Missstände in der Reinigungsbranche haben die Reporter von “Team Wallraff” aufgedeckt, darunter auch in einem Jufa-Hotel. Jetzt reagiert die Hotelgruppe.
In einer neuen Ausgabe der RTL-Reportage-Serie “Team Wallraff” haben Reporter rund um Günter Wallraff undercover in der Reinigungsbranche recherchiert. Dabei haben sie Verstöße gegen den Mindestlohn aufgedeckt und ein teils sehr raues Arbeitsumfeld dokumentiert, wie der TV-Sender RTL berichtet. Ausgestrahlt wurde die Reportage mit dem Titel „Schmutz und Gier. Undercover in der Reinigungsbranche“ vergangene Woche. Vier Reinigungsfirmen wurden darin unter die Lupe genommen, so auch das Unternehmen “Astrein Exzellent” aus Hamburg, das vom Jufa Hotel Hamburg Hafencity mit Reinigungsarbeiten beauftragt wurde.
Bezahlung pro Hotelzimmer
In der Doku berichtet Reporterin Jana von ihren Erfahrungen in dem Hamburger Hotel: So soll sie laut Vertrag mit “Astrein Exzellent” stündlich 13 Euro verdienen. An ihrem ersten Arbeitstag im Viersternehotel sei ihr jedoch mitgeteilt worden, dass sie nicht pro Stunde, sondern pro Hotelzimmer bezahlt würde. Insgesamt 4,75 Euro bekämen die Reinigungskräfte für jedes gereinigte Standard-Doppelzimmer. Über eine Anwaltskanzlei bezieht „Astrein Exzellent“ gegenüber RTL wie folgt Stellung: „Die Zimmermädchen werden tariflich bezahlt. (…). Es ist (…) nicht richtig, dass bei der Reinigung (…) eines Standard-Doppelzimmers tatsächlich nur 4,75 Euro an das Personal gezahlt werden.“
Wie Janas Erfahrungen