Der globale Tourismus ist zurück und Städtereisen beflügeln den Markt. Doch bis Sommer kommen nur wenige neue Hotelprodukte auf den Markt. Wann sich das Blatt wenden könnte.
„Verhalten optimistisch“ blickt die Hotelbranche zu Jahresbeginn in die Zukunft. Sowohl die steigenden Sparquoten als auch die aktuelle Konjunkturlage hierzulande sowie die unsichere wirtschaftspolitische Entwicklung dämpfen die Stimmung. Außer weiterhin gehemmtem Betreiberwachstum in Folge hoher Zinsen und niedriger Verkaufsfaktoren kommen nur wenige neue Hotelprodukte an den Markt. Aber: Ab dem Sommer erwartet die Branche wieder etwas mehr Transaktionen und eine Marktbelebung. Das sind die zentralen Erkenntnisse des Linkedin-Live-Panels „MRP Hotels Quarterly“ zum Thema „Was erwartet uns 2025 am Hotelmarkt?“.
Teilnehmer der Diskussionsrunde waren Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei mrp hotels, Hannah Struck, Asset Manager bei MRP Hotels, Matthias Reith, Senior Ökonom bei Raiffeisen Research, Tobias Gollnest, Chief Development Officer Central & Northern Europe bei den B&B Hotels, und Gebhard Schachermayer, Managing Partner bei JPI Hospitality Advisory.
Trotz Inflation: “An Urlaub wird nicht gespart”
So gab Matthias Reith, Senior Ökonom bei Raiffeisen Research, einen Überblick über die makroökonomische Lage. Demnach sei ein nennenswerter Aufschwung trotz einer voraussichtlich bald erreichten Zwei-Prozent-Inflationsmarke im Euroraum nicht in Sicht. Allerdings sprechen aus seiner Sicht eine schleppende Konjunktur in Kombination mit nachlassenden Inflationssorgen für weitere Leitzinssenkungen, die im Sommer 100 Basispunkte niedriger liegen könnten als noch zu Jahresbeginn – anders als in den USA, wo hartnäckigere Inflation, solides Wachstum und inflationär wirkende Trump-Maßnahmen 2025 kaum Zinssenkungen zulassen.
Die USA hätten ganz klar die Nase vorn in Sachen Wirtschaftswachstum. „Während die US-Konjunktur auf Hochtouren läuft, ist Europa im ersten Gang unterwegs, Deutschland und Österreich sogar im Rückwärtsgang“, so Matthias Reith. Infolgedessen seien auch die europäischen Konsumenten immer noch zurückhaltend: 2024 legten sie gut acht Prozent ihres Haushaltseinkommens zur Seite, 2019 waren es nur 6,5 Prozent. „Die gute Nachricht ist indes, dass nicht am Urlaub gespart wird“, so Reith.
Aktuelle Markteinschätzung
Für Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei mrp hotels, gibt es dennoch keinen Grund zum Jubeln: „Wir befinden uns im fünften Ausnahmejahr in Folge, wovon die ersten zweieinhalb Jahre von Corona und entsprechend geringer Nachfrage überschattet wurden“, so Schaffer. „Die vergangenen beiden Jahre standen unter dem Eindruck des Zinsschocks, der Unternehmensfinanzierungen enorm verteuert, Immobilienverkäufe erschwert und Developments nahezu unmöglich gemacht hat.“
Dennoch zeigte sich Schaffer erfreut, dass der globale Tourismus wieder zurück sei: Der europäische Markt legte im vergangenen Jahr gegenüber 2019 bei den Ankünften um 1 Prozent zu (Quelle: UNWTO, 2024). Dafür verantwortlich seien vor allem die südeuropäischen Länder, die als Wachstumsmotor gelten.
Der europäische Städtetourismus und der Bereich Kurzreisen hätten fast wieder das Niveau von Januar 2020 erreicht – bis auf wenige Ausnahmen. „Einige Städte schaffen den Anschluss nicht: Das gilt vor allem für Berlin“, erläutert der Hotelimmobilien-Experte. „Dahingegen wird Rom in diesem Jahr aufgrund des Heiligen Jahres nahezu überrannt von Touristen. Wir sehen daher, dass Mega-Events auch künftig ungeheuer wichtig für den Städte-Tourismus bleiben.“
Beispiel Wien: Zwei Drittel des Nachfragewachstums des österreichischen Tourismus entfallen demnach auf Wien. Einen ähnlichen Status hat sich auch München als „place to be“ erarbeitet, sagte Schaffer. „München boomt und hat seine Übernachtungszahlen binnen zehn Jahren um 50 Prozent steigern können.“ Ohne das Wachstum seiner Landeshauptstadt wäre der bayerische Tourismus insgesamt sogar leicht geschrumpft im vergangenen Jahr.
Als Indikator für Tourismus-Wachstum gelte auch die Entwicklung der Flugindustrie. Laut Eurocontrol wird die Nachfrage in diesem Sommer stark wachsen – überproportional vor allem im Bereich Erholung/Entspannung (Leisure). Airbus gehe davon aus, dass sich die globale Passagierflugzeugflotte bis 2043 verdoppeln wird – aufgrund eines jährlichen, weltweiten Wachstums von fünf bis sechs Prozent. „Der Großteil des Wachstums kommt aus China und Südostasien“, so Schaffer. „Europa und die USA werden hingegen nur zwei Prozent jährlich wachsen.“
Rückblick auf 2024: steigende Auslastung, höhere Personalkosten
Hannah Struck, Asset Manager bei MRP Hotels, zog eine Bilanz für 2024. Demnach konnte der Zimmerumsatz pro verfügbarem Zimmer im vergangenen Jahr um acht Prozent gesteigert werden, insbesondere dank eines erfolgreichen vierten Quartals, das vor allem dem starken Freizeit-Tourismus geschuldet ist. Der Anstieg im Gewinn pro verfügbarem Zimmer von plus sieben Prozent sei neben den erhöhten Zimmerumsätzen unter anderem auf sinkende Energiekosten zurückzuführen. Der gastronomische Bereich stand hingegen vor Herausforderungen: „Letztlich haben das zurückhaltende Konsumverhalten der Gäste sowie das schwächere Konferenz- und Meeting-Geschäft die Umsatzsteigerungen begrenzt“, so Struck.
