Die wirtschaftliche Lage der Gastronomie bleibt angespannt. Steigende Kosten für Wareneinsatz und Mitarbeiter belasten die Margen, während die Umsatzentwicklung seit 2019 stagniert. Besonders kleinere Betriebe geraten zunehmend unter Druck. Die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (OeHT), Prodinger Tourismusberatung und Kohl > Partner haben die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Branche erneut analysiert. Der Fitness-Check Gastronomie 2025 liefert detaillierte Einblicke in Umsatzentwicklung, Kostenstrukturen und erstmals auch ESG-Kennzahlen auf Basis der Jahresabschlüsse 2023
Geringe Umsatzsteigerung pro Sitzplatz – Frequenzrückgang deutet sich an
Trotz Inflation und steigender Preise bleibt die Umsatzsteigerung pro Sitzplatz im Vergleich zu 2019 gering. Besonders kleinere Betriebe mit weniger als 100 Sitzplätzen verzeichnen sogar einen Rückgang im Vergleich zu 2022, obwohl die Lebensmittelpreise und Energiekosten spürbar gestiegen sind. Dies deutet darauf hin, dass die Gästefrequenz trotz höherer Haushaltseinkommen tendenziell zurückgeht, was den wirtschaftlichen Druck auf viele Betriebe weiter erhöht.

Allein durch Preissteigerungen lässt sich die Rentabilität nicht sichern. Die Preissensibilität der Gäste nimmt spürbar zu, was dazu führt, dass Gastronomen verstärkt auf kostenoptimierte Gerichte setzen müssen, um ihre Margen zu stabilisieren.
Wareneinsätze steigen weiter – professionelles Controlling entscheidend
Die Netto-Rohaufschläge variieren stark zwischen den Betrieben. Das zeigt, dass der Umgang mit Wareneinsätzen ein entscheidender Faktor für die Rentabilität ist. Effizientes Controlling und eine umsichtige Küchencrew sind unerlässlich, um Kosten im Griff zu behalten und Margen zu sichern.
Ein genauer Blick auf die Wareneinsatz-Quoten verdeutlicht, dass sowohl im Getränkebereich als auch in der Küche spürbare Kostensteigerungen zu verzeichnen sind. Besonders kritisch ist, dass die Preisanpassungen bei Speisen insgesamt hinter der Inflation bei Lebensmitteln und Getränken zurückgeblieben sind – ein Umstand, der den Margendruck in vielen Betrieben weiter verschärft. Strategien zur Optimierung des Wareneinsatzes und eine gezielte Preisgestaltung werden damit immer wichtiger.
Kostenfaktoren steigen rasant – Mitarbeiterplanung wird zum Erfolgsfaktor
Die Lohnkosten in der Gastronomie steigen rasant – eine besondere Herausforderung für kleinere Betriebe. Trotz konstanter Produktivität, gemessen an Mitarbeitenden pro Sitzplatz, treiben die deutlich höheren Kosten pro Vollzeitäquivalent (VZÄ) den Mitarbeiteraufwand in die Höhe. Auffallend ist, dass der Anteil der Mitarbeiterkosten am Umsatz im Vergleich zum Vorjahr spürbar gestiegen ist. Das bedeutet, dass diese stärker angestiegen sind als die Umsätze.
Marco Riederer und Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung, betonen: „Um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, wird eine noch gezieltere Analyse des Mitarbeitereinsatzes essenziell: Wann und wie viele Mitarbeitende werden tatsächlich benötigt? Eine flexible Anpassung an den Umsatz pro Stunde wird damit zum entscheidenden Erfolgsfaktor.“
Wirtschaftliche Rentabilität schwindet – Kleine Betriebe & Fine Dining zunehmend in der Krise
Betriebe mit einem Umsatz von bis 300.000 Euro sind besonders stark betroffen. Ihr Ergebnis vor Steuern ist stark rückläufig und oftmals bereits negativ, vor allem durch gestiegene Kosten und den Wegfall staatlicher Unterstützungsmaßnahmen.
