Der Schweizer Hotelier Marcus Bernhardt (64) blickt auf eine lange und erfolgreiche Karriere in der Hospitality und im Tourismus zurück. Hotel Inside-Autor Klaus Oegerli wollte wissen: Was macht eigentlich der ehemalige Radisson- und Steigenberger-Topmanager heute?
Vom Waldhotel National in Arosa über Radisson SAS als COO, Gulf Air als CSO und Mitglied der Geschäftsleitung, dann zu Europcar als CCO und MD für das internationale Geschäft, bis hin zum CEO der Deutschen Hospitality (Steigenberger Hotels & Resorts und weitere Marken): Der heute 64-jährige Marcus Bernhardt hat eine lange, zum Teil turbulente und erfolgreiche Karriere hinter sich. Aktuell stellt er seine Erfahrungen und sein Fachwissen in diversen Gremien zur Verfügung, wie er Klaus Oegerli verraten hat.
Marcus Bernhardt, seit Ihrem Weggang bei der Deutschen Hospitality (Steigenberger) ist es eher ruhig geworden um Ihre Person. Was machen Sie heute beruflich? Sind Sie noch in der Hotellerie aktiv oder haben Sie sich in eine andere Richtung orientiert?
Nun, die Hotellerie habe ich 2022 verlassen. Seit zwei Jahren bin ich nun Chairman of the Board of Directors (Präsident des Verwaltungsrates) der Biotechnology-Firma Bioengineering AG in der Schweiz.
Welche Projekte oder Herausforderungen beschäftigen Sie aktuell in Ihrem Alltag? Ja, und gibt es neue berufliche Ziele, die Sie sich gesetzt haben?
Zurzeit beschäftigt mich die geopolitische Lage sehr stark, da wir als globale Unternehmung stark im asiatischen Markt sowie in den USA tätig sind. Die Industrie der Biotechnology ist spannend, da die Menschheit wächst und medizinische Stoffe wie Impfungen, Insulin und weitere wichtige Produkte für Mensch und Tier immer wichtiger werden und die Nachfrage stetig steigt.
Weiter freut es mich, dass viele Firmen meine internationale Erfahrung in nun vier Industrien nutzen wollen und ich in diversen Gremien dazu mit Rat und Tat zur Verfügung stehe.
Wenn Sie auf Ihre langjährige Karriere in der Hotellerie zurückblicken, was war für Sie die größte Herausforderung?
Oh, da gab es natürlich viele! Die diversen internationalen Krisen (Finanzkrise, Golfkrieg, 11. September, Ölkrise etc.) – die Liste ist lang und es ist schwierig, eines der zahlreichen Ereignisse hervorzuheben. Natürlich war und ist auch heute noch eine grosse Herausforderung, motivierte Menschen für die Hotellerie zu finden, die trotz langer Arbeitszeiten und teilweise herausfordernden Löhnen ihre Liebe zu diesem großartigen Beruf zeigen.
Die Hotellerie hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Wie sehen Sie die Zukunft der Branche, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Innovation?
Nachhaltigkeit spielt bereits heute eine grosse Rolle, wird aber künftig noch verstärkt werden durch die Ansprüche der Generation Z, die sich mit Nachdruck anders verhalten wird als die Generation Y (Millennials). In der Budget- und Mittelklasse-Hotellerie werden persönliche Dienstleistungen des Menschen in Zukunft vermehrt durch Roboter und Digitalisierung ersetzt. Dies kann man bereits heute in asiatischen Ländern schon sehr deutlich sehen und erleben. Im Luxussegment hingegen wird sich der persönliche, menschliche und damit professionelle Service durchsetzen, denn die Luxushotels müssen die hohen Preise ja irgendwie rechtfertigen.
Und welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI)?
Das wird eine grosse Herausforderung sein. Noch wissen wir nicht genau, wie sich KI auf den Tourismus im Allgemeinen und die Hotellerie im Speziellen auswirken wird.
Zurück zu Ihrer Person. Gibt es ganz besondere Erfahrungen oder Momente in Ihrer Karriere, der Ihr bisheriges Leben stark geprägt haben?
Gute Frage. Die schönsten Erfahrungen waren stets, wenn man mit Menschen aus verschiedenen Kulturen zu tun hatte. Ich durfte über 80 Länder bereisen und mit den verschiedenen Partnern und Kunden Geschäfte machen. Ich habe in sieben Ländern gelebt und bin über 18-mal umgezogen. Das sind schon besondere Momente im Leben.
Sie beschäftigen sich jetzt u.a. mit Biotechnologie. Wie pflegen Sie heute den Kontakt zur Hospitality-Branche? Verfolgen Sie die Entwicklungen im Gastgewerbe aktiv – oder sind Sie eher der stille Beobachter?
