Ist der deutsche Mittelstand bereit für Nachhaltigkeitsberichterstattung? Das hat eine Studie untersucht.
Die repräsentative Studie “ESG Pulse Check Mittelstand 2024” der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton in Zusammenarbeit mit YouGov Deutschland zeigt, dass mehr als ein Drittel (38 Prozent) der Unternehmen in Deutschland sich noch nicht eingehend mit den beiden großen Regulierungen für Nachhaltigkeit auseinandergesetzt hat. Diese umfassen die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sowie die EU-Taxonomie-Verordnung und die daraus resultierenden Anforderungen.
48 Prozent der befragten Unternehmen haben entweder gerade erst damit begonnen (28 Prozent) oder befinden sich aktuell mitten im Prozess der Auseinandersetzung mit den Anforderungen der EU-Taxonomie-Verordnung und der CSRD (20 Prozent).
Roadmap fehlt oft
Obwohl sich 64 Prozent der Unternehmen bezüglich ihrer Vorbereitung auf die Anforderungen an Nachhaltigkeit und den damit verbundenen Berichtspflichten als mindestens “befriedigend” aufgestellt betrachten, geben fast zwei Drittel der Befragten (62 Prozent) an, keine Umsetzungsroadmap für die CSRD zu haben. Von den 24 Prozent der Befragten, die angeben, einer Umsetzungsroadmap zu folgen, befindet sich knapp die Hälfte noch in der Planungsphase der sogenannten Wesentlichkeitsanalyse.
Marc A. Sahner, Vorstandsmitglied bei Grant Thornton in Deutschland, betont: “Für das Geschäftsjahr 2025 werden nach der neuen EU-Regulatorik mehr als 15.000 Unternehmen in Deutschland verpflichtet sein, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und prüfen zu lassen. Dabei stehen viele Unternehmen bei diesem Thema offenbar noch ganz am Anfang. Wir sehen vor allem eine starke Diskrepanz zwischen der Selbsteinschätzung der Unternehmen und der tatsächlichen ESG-Readiness. Hier herrscht dringender Nachholbedarf, sich mit der Materie strategisch auseinanderzusetzen.”
Kostenfalle Nachhaltigkeitsmanagement?
43 Prozent der befragten Unternehmen haben keine Vorstellung oder Idee bezüglich einer Schätzung der intern anzusetzenden Kosten für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Nur 45 Prozent planen, spezielle Software für die ESG-Datenerhebung und Nachhaltigkeitsberichterstattung einzuführen. Dr. Claudia Schrimpf-Dörges, Partnerin im Geschäftsbereich Audit & Assurance bei Grant Thornton in Deutschland, warnt: “Unternehmen laufen Gefahr, in eine Kostenfalle zu tappen, wenn sie nicht frühzeitig strukturelle, prozessuale und finanzielle Überlegungen zur Umsetzung der CSRD anstellen.”
Umsetzungstreiber: Reputation, Kunden, Lieferanten
Abseits der Regulatorik als Haupttreiber der anstehenden Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht sehen Unternehmen vor allem die Gesellschaft/Reputation (52 Prozent), Kunden (47 Prozent) sowie Lieferanten (36 Prozent) als Treiber, um sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. “Das Bewusstsein der Unternehmen, dass die CSRD auch Wettbewerbsvorteile, neues Wachstum oder Profitabilität bringen kann, muss noch stärker in den Köpfen verankert werden”, sagt Kai Michael Beckmann, Partner und Head of ESG Excellence Center bei Grant Thornton. red/sar
Über die Studie
Die repräsentative B2B-Studie „ESG Pulse Check Mittelstand 2024“ der Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfung gemeinsam mit YouGov Deutschland wurde Ende März / Anfang April 2024 online unter 501 Unternehmensentscheidern (mindestens mittleres Management) in Deutschland durchgeführt. Die teilnehmenden Unternehmen wurden unter anderem zu Themen wie Umsetzungstreiber von Nachhaltigkeitsberichterstattung, ESG-Readiness, Status Quo des Umgangs mit der Regulatorik, Umsetzungsbudgets und ESG-Wissen befragt.