Die bislang umgesetzten Maßnahmen zur Investitionsförderung waren oft wenig spürbar und führten nicht zu einer grundlegenden Reform des Steuersystems. Ein Faktencheck.
Kann das Wachstumschancengesetz die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland tatsächlich stärken? Ein Blick auf das Ende März 2024 in Kraft getretene Gesetz zeigt, dass die Sonderabschreibung für kleine und mittlere Unternehmen auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31. Dezember 2023 angeschafft oder hergestellt wurden, von 20 Prozent auf 40 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten erhöht wurde. Für Investitionen nach dem 31. März 2024 und vor dem 1. Januar 2025 wurde die degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) mit dem Zweifachen der linearen AfA beziehungsweise maximal 20 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten wiedereingeführt.
Allerdings blieb die ursprünglich geplante Klimaschutzprämie – eine Prämie von 15 Prozent auf bestimmte Investitionen von Unternehmen – auf der Strecke. Ebenfalls nicht umgesetzt wurden die Anhebung der Bewertungsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von 800 auf 1.000 Euro oder die alternative Bewertungsgrenze für Sammelposten von 1.000 auf 5.000 Euro sowie die Verkürzung der Poolabschreibung von fünf auf drei Jahre Nutzungsdauer. Regelungen also, die gerade in der Gastronomie eine spürbare Entlastung bei der Besteuerung des aktuellen Gewinns gebracht hätten.
Erste richtige Schritte mit Verbesserungspotenzial
In der Realität ist von den ursprünglich im Wachstumschancengesetz geplanten Investitionsanreizen und Steuererleichterungen kaum etwas übrig geblieben. Das verbleibende Maßnahmenpaket ist viel zu gering, um das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschlands zu stärken, tatsächlich zu erreichen.
Die Regierung hat ihre Pläne auch 2024 noch nicht vollends ad acta gelegt. Sie hat daher noch vor der parlamentarischen Sommerpause gleich drei Gesetzentwürfe beschlossen: das Jahressteuergesetz 2024, das Gesetz zur Freistellung des Existenzminimums 2024 und das Steuerfortentwicklungsgesetz. Die Entwürfe enthalten zahlreiche Regelungen, insbesondere die Erhöhung des Grundfreibetrags, des Kindergelds und der Kinderfreibeträge für 2025 und 2026 sowie rückwirkend für 2024. So soll die vom Grundgesetz gebotene Entlastung der Bürger von den Folgen der Inflation und damit auch der sogenannten kalten Progression umgesetzt werden.
Im Steuerfortentwicklungsgesetz steht auch noch einmal die Erhöhung der degressiven Abschreibung von 20 auf 25 Prozent beziehungsweise vom Zwei- auf das Zweieinhalbfache im Zeitraum 2025 bis 2028 auf der Agenda. Das war eigentlich schon im Wachstumschancengesetz geplant, aber zu dessen Verabschiedung politisch nicht umsetzbar.
Die Sammelpostenabschreibungen wurden erneut zum Thema. Geplant ist eine Anpassung der Sammelpostengrenze von bisher 250 Euro bis 1.000 Euro auf künftig 800 Euro bis 5.000 Euro sowie eine Verkürzung der Poolabschreibungsdauer von fünf auf drei Jahre.
In der Praxis handelt es sich zwar um „erste Maßnahmen der Wachstumsinitiative“, doch diese sind bei weitem nicht ausreichend. Die Anhebung der degressiven AfA ist zwar zu begrüßen, stellt jedoch nur einen Tropfen auf den heißen Stein dar, wenn es um echte Investitionsanreize geht. Die Ausweitung der Sofortabschreibung wäre wesentlich einfacher und effektiver. Die Änderungen bei der Sammelpostenabschreibung sind lange überfällig und allenfalls ein Reförmchen in Richtung Bürokratieabbau und Steuervereinfachung.
Fazit und Selbsthilfe: Steuerliche Vorteile nutzen
Dieser “Faktencheck” ist tatsächlich etwas ernüchternd ausgefallen. Bei Investitionen in die Digitalisierung und Automatisierung kann allerdings noch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2021 hilfreich sein, um Investitionen möglichst zeitnah steuerlich geltend machen zu können. Denn darin wurde im Grunde genommen politisch festgelegt, dass sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Computer-Hard- und Software aufgrund des raschen technischen Fortschritts auf ein Jahr verkürzt haben soll. Das bedeutet, dass solche Wirtschaftsgüter zum Anschaffungszeitpunkt faktisch sofort als Aufwand berücksichtigt werden können.
Zum Autor
StB Uwe Graalmann vom ETL Adhoga Verbund in Norderney ist spezialisiert auf die Beratung von Hotels und Gaststätten.