Welche Rolle spielt die Gastwelt für die deutsche Wirtschaft? Das untersucht eine Studie der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt und des Fraunhofer-Instituts.
Eine neue Analyse der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) und des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) unterstreicht die Bedeutung des Dienstleistungssektors Gastwelt für die deutsche Wirtschaft. Rund 6,185 Millionen Menschen sind in den Branchen Tourismus, Travel, Hospitality, Foodservice und Freizeitwirtschaft tätig – das entspricht 13,5 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland.
Der Beitrag der 250.000 Unternehmen des Sektors zur deutschen Wirtschaftsleistung ist laut der Studie beachtlich: 2023 steuerten sie 453,1 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei, was elf Prozent entspricht. Damit liegt die Gastwelt hinter der dem produzierenden Gewerbe, beziehungsweise der Automobilindustrie, auf Platz zwei der wichtigsten Wirtschaftszweige.
“Gastwelt ist ein Big-Player”
„Wir sind der zweitgrößte private Arbeitgeber des Landes und faktisch in jeder der 11.000 Gemeinden in Deutschland präsent. Die Gastwelt ist damit nicht nur wirtschaftlich ein Big Player, sondern durch ihre Flächenpräsenz auch für ein gutes gesellschaftliches Miteinander unverzichtbar“, so DZG-Präsident Gerhard Bruder.
Ausgangspunkt der aktualisierten Wertschöpfungsberechnung ist eine vom Fraunhofer IAO im Jahr 2022 veröffentlichte Grundlagenstudie im Auftrag der DZG, die die Branchen Tourismus, Travel, Hospitality, Foodservice & Freizeitwirtschaft zu einem vernetzten Ökosystem (inklusive Zulieferer) zusammenfasst.
Bruder ergänzt: „Wenn wir bislang über Gastlichkeit gesprochen haben, standen vor allem Reisende im Fokus. Gastlichkeit findet aber auch tagtäglich im Leben von uns allen statt – ob auf dem Weg zur Arbeit beim Bäcker oder im Coffeeshop, bei Events und Messen, in der Kantine zum Mittagessen, in Freizeitsparks, bei der Schul- und Krankenhausverpflegung, im Reisebüro oder eben in Hotels, Bars oder der Gastronomie.“ Laut Fraunhofer-Studie verbringe jeder Mensch bei uns im Land durchschnittlich zwölf bis 15 Prozent seiner Lebenszeit in der Gastwelt und habe damit jede achte Minute einen Gastlichkeits-Touchpoint. „Die Arbeit unseres Dienstleistungssektors ist also kein ‚nice to have‘, sondern ein zentraler Eckpfeiler unseres ökonomischen Wohlstands und des sozialen Miteinanders“, betont Bruder.
Durch neues „Big Picture“ auf Augenhöhe mit Automobilindustrie
Diese neue und vernetzte Betrachtung helfe auch gegenüber der Politik, mehr Gewicht und Unterstützung für die Anliegen im politischen Berlin zu erhalten, unterstreicht DZG-Vorstandssprecher Marcel Klinge. „Die fragmentierte Darstellung der Vergangenheit – in Teilen selbst verschuldet – ist ein echtes Problem, weil wir uns damit unnötig klein machen. Mit dem neuen Big Picture ‚Gastwelt‘ spielen wir bei den KPIs endlich auf Augenhöhe mit anderen Wirtschaftssektoren wie der Automobilindustrie, der Bauwirtschaft oder dem Handwerk“, so der ehemalige Bundestagsabgeordnete.
Neben der Beschäftigungszahl von 6,185 Millionen (3,195 Millionen direkt und 2,990 Millionen indirekt Beschäftigte) verzeichnete die Gastwelt auch eine hohe Investitionssumme: 36,3 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr in die Infrastruktur der Branche investiert. In absoluten Zahlen sei das die zweithöchste Summe nach 2019 (40,5 Milliarden Euro). 82,2 Prozent des Gastwelt-Anteils am Bruttoinlandsprodukt geht auf „private Ausgaben“ (Leisure spending) zurück, während 17,8 Prozent auf den Geschäftsreisebereich (Business travel spending) entfielen. Die Gästeübernachtungen erreichten 2023 mit 487,2 Millionen nahezu das Niveau des Vor-Corona-Rekordjahres 2019. red/sar
Methodische Hinweise
Die aufgeführten Daten beziehen sich laut DZG in der Regel auf das Jahr 2023 und basieren auf aktuellen Veröffentlichungen des World Travel & Tourism Council (WTTC), Statistischen Bundesamtes (Destatis) und Dehogas. Sie beinhalten direkte als auch indirekte Effekte.