Alle in der Hotellerie sprechen von Design, Architektur, Mobiliar oder Hygiene im Hotelzimmer. Doch was ist mit der Luftqualität? Sauber und erfrischend, nicht zu trocken sollte sie sein – die Luft in Zimmern, Restaurants oder Hotelhallen. Warum ist die Luftqualität in Hotels so wichtig? Ein Fachbeitrag von «Luft-Experte» und Ex-Hotelier Michael Gehring.
Luft einatmen, sich wohlfühlen, angenehm warm oder erfrischend kühl, nicht zu trocken, immer frisch und sauber soll sie sein – die Luft im Hotelzimmer oder in den öffentlichen Räumen des Hauses. Quizfrage: Wie viele Hoteliers setzen sich bewusst mit der Luftqualität in Zimmern, Suiten, Restaurants, Hotelhallen oder Wellness-Bereichen auseinander?
Für viele ist die Luft etwas Selbstverständliches, sie ist einfach gegeben. Das ist zwar richtig, wenn es um die Luft draussen in der freien Natur geht. Frische, saubere Luft – ein Idealzustand. Aber wie ist das drinnen im Hotel, in den Zimmern? Wir stellen fest, dass das Thema «Luftqualität» in vielen Hotels nicht den nötigen Stellenwert hat, den es eigentlich haben sollte.
Jeder Gast kennt das Gefühl: Man öffnet die Zimmertür, tritt ins Zimmer – und es ist (zu) warm, die Luft stickig, abgestanden, zu trocken. Wir öffnen spontan das Fenster (sofern es ich öffnen lässt…), wir suchen das Klima-Display und versuchen, die Temperatur zu regulieren. Oft ohne Erfolg. Auch die kontaktieren Hotelmitarbeitenden schaffen es oft nicht, das Klima im Sinne des Gastes einzustellen. Die Klimaanlagen sind oft zu komplex – oder funktionieren nicht korrekt. Es ist zu kalt, zu warm, es fliesst wenig oder gar keine Frischluft ins Zimmer. Ärgerlich.
Hinzu kommt, dass unsere Anzüge, Kleider und Hemden sich elektrisch aufladen, wir bekommen elektrische Schläge von der Türklinke, sogar in der Nacht blitzt unsere Decke. Grund: zu trockene Luft im Zimmer.
Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mehr als 40% betragen, sonst ist es nicht nur unangenehm, sondern auch gesundheitsschädigend. Im Sommer ist das «gute Klima» fast immer gegeben – vorausgesetzt, die Luftkühlung arbeitet nicht zu stark, aber in den kühlen Jahreszeiten, also im Herbst, Winter und Frühling, wenn die Lufttemperatur draussen unter 5 Grad sinkt, wird die Luft innen zu trocken und kann bis zu 12% relative Feuchtigkeit erreichen – verglichen mit der Trockenheit in der Wüste…
Sprechen wir also über der Luftbefeuchtung, es ist ja gerade Winter, die Aussentemperatur liegt so bei 0 bis 6 Grad, und die Luft in Hotels ist besonders trocken. Im Mittelpunkt der Debatte steht die Gesundheit der Gäste und der Mitarbeitenden, das ist klar. Vor allem jetzt, drei Jahre nach dem Ende der Pandemie.
Es gibt mehr als 70 wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen, die beweisen, dass die optimale Luftfeuchtigkeit für Menschen zwischen 40% bis 60% liegt. Die Professorin Akiko Iwasaki von der Yale Universität hat wissenschaftlich bewiesen, dass bei einer Luftfeuchtigkeit unter 23% das Risiko sich mit Grippe-Viren anzustecken bei 70% bis 77% liegt. Bei einer Luftfeuchtigkeit von 43% liegt das Ansteckungsrisiko bei nur gerade 14% bis 22%!
Wissenschaftler der Universität North Carolina haben aufgezeigt, dass gerade Corona-Viren bei einer niedrigen Luftfeuchtigkeit um 20% sehr aktiv werden. Bei einer Luftfeuchtigkeit von ca. 50% verlieren diese Viren rasch an Wirkung. Deshalb kämpft Dr.med. Stephanie Taylor von der Harvard Medizin School mit Erfolg für eine Luftfeuchtigkeit in amerikanischen Spitälern, die bei über 45% liegt. Damit werden in den Spitälern zahlreiche Infektionen verhindert. Die kontrollierte Luftfeuchtigkeit um 40% führt dazu, dass Mitarbeitende in Spitälern zwei- bis fünfmal weniger krank werden. Dies im Vergleich mit Teams, die in Spitälern arbeiten, wo die Luftfeuchtigkeit nicht geregelt wird.
Tatsache ist: Bei einer Luftfeuchtigkeit unter 40% leidet unsere Haut, unser Blut wird dicker, die Cholesterin-Werte steigen. Die Schleimhäute von Augen, Nase und Hals werden dünner, dadurch verlieren wir unseren Schutz – und die Ansteckungsgefahr nimmt zu. Damit nicht genug: Die Gelenke schmerzen, wir werden müde und nehmen an Gewicht zu. Hotelgäste, die unter Allergien, Asthma und anderen Krankheiten im Bereich der Atmung leiden, werden sich freuen, wenn die Luftfeuchtigkeit über 40% beträgt, denn die erwähnten Symptome verschwinden.
