicht nach einer Marke, die Teil der Big 5 ist. Er sucht nach einer DNA, aber auch nach Loyalty. Wir sollten Lifestyle in alles integrieren, was wir tun“, so Yazbeck. „Wir haben viel von Ennismore gelernt.“
Neben der Bedeutung von Revenue Management und Loyalty Programmen hob Elie Maalouf, CEO der IHG Hotels & Resorts, die starke Verbindung seines Unternehmens zu den Hoteleigentümern hervor. In Deutschland ist IHG in den vergangenen Monaten bekanntlich auch durch die Kooperationen mit Novum Hospitality und Ruby sehr stark gewachsen. Vor allem für die Mittelklasse-Marken Holiday Inn, Holiday Inn Express, Garner und Candlewood Suites sieht Maalouf in Europa noch weitere Wachstumschancen. „Wir waren immer stark in den USA und Europa, das ist eine große Basis. Aber realistisch geht die Reise inzwischen in Richtung Osten. In den Mittleren Osten, nach Indien und China“, so Maalouf.
Die Zunahme an Reichtum beflügle dabei auch den Bereich Upper Luxury. „Es gibt eine Zielgruppe, die der Preis nicht interessiert“, betont der CEO. Zudem wies er auf eine ältere Generation hin, die reicher und gesünder sei als die Generationen zuvor sage ‚wir reisen lieber, als unseren Kindern das ganze Geld zu hinterlassen‘.“ Ob Deutschland oder Japan: In vielen Ländern sei die Durchdringung mit Markenhotels noch sehr gering, die Möglichkeiten für Konversionen dagegen hoch. „Ich habe meine Karriere im Immobilienbereich begonnen, wir verstehen Owner Returns“, sagte Maalouf.
Asien im Fokus – Indien als Aufsteiger
Elie Younes, Global Chief Development Officer von Radisson, sieht im asiatischen Raum ebenfalls große weitere Wachstumschancen. „Wir haben aktuell 200 Hotels in Indien und peilen 500 an,“ erklärte er. Das Land sei der Markt mit dem besten Fundament für Wachstum. Dort sei auch ein hohes Potenzial an fleißigen und intelligenten Mitarbeitern gegeben. Ob es China einmal übertreffen werde, wisse er nicht. „Aber wir sehen aktuell mehr Reisen und mehr Kapital aus Indien.“
Flexibilität ist das A&O
Marriotts CEO Anthony Capuano präsentierte sich auf dem IHIF als Vertreter eines Familienunternehmens, dessen Augenmerk darauf ausgerichtet sei, die Loyalität seiner Gäste und Mitarbeiter zu erhalten. „Kultur ist uns sehr wichtig. Unser Unternehmen wurde vor 98 Jahren von den Eltern Bill Marriotts gegründet,“ unterstrich Capuano. Auch Marriott sieht in Europa noch viele Conversions Möglichkeiten, hat gerade aber auch die Marke Four Points für den japanischen Markt weiterentwickelt.
Satya Anand, President EMEA von Marriott International, ging auf einem anderen Panel des IHIF auf weitere Details der Marriott-Strategie ein. KI sehe man als Unterstützung des Business, setze aber immer zuerst auf den Menschen. Wie wichtig es sei, Marken auf die jeweiligen Märkte anzupassen, erläuterte er an den Beispielen von Courtyard und Residence Inn, die nicht sofort außerhalb der USA Erfolg gehabt hätten. „Manchmal ist es sowohl für die Gäste als auch für die Mitarbeiter sinnvoller, eine eigene Marke für ein Land zu kreieren“, so Anand.
Beim Eintritt mit existierenden Marken in neue Länder wolle man deren Essenz beibehalten, sie aber den jeweiligen Marktanforderungen anpassen. „Wir werden mit Moxy in Middle East expandieren, aber Zimmer mit lediglich 17 Quadratmetern Größe funktionieren in Saudi-Arabien nicht“, führte er ein Beispiel auf. Um flexibler auf Märkte reagieren zu können, sei zudem vor 18 Monaten die Marke Four Points Flex erschaffen worden. Mit ihr wolle man Kunden ermöglichen, zu einem leistbaren Preis in all diejenigen Ländern vertreten zu sein, in die sie reisen wollten.
“Erfolgreiches Leadership zeichnet sich in erster Linie durch Zuhören und nicht durch Vorgeben aus.“
Dimitris Manikis, Präsident EMEA bei Wyndham Hotels & Resorts
Menschen aus den Ländern, in denen die Expansion einer Marke geplant sei, in deren Entwicklung einzubinden sieht auch Dimitris Manikis, Präsident EMEA bei Wyndham Hotels & Resorts, als wichtiges Erfolgskonzept. „In die Entwicklung von Super 8 für den deutschen Markt haben wir drei General Manager eingebunden. Nun übertragen wir das deutsche Modell nach Großbritannien,“ so Manikis. „Erfolgreiches Leadership zeichnet sich in erster Linie durch Zuhören und nicht durch Vorgeben aus.“
Wenn CEOs Verantwortung in neuen Ländern übernehmen, ist es manchmal alleine mit Zuhören aber nicht getan, bewies Federico González, CEO der Radisson und Louvre Hotels in Berlin. Er erklärte auf die Frage, wie er mit den vielen Kulturen innerhalb seines Unternehmens umgehe: „Ich stelle mich stets per Slides vor, erkläre, wo ich herkomme und was meine Ziele sind.“ Dabei erwähne er auch, dass Spanier sehr direkt seien, er aber niemanden verletzen wolle. Früher habe er häufiger Menschen anderer Kulturen gefragt, wie die Menschen in ihrem Land tickten. Doch dabei klafften die Antworten teilweise sehr auseinander.
Führung und Inklusion
Ein Thema, das angesichts der geoökonomischen Herausforderungen auf dem diesjährigen IHIF als etwas weniger bedeutend gewichtet wurde, war der Blick auf Führung und Governance, für den sich Felicity Black-Roberts, Senior Vice President EMEA bei Hyatt auf einem Panel stark machte – das allerdings kaum Zuhörer fand. Sie wolle ihr Unternehmen aus den besten Talenten zusammensetzen, so Black-Roberts. Dafür müsse man sehr individuell auf Menschen eingehen und stets deren Unterschiedlichkeit im Auge behalten. Dies gelte insbesondere beim Thema Inklusion. „Wir nehmen uns oft nicht genügende Zeit, um Dinge zu erklären“, so Black-Roberts zu einem häufigen Fehler beim Umgang mit Mitarbeitenden. Zudem müsse man als Führungskraft herausfinden, was den einzelnen Mitarbeiter motiviere.
Die IHIF 2025 in Zahlen
- 2.500 Besucher einschließlich Investoren, Betreibern, Developers, Marken und Beratern.
- 650 Investoren und Eigentümer und Assets under Management repräsentierten 30 Prozent der Zuhörer.
- 25 Prozent der Investoren waren Erstbesucher.
- Von 190 Speakern waren 30 Prozent weiblich und damit mehr als im Branchendurchschnitt.