Stefan Brida, Controlling-Experte von Kohl > Partner, warnt: „Die klassischen Wirtshäuser geraten zunehmend unter wirtschaftlichen Druck. Die Margen sind in den letzten Jahren deutlich geschrumpft, während Kosten für Mitarbeiter und Wareneinsatz weiter steigen. Wenn Betriebe keine gezielten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ergreifen, wird sich das Wirtshaussterben unaufhaltsam fortsetzen.“
Besonders Fine-Dining-Betriebe und die Haubenküche verzeichnen hohe GOP-Einbußen, da sie neben den gestiegenen Mitarbeiterkosten auch mit höheren Wareneinsätzen und eingeschränkter Preisdurchsetzung zu kämpfen haben. Ein weiteres zentrales Ergebnis: Die Energiekosten in Prozent des Umsatzes sind im vergangenen Jahr deutlich angestiegen und mindern damit zusätzlich das operative Ergebnis.
ESG-Kennzahlen erstmals erfasst – Nachhaltigkeit wird messbarer
Zum ersten Mal wurden ESG-Daten systematisch für die Gastronomie erhoben. Die Integration von ESG-Kriterien gewinnt für Unternehmen zunehmend an Bedeutung – nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch aus ökologischer und sozialer Verantwortung. „Die Integration von ESG-Kriterien trägt sowohl sozial, ökologisch als auch wirtschaftlich zur Kostenoptimierung bei und stärkt gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit, das Image und die langfristige Widerstandsfähigkeit der Betriebe“, betont Matthias Matzer, Geschäftsführer der OeHT.
- Umwelt: Mehr als 72 % der Betriebe beziehen ihre Lieferanten aus einem Umkreis von maximal 100 Kilometern, was auf eine starke regionale Wertschöpfung hinweist. Der Wasserverbrauch pro Sitzplatz liegt bei jährlich 5,77 m³ in kleinen Gastronomiebetrieben, während das durchschnittliche Abfallaufkommen pro Sitzplatz bei 85,71 kg pro Jahr liegt.
- Soziale Aspekte: Frauen sind in der Branche zunehmend in Führungsrollen vertreten und stellen inzwischen knapp 50 % der leitenden Positionen.
- Governance: Die Fluktuationsrate von 18,47 % in größeren Betrieben deutet auf eine relativ stabile Beschäftigungssituation innerhalb der Kernbelegschaft hin.
Gerade in Zeiten steigender Betriebskosten und eines wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstseins der Gäste wird es für Betriebe essenziell, nachhaltige Maßnahmen nicht als Zusatzaufwand, sondern als strategischen Vorteil zu begreifen. Unternehmen, die ESG-Kriterien gezielt in ihre Betriebsführung integrieren, profitieren langfristig von einer stärkeren Marktposition und einem positiven Unternehmensimage.
Gewinner und Verlierer driften weiter auseinander
Die Ergebnisse des Fitness-Checks zeigen eine zunehmende Differenzierung innerhalb der Branche. Während größere Betriebe von Skaleneffekten, besseren Einkaufskonditionen, optimiertem Mitarbeitermanagement und einer strategischen Preissetzung profitieren, geraten kleinere Betriebe zunehmend unter Druck. Die strukturellen Nachteile – höhere relative Kosten, begrenzte Preisgestaltungsspielräume und steigender Mitarbeitermangel – lassen sich für viele nur schwer ausgleichen.
Wer seine betriebswirtschaftlichen Kennzahlen nicht im Griff hat, wird es in Zukunft noch schwerer haben. Der Fitness-Check liefert eine wertvolle Orientierungshilfe, indem er Transparenz über Kostenstrukturen, Rentabilität und Erfolgsfaktoren schafft. Mit einer gezielten Analyse und strategischen Anpassungen können Betriebe ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und langfristig wirtschaftlich bestehen.