Ob Energiespeicher oder E-Ladesäule: Was passiert, wenn die integrierten Lithium-Ionen-Akkus anfangen zu brennen? Wir zeigen Sicherheitsmaßnahmen auf, die Hoteliers im Vorfeld und im Notfall ergreifen sollten.
Die Bilder des brennenden Autofrachters „Fremantle Highway“ gingen im Sommer 2023 um die Welt. Schnell wurde spekuliert, dass ein E-Auto das Feuer entfacht habe. Die Brandursache ist jedoch immer noch nicht geklärt, und es bestehen inzwischen Zweifel an dieser Vermutung. Für Verunsicherung haben aber auch weitere Ereignisse gesorgt. Nach drei Verpuffungen und Bränden hatte beispielsweise Anbieter Senec seine Photovoltaik-Heimspeicher vor einiger Zeit phasenweise in den Stand-by-Modus versetzt, wie das PV Magazine meldete.
Axel Haas, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz (DIvB), gibt zunächst einmal Entwarnung: „Elektroautos und Plug-in-Hybride brennen nicht häufiger als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Meines Wissens nach laufen auch die meisten stationären Energiespeicheranlagen auf Basis von Lithium-Ionen-Akkus weitestgehend problemlos. Ich sehe für Hotels diesbezüglich also kein höheres Brandrisiko.“
Brände schwerer zu löschen
Auch eine Sprecherin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bestätigt: „Bisher stellen wir keine erhöhten Schäden im Zusammenhang mit Energiespeichern, E-Ladesäulen und Elektrofahrzeugen fest.“ Axel Haas fügt allerdings hinzu: „Was jedoch eine Herausforderung bei Lithium-Ionen-Akkus darstellt, ist die Brandbekämpfung.“ Das Problem: Batteriezellen können sich – ausgelöst durch thermischen, elektrischen oder mechanischen Stress – selbst entzünden. Ein einmal begonnener „Thermal Runaway“ (Thermisches Durchgehen) ist dann nur noch schwer zu stoppen. Es wird sehr viel Wasser benötigt und das brennende Objekt muss lange gekühlt (und dafür möglicherweise abtransportiert) werden, da es sich sonst erneut entzünden kann. Zudem können je nach Zusammensetzung der Batterien giftige und explosionsfähige Stoffe freigesetzt werden. Was also ist vor diesem Hintergrund zu beachten?
Zunächst sei nochmals betont, dass Lithium-Ionen-Batterien, die beispielsweise auch in Smartphones zum Einsatz kommen, als relativ sicher eingestuft werden. Häufigere Brandursachen liegen in Elektrotechnik und Installation. „Handwerkliche Fehler, wie eine schlechte Klemmung der Kabel, sind ein Klassiker“, äußert beispielsweise Jochen Kirch, Geschäftsführer von KCE Power Solutions. Er hat ein aus seiner Sicht einfaches Tool zur Vorbeugung parat: „Thermografie. Damit fallen Installationsfehler sofort auf.“
“Die Brandbekämpfung bei Lithium-Ionen-Akkus ist eine Herausforderung.“
Axel Haas, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz
Was auch immer die Brandursache sein könnte: Es gilt, Gäste, Mitarbeitende, Gebäude und Inventar vor Brandereignissen zu schützen. Die To-do-Liste könnte wie folgt aussehen:
- Bei einer individuellen Risikobewertung sind Belange des Bauordnungs- und Arbeitsschutzrechts, des Umweltschutzes (ggf. Maßnahmen zur Löschwasserrückhaltung) sowie versicherungstechnische Aspekte zu berücksichtigen. Es ist ratsam, sich früh mit den entsprechenden Stellen abzustimmen.
- Der Aufstellort von Batteriespeichern und Ladesäulen ist durchdacht zu wählen. Es dürfen sich keine leicht entzündlichen Materialien oder sonstige Brandlasten in der Umgebung befinden. Ausreichend große Abstände (zirka 5 bis 10 Meter) oder die bauliche Trennung zwischen Aufstellbereich und Leistungselektronik (z.B. Wechselrichter, Transformatoren) einplanen.