Dazu kämen steigende Personalkosten, mit denen auch künftig gerechnet werden muss. „Die Aussichten für 2025 werden vorsichtig optimistisch eingeschätzt. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rechnet die Branche mit einem moderaten Umsatzwachstum.” Daher bleibe effizientes Kostenmanagement auch 2025 im Fokus der Hotels. „Eine engere Zusammenarbeit zwischen Eigentümern und Betreibern wird allerdings zunehmend entscheidend, um den Marktanforderungen gerecht zu werden und wirtschaftlich nachhaltig zu agieren.”
Hotel-Investments 2025
Ist die Gemengelage aus schwächelnder Konjunktur, unsicheren Zukunftsaussichten und schwierigen Finanzierungsbedingungen überhaupt eine gute Zeit für Investitionen? Gebhard Schachermayer, Managing Partner bei JPI Hospitality Advisory, hatte im Panel dazu eine klare Ansicht: „Der richtige Zeitpunkt ist dann, wenn man den richtigen Deal macht.“ Und der könne jederzeit stattfinden. Der JP Hospitality Investors Club (HIC) ist eine eigentümergeführte und -kontrollierte Investorengemeinschaft mit Sitz in Wien, der in den kommenden Jahren rund 300 Mio. Euro in europäische Hotels investieren will. „Unser Schwerpunkt liegt auf Lifestyle & Leisure Hotels in guten Lagen in Europas Top Destinationen; auf Objekten, die aus verschiedenen Gründen einen neuen Eigentümer suchen“, erläuterte Schachermayer die Unternehmensausrichtung. Vor allem der südeuropäische Markt bietet nach Schachermayers Einschätzung gute Investitionschancen.
“Europa wird im besten Sinne das Disneyland des Reisens werden.”
Gebhard Schachermayer, JPI Hospitality Advisory
Auf Wachstumskurs seien auch die B&B Hotels, die mit knapp 900 Hotels inzwischen in zahlreichen europäischen Ländern vertreten sind. Hierzulande will man aus den bislang 224 Hotels in den kommenden Jahren mindestens 400 Hotels machen. „Es gibt noch viele weiße Flecken auf der Landkarte“, sagte Tobias Gollnest, Chief Development Officer Central & Northern Europe bei B&B „Dabei geht es nicht nur um München, Hamburg oder Berlin, sondern auch um Standorte wie Leverkusen, wo es noch kein B&B HOTEL gibt.“ Außer Freizeitgästen am Wochenende stiegen von Montag bis Donnerstag vor allem Geschäftsreisende ab – und die gebe es eben nicht nur in der Großstadt. „Wir reden dabei von Monteuren, Vertretern, Gewerbetreibenden bis zum Manager“, so Gollnest. „Die Klientel ist sehr breit gefasst.“
Grundsätzlich zeigte sich Gollnest optimistisch, was die Expansion der Hotelkette und damit verbundene Neuprojektierungen angeht: „Während 2023 von 20 angekauften Hotels die überwiegende Zahl Übernahmen und nur drei Neuentwicklungen waren, haben wir aktuell 50 unterschriebene Mietverträge in Produktentwicklungen in der Pipeline, was deutlich dokumentiert, dass unser Produkt funktioniert.“
JPI Hospitality Advisory räume hingegen der Ferienhotellerie die größten Wachstumschancen ein – und zwar sowohl in Küstenregionen und in den Bergen als auch im urbanen Raum. „Europa wird im besten Sinne das Disneyland des Reisens werden“, so Schachermayer. „Der Grund dafür ist simpel. Denn hier gibt es (klima-)stabile Verhältnisse und eine reiche Kultur mit langer Historie, die die Menschen anzieht.“
Prognose: Das Blatt könnte sich wenden
Das Fazit der Experten: Noch laufe nicht alles rund – aber Lichtblicke gebe es durchaus. So geht Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei mrp hotels, zwar davon aus, dass sich das erste Halbjahr aus Investmentsicht weiterhin „schwach“ präsentieren wird. Vom Sommer an könnte sich das Blatt jedoch wenden. „Ich bin überzeugt, dass wir in der zweiten Jahreshälfte mehr Transaktionen sehen werden“, so Schaffer. „Dem ein oder anderen wird das Geld ausgehen und allein deshalb wird er irgendwann verkaufen müssen, weil er gar keine andere Wahl hat.“
Inzwischen hätten die großen Bewertungshäuser auch schon Preiskorrekturen zwischen zehn und zwanzig Prozent im Vergleich zum Vorjahr vorgenommen. Schaffer: „Zudem setzt sich auf Verkäuferseite langsam die Erkenntnis durch, dass die aufgerufenen Preise weder zurzeit noch in naher Zukunft durchsetzbar sind.“ All dies wird seiner Ansicht nach für eine Belebung der Marktaktivität sorgen. red/nz