Wie kann eine gute Küchenplanung helfen, Energie zu sparen und Mitarbeitende zu entlasten? Darüber sprechen wir mit Bernd Helfer, Inhaber des Ingenieurbüros Helfer.plan und stellvertretender Vorsitzender des VdF.
Herr Helfer, wenn Sie in Profiküchen unterwegs sind – welche klassischen Planungsfehler begegnen Ihnen dabei am häufigsten?
Bernd Helfer: Viele kleinere Gastronomieküchen werden ohne Fachplaner gebaut. Hier stattet ein Küchenhändler vorgegebene Flächen unter Berücksichtigung möglichst vieler Wünsche des Betreibers aus. Eine gute Planung bedeutet aber nicht nur die Ausstattung mit Geräten, sondern auch die Berücksichtigung vieler Schnittstellen, beispielsweise zu Lüftung und Fußbodendetails. Auch die Einhaltung von hygienischen Arbeitsabläufen, die Beachtung von Ergonomie, die neutrale Beratung zu unterschiedlichen Gerätetypen und noch vieles mehr sind dabei entscheidend.
Köche können heute über ihr Smartphone nicht nur Heißluftdämpfer steuern, sondern auch Produktion, Einkauf und Logistik managen. Wie wirkt sich das auf die Küchenplanung aus?
Selbstverständlich sollten die relevanten Geräte einen Netzwerkanschluss erhalten, da dieser in der Küche oft stabiler läuft als ein W-Lan-Netz. Wenn diese Themen dem Küchen- und Betriebsleiter wichtig sind, sollte in der Planungsphase über die individuellen Wünsche der Schnittstellen zu den unterschiedlichen Softwareplattformen der Hersteller gesprochen werden. Es könnte dann die Entscheidung zugunsten einer „neutralen“ übergeordneten Plattform fallen.
Junge Köche werden immer größer, gleichzeitig arbeiten mehr Frauen in der Küche, die im Schnitt kleiner sind als Männer. Wie begegnet man dieser Diskrepanz planerisch?
Da Menschen tendenziell größer werden, hat sich die Standardarbeitshöhe schon vor rund 20 Jahren von 85 auf 90 cm erhöht. Teilweise plant man sogar schon 92 cm oder höher. Für größere Personen kann man zum Schneiden auch Schneidbretterhöhungen einsetzen. Auf kleinere Menschen ist schwerer einzugehen, da Trittstufen oder Schemel natürlich aus Gründen der Arbeitssicherheit ausscheiden.
Im Gastgewerbe fehlen über 60.000 Beschäftigte. Wie sollte eine Küche im Idealfall beschaffen sein, um Mitarbeitenden die Arbeit zu erleichtern?
Wir müssen versuchen, die Küche als attraktiven Arbeitsplatz zu gestalten. Sie sollte also über eine perfekte Ergonomie, angenehme Akustik, kurze Wege und ein gutes Raumklima verfügen. Die Beleuchtung sollte nicht blenden und der Fußboden trittfest und ohne Fugen gestaltet sein.
In Großküchen wird viel Energie verbraucht. Wie kann eine gute Küchenplanung helfen, Ressourcen zu sparen?
Ziel muss sein, möglichst effiziente Geräte einzusetzen, die Lüftung maßvoll zu dimensionieren, Nassmüll in Biogasanlagen zu verstromen und die in der Kältetechnik, der Abluft und dem Abwasser anfallende Wärme rückzugewinnen. Besonders Letzteres ist jedoch mangels ausreichender Abnehmer in vielen Großküchen schwer umzusetzen. In Hotels wird im Spa über das gesamte Jahr hinweg Wärmeenergie benötigt – hier sind die Chancen für eine wirtschaftliche Wärmerückgewinnung höher. Es zählt aber nicht nur der Energieverbrauch. Auch die Spitzenlast geht in die Stromrechnung ein. Thermische Geräte haben heute oft wesentlich höhere Anschlusswerte als noch vor einigen Jahren. Daher kann der Einsatz einer Leistungsoptimierung sinnvoll sein, die die Lastspitzen um
40 bis 50 Prozent kappt.
Hygiene wird nicht erst seit Corona immer wichtiger. Welche Trends hat die Industrie speziell für die Küche parat?
Nahtlose Arbeitsplatten und monolithische, auf geschlossenen Sockeln aufgestellte Kochblöcke mit durchgehenden in die Fronten eingekanteten Griffleisten sind ideal. Zudem setzen Hersteller auf eine automatische Reinigung der Garräume und eine nachvollziehbare Dokumentation der Reinigung und Einhaltung der Temperaturen – sowohl in der thermischen als auch in der Spülküche.
Zu einem attraktiven Arbeitsplatz in der Küche gehört eine leistungsfähige Be- und Entlüftung. Worauf sollten Hoteliers beim Kauf achten?
Moderne Lüftungssysteme müssen gesundheitsschädliche Aerosole abtransportieren und die entstehende Feuchtigkeit und Wärme abführen. Dabei sollten sie korrekt temperierte Luft ohne Zuglufterscheinungen und Lärm zuführen. Jeder bewegte und vor allem richtig konditionierte Kubikmeter Luft kostet aber auch Energie. In der Regel gehen 25 bis 35 Prozent des Energieverbrauchs einer Küche auf das Konto der Lüftungsanlage. Daher sollten Planer bei der Dimensionierung der Anlage maßvoll vorgehen.
Dem richtigen Boden kommt in der Küche eine essenzielle Rolle zu. Was sollten Planer bei der Auswahl beachten?
Die wichtigsten Eigenschaften sind eine dauerhafte Dichtigkeit und die Einhaltung der in den DGUV- und ASR-Regeln geforderten Rutschklasse. Andererseits sollte er aber auch leicht zu reinigen sein. Zwei Anforderungen, die sich eigentlich grundlegend widersprechen. Zur leichten Reinigung tragen ein geringer Fugenanteil und gut gestaltete Details wie Hohlkehlen und Bodenabläufe an den richtigen Stellen bei. Ein fugenloser Boden trägt außerdem zur Geräuschreduzierung bei, da in Großküchen mit vielen fahrbaren Geräten gearbeitet wird. Daher geht der Trend hin zu Reaktionsharzbeschichtungen anstatt Fliesen.
Zur Stuttgarter Fachmesse Intergastra haben Sie Ihr neues Normenportal vorgestellt. Welche Vorteile bietet es der Hotellerie?
Planer können im ersten Jahr kostenfrei und danach zu einem günstigen Preis auf alle für die Großküche relevanten Normen zugreifen. Es wurde für Planer, Hersteller, Errichter und Betreiber von Küchen von Großküchen konzipiert und bietet eine maßgeschneiderte Zusammenstellung von DIN-Normen und VDI-Richtlinien. Wichtig sind spezielle Planungsanforderungen an bauliche Voraussetzungen, an die technische Gebäudeausrüstung und raumlufttechnische Anlagen, an modernste Gerätetechnik und hohe hygienische Standards.