Der Umsatz und die Zahl der Gäste steigen stärker als angenommen. Deshalb hebt der Deutsche Reiseverband seine Prognose für den Gesamtreisemarkt an.
Mitten in der Hochphase der Hauptreisezeit legt der Deutsche Reiseverband (DRV) seine aktuelle Prognose für das gesamte Reisejahr 2024 vor: Insgesamt rechnet die Reisewirtschaft für den Gesamtmarkt der Urlaubs- und Privatreisen mit Reiseausgaben von insgesamt 80 Milliarden Euro. Die aktuelle Prognose umfasst sowohl Pauschalreisen von Reiseveranstaltern als auch den individuell und selbstorganisiert zusammengestellten Urlaub ab mindestens einer kommerziellen Übernachtung, die vor Urlaubsantritt gebucht werden.
Prognosen werden übertroffen
Der erwartete neue Spitzenwert für das Touristikjahr 2023/24, das von November 2023 bis Ende Oktober 2024 reicht, entspricht einem Umsatzwachstum von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zu Jahresbeginn, bei der ersten DRV-Prognose für das Jahr, waren noch ein Plus von vier Prozent und Ausgaben in Höhe von 78 Milliarden Euro erwartet worden. „Das zeigt, die Deutschen sind nach wie vor überaus reisefreudig. Urlaub steht auf der Konsumwunschliste weiterhin ganz oben“, sagt DRV-Präsident Norbert Fiebig. Bei der Anzahl der Reisen geht die Marktprognose insgesamt von einem Anstieg in Höhe von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Darin berücksichtigt sind sowohl von Reiseveranstaltern durchgeführte wie auch von Urlaubern selbstorganisierte Reisen.
Nach Einschätzung der Branchenexperten spielen verschiedene Faktoren eine Rolle für die positive Entwicklung: Die Reisefreude der Deutschen erweist sich trotz der gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten als anhaltend hoch. Dazu komme eine durch gute Tarifabschlüsse und real gestiegener Einkommen gewachsene Kaufkraft und eine unverändert gute Beschäftigungssituation.
Gästezahl im Veranstaltermarkt wächst etwas verhaltener
Neben den Urlaubsländern am östlichen Mittelmeer – mit der Türkei und Griechenland – treiben die nachfragestarken Kreuzfahrten die Entwicklung des Gesamtmarktes positiv an. Die Hochseekreuzfahrten wachsen dabei überproportional im Vergleich zum Vorjahr. Zudem gibt es bei Fernreisen eine stabile Nachfrage – auch im Sommer.
Stärker entwickelt sich der Markt der selbstorganisierten Reisen. Die Experten rechnen damit, dass sich dieser besser entwickelt als Anfang des Jahres vermutet. Sie waren ursprünglich von rückläufigen Gästezahlen gegenüber dem Vorjahr ausgegangen. Es habe sich allerdings gezeigt, dass Reisen innerhalb Deutschlands und in die angrenzenden Länder vermehrt nachgefragt und auch internationale Reisen eigenständig organisiert werden. Die Experten vermuten, dass auch die Fußball-EM in Deutschland zahlreiche Bundesbürger vom Verreisen ins Ausland abgehalten hat.
Bei Veranstalterreisen erwarten die Experten im Vergleich zum Vorjahr weiterhin einen Anstieg der Urlauberzahlen – sie waren Anfang des Jahres allerdings von einem höheren prozentualen Wachstum ausgegangen.
Frühbucher vs Last Minute-Angebote
Nachdem Reisebüros und Reiseveranstalter Anfang 2024 bereits ein starkes Frühbuchergeschäft verzeichnet haben, gab es in den vergangenen Wochen bei den organisierten Veranstalterreisen (Pauschal- und Bausteinreisen) ein außergewöhnlich hohes Neubuchungsaufkommen.
Der drittgrößte Reiseveranstalter Europas FTI hatte Anfang Juni Insolvenz anmelden müssen, für den Sommer gebuchte FTI-Reisen wurden dadurch storniert. In Folge dessen haben zahlreiche Veranstalter zusätzliche Kontingente eingekauft und Reisen zu attraktiven Preisen aufgelegt. Das hat das diesjährige Last Minute-Geschäft stark beflügelt. Insofern hat die FTI-Insolvenz zu einem bislang seltenen Effekt geführt: Ein deutlich wiedererstarktes Frühbucheraufkommen und ein gleichzeitig sehr starkes Last Minute-Geschäft. Aktuell reiche das bisher gebuchte Umsatzvolumen des Kurzfristgeschäftes allerdings noch nicht aus, um die Lücke der durch die FTI-Insolvenz stornierten Reisen auszugleichen.
Ausblick auf den Winter 2024/25
Für die Wintersaison, die im November 2024 beginnt und Ende April 2025 endet, erwartet der DRV einen Umsatzanstieg von vier Prozent auf 26 Milliarden Euro. Bei der Anzahl der Reisenden geht die Marktprognose von einem einprozentigen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahreswinter aus. Der Reiseverband geht zudem davon aus, dass die Kapazitäten, die durch den Marktaustritt von FTI neu verteilt werden, zur Wintersaison vollumfänglich über andere Reiseveranstalter im Markt zur Verfügung stehen. red/sar
Zur Methode der neuen Marktprognose des DRV
Der Deutsche Reiseverband (DRV) hat in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Dr. Fried & Partner und Unterstützung der Marktanalysten von Travel Data + Analytics ein neues Prognoseverfahren entwickelt, um die wahrscheinlichen Entwicklungen im deutschen Markt der Freizeitreisen ab einer kommerziellen Übernachtung valide vorhersagen zu können. Die quantitative Marktprognose basiert auf einem konsistenten, mathematischen Verfahren, das historische und aktuelle Buchungsdaten zum Veranstalter- und Individualreisemarkt heranzieht sowie wirtschaftliche Einflussfaktoren mit berücksichtigt. Die Prognoseergebnisse werden auf Basis der Einschätzung ausgewiesener Branchenexperten nachjustiert. Der DRV veröffentlicht die Prognosen zum Gesamtreisemarkt, die unterjährig in vier Intervallen erhoben werden, zweimal jährlich.