Ich habe ein Mandat im Advisory Board der Hotelfachschule Luzern (SHL) und durfte auch den Regierungsrat des Kantons Graubünden im Tourismusrat unterstützen. Daher bleibe ich der Hotellerie und dem Tourismus immer stark verbunden.
Was würden Sie jungen Menschen, die heute eine Karriere in der Hospitality anstreben, mit auf den Weg geben?
Seid flexibel, geht hinaus in die weite Welt, sammelt international Erfahrung und nutzt die Möglichkeit, durch den Beruf verschiedene Kulturen, Sprachen und Managementmethoden kennenzulernen. Es braucht Geduld – und nicht jeder wird General Manager, aber wer die Passion hat für diese Branche, der wird erfolgreich sein.
Zum Schluss: Haben Sie Pläne oder Interessen außerhalb der Hotellerie und der Biotechnologie, denen Sie sich heute widmen oder in Zukunft widmen möchten?
Ich habe Erfahrung in vier verschiedenen Industrien. Ich kenne viele Länder, Kulturen und Sprachen. So bieten sich mir immer neue Möglichkeiten – in unterschiedlichen Unternehmungen. Ich kann hier mein Wissen und Know-how einbringen. Das kann im Airline-Business sein, in der Autovermietung oder in der Mobility-Branche allgemein. Überall dort, wo internationale Erfahrung und strategisches Denken gefragt sind, sehe ich neue Herausforderungen.
Marcus Bernhardt, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Spass und Erfolg!
Hintergründe zu Marcus Bernhardt
Marcus Bernhardt ist ein ausgewiesener Branchenexperte: Während seiner beruflichen Laufbahn hatte er verschiedene Fach- und Führungspositionen in namhaften Unternehmen der Hospitality-Branche inne. Zudem war er im Advisory Board des World Tourism Forum Lucerne sowie Mitglied der Consulting Group der EHL Hospitality Business School (Lausanne). Noch heute sitzt er im Advisory Board der Hotelfachschule Luzern (SHL).
Marcus Bernhardt war in der Position des Chief Commercial Officer und anschließend als Managing Director bei der Europcar Mobility Group tätig und verantwortete die internationalen Prozesse der Transformation und Expansion. Die internationale Expansion von Europcar hat Bernhardt via Franchise und Allianzen maßgeblich vorangetrieben. Der Diplom-Ökonom und MBA der Berkeley University war zuvor auch als Executive Vice President und Vorstandsmitglied bei Gulf Air tätig.
Der gebürtige Schweizer hat auch einen Abschluss der Hotelfachschule Luzern sowie der Graduate School of Business Administration Zürich. Seine internationale Karriere startete er 1997 bei der Carlson Rezidor Hotel Group, der heutigen Radisson Hotel Group, wo er zum Schluss als COO tätig war.
Steigenberger Frankfurter Hof in Frankfurt am Main.
Bis März 2022 führte Bernhardt als CEO die Deutsche Hospitality (Steigenberger Hotels AG). Diese umfasste damals rund 100 Hotels in 20 Ländern in Europa, Afrika, dem Nahen Osten und Asien. Unter der Dachmarke Deutsche Hospitality führte Bernhardt die Marken Steigenberger Icons, Steigenberger Porsche Design Hotels, Steigenberger Hotels & Resorts, House of Beats, Jaz in the City, MAXX by Deutsche Hospitality, IntercityHotel und Zleep Hotels.
André Witschi und Marcus Bernhardt verfolgten in den Jahren 2020 bis 2022 ambitionierte Wachstumsziele, die aber durch die Pandemie ausgebremst wurden.
Im März 2022 traten Marcus Bernhardt und Aufsichtsratschef André Witschi bei der Deutschen Hospitality (heute H World International) zurück. Insider gehen davon aus, dass es zwischen den beiden Hospitality-Persönlichkeiten und der Besitzerin der Hotelgruppe in China (H World Group = Huazhu) Differenzen in Bezug auf die weltweite Wachstumsstrategie der Gruppe gab. Gründer und Präsident der H World Group ist der chinesische Milliardär Ji Qi.
André Witschi, bis 2022 Aufsichtsratschef der Deutschen Hospitality.
Hintergrund: 2020 kehrte der ehemalige Vorstandsvorsitzende Witschi als Aufsichtsratschef zu Steigenberger bzw. Deutsche Hospitality zurück. André Witschi verfügte über gute Kontakte nach China, wo der Steigenberger-Eigentümer Huazhu sass. Den Verkauf der Steigenberger-Gruppe an Huazhu hatte Witschi mit Erfolg eingefädelt. Witschi hatte damals auch Marcus Bernhardt als CEO zu Steigenberger/Deutsche Hospitality geholt. Bernhardt und Witschi hatten 2020 ambitionierte Wachstumsziele verkündet, die allerdings durch Corona weitgehend ausgebremst wurden.
Bildlegende Hauptfoto: Marcus Bernhardt (das Bild stammt aus dem Jahr 2022).