- Ein geeigneter Überspannungsschutz ist wichtig.
- Durch eine automatische Brandmeldeanlage und Mehrfachsensormelder lassen sich Brände frühzeitig erkennen. „Idealerweise laufen die Daten aller Brandschutzeinrichtungen in einer Anlage zusammen. Diese alarmiert auch die Feuerwehr, sobald ein kritischer Zustand erfasst wird“, so Axel Haas. Inzwischen gibt es zudem Anbieter von Softwarelösungen, mit denen Verantwortliche über das Smartphone oder einen Computer jederzeit einen aktuellen Überblick über den Zustand des Hotelbetriebs haben.
- Je nach Standort und Gefährdungspotenzial zählen geführte Rauchgas- und Wärmeableitungen ins Freie (RWA), Vorrichtungen zur Druckentlastung, ausreichend Wandhydranten und eine stationäre automatische Löschanlage zur frühzeitigen Brandbekämpfung zu den wirksamen Schutzmaßnahmen. Sprinkleranlagen seien auch deshalb eine gute Investition, sagen Experten, da die Brandlast von PKW unabhängig von der Antriebsart gestiegen sei. Grund ist der vermehrte Einsatz von Kunststoffen und Leichtmetallen.
- Regelmäßige Prüfungen und technische Inspektionen gelten als wichtiger Baustein im Risikoschutz.
- Mitarbeitende müssen sensibilisiert sein für Warnzeichen wie Rauch, Hitzeentwicklung oder Elektrolytflüssigkeiten/-gase, die von einer havarierten Batterie freigesetzt werden. Richtige Reaktion: Sich sofort entfernen, die Feuerwehr rufen und die Notfallpläne in Gang setzen.
- Idealerweise zeigt eine Kennzeichnung im Zutrittsbereich der Feuerwehr das Vorhandensein von Lithium-Ionen-Batterien an.
- Die frühzeitige automatische Abschaltung der Batteriespeicheranlagen durch Verknüpfung mit der Brandmeldeanlage kann sinnvoll sein.
- Durch Quetschung oder Abscherung von Ladekabeln kann ein Defekt beim Ladevorgang auftreten. Daher sind Ladeleitungen und mobile Ladeeinrichtungen sorgfältig zu behandeln und vor jeder Verwendung auf sichtbare Beschädigungen zu kontrollieren.
- Auch in der Ladestation können durch Alterung der elektronischen Komponenten Brände durch einen Kurzschluss hervorgerufen werden. Ein weiteres Risiko besteht in der Sachbeschädigung von außen (Fahraufprall, Vandalismus). Bei E-Autos entstehen Brände mitunter erst Stunden nach kleineren Unfällen, bei denen der Akku unbemerkt beschädigt wurde. Aus diesen Gründen wird empfohlen, E-Autos nach einem Schadenfall 48 Stunden lang im Freien unter „Quarantäne“ zu stellen Ladestationen befinden sich idealerweise im gut belüfteten Freien und fernab von anderen Fahrzeugen oder Gebäuden.
Auch E-Bikes im Blick behalten
Darüber hinaus macht Axel Haas auf ein Risiko aufmerksam, das Hoteliers noch nicht ausreichend wahrnehmen würden: Die wachsende Zahl der E-Bikes, mit denen Gäste und Mitarbeitende unterwegs sind.
„Die meisten Akkubrände entstehen während des Ladens. Es wäre aus meiner Sicht daher ratsam, einen geeigneten Raum für Lagerung und Ladung zur Verfügung zu stellen oder brandsichere Ladeboxen für abnehmbare Akkus anzubieten.“ Selbst ein kleinerer Akkubrand in zentralen Gebäudeteilen könne sonst aufgrund der Rauchentwicklung zu einer längeren Beeinträchtigung oder Schließung des Betriebs führen.