Wir alle wissen, dass Hotels Orte sind, wo viele Menschen aus verschiedenen Regionen aufeinandertreffen. Da spielt die Lufthygiene eine wichtige Rolle. Denn: Wer will sich schon in einem Hotel anstecken – und am Ende krank werden…
Die zentrale Frage lautet deshalb: Wie viel Luftfeuchtigkeit muss stündlich in ein Hotelzimmer «fliessen», so dass ein angenehmes und gesundheitlich intaktes Klima vorherrscht? Wie also erreichen wir die erwähnten 40% bis 45% Feuchtigkeit? Antwort: Wir gehen von ca. 1 Kilo pro Stunde aus. Diesen Wert erreichen kleine Feuchtigkeitsgeräte aus dem Elektronikmarkt nicht. Sie versprühen nur ca. 300 Gramm Wasser pro Stunde.
Nun, es existieren Luftbefeuchtungssysteme, welche die erwähnten Werte von 40% bis 45% erreichen. Diese Befeuchter werden direkt in die Lüftungskanäle des Hotels integriert. Die Feuchtigkeit erreicht so mehrere Zimmer und Korridore. Seit kurzer Zeit gibt auch geräuschlöse und hygienische Befeuchter, die in die Decken oder Wände eingebaut werden. Sie befeuchten über eine zentrale Einheit mehrere Zimmer. Jetzt kann der Gast auf dem Display im Zimmer die Luftfeuchtigkeit regulieren.
Fest steht: Ein modernes Hotel-Befeuchtungssystem benötigt ein Konzept. Und dieses Konzept stammt von Fachleuten (Ingenieure), die sich auf das Thema spezialisiert haben. Sie sind in der Lage, das Konzept mit Erfolg umzusetzen. Sie gehen dabei auf die besonderen Bedürfnisse des Hotels ein.
Wichtig zu wissen: Man kann ein bestehendes Hotel mit oder ohne Lüftungssystem nachrüsten, doch bei Hotel-Neubauprojekten ist es einfacher, das optimale Lüftungs- und Befeuchtungssystem einzubauen.
Nun, die Gästezimmer sind nur ein von vielen Bereichen im Hotel, die befeuchtet werden sollten. Es ist genauso wichtig, dass Lobby, Restaurant, Bar oder Lounges richtig befeuchtet werden. Das sind bekanntlich Orte, wo sich viele Menschen aufhalten und demzufolge die Gefahr der Ansteckung gross ist. Zudem wird das Wohlbefinden der Gäste dank der optimalen Befeuchtung markant gesteigert. Der Gast fühlt sich gut und bleibt länger, was wiederum ein wirtschaftlicher Faktor ist.
Wichtig sind alle Räume mit Interieur aus Holz. Oder Räume, wo Musikinstrumente oder Kunstwerke stehen oder hängen. Die konstante Luftfeuchtigkeit führt dazu, dass Kunstwerke und Instrumente keinen Schaden nehmen.
Doch auch Wellnessräume und Schwimmbäder benötigen eine kontrollierte Feuchtigkeit. Andernfalls verbreiten sich schnell Schimmel und Pilze.
Und wie sieht es in Restaurants aus? Hier geht es darum, durch eine bestimmte Luftfeuchtigkeit in Kühllagern die Qualität und Frische von Lebensmitteln zu halten. Bei Obst, Gemüse und Salaten verlängern wir durch kalten Nebel die Frische und Lebensdauer. Dies führt direkt zu einer Verringerung der Abfallmenge. Auch der Weinkeller benötigt eine kontrollierte Luftfeuchtigkeit – egal, ob dort Weinfässer oder Flaschen lagern. Sonst verdunstet der Wein – oder die Korken leiden…
Und letztlich sollten auch Server- und Kopierräume im Hotel, wo viel Elektronik steht, eine relative Luftfeuchtigkeit von über 40% haben. Andernfalls könnte die teure Technik rasch beschädigt werden.
Und noch eine Besonderheit: Sommerterrassen, Wintergärten und Atriums können durch fein versprühtes Wasser eine angenehme Kühlung bieten. Durch diese nachhaltige Technologie kann die Luft bis ca. 15 Grad abkühlen. Hier ist wichtig, auf die Hygiene bei Wasser und Geräten zu achten – schliesslich möchten wir unseren Gästen frische und saubere Luft zum Atmen bieten.
Diese Hotels setzen auf frische, saubere Luft
Hinweis
Welchen Stellenwert hat die Luftqualität in Ihrem Hotel? Was tun Sie, so dass der Gast frische und saubere Luft in den Hotelräumen vorfindet?
Die Umfrage zum Thema: Nächstens auf Hotel Inside.
Bildlegende Hauptfoto: Schweizerhof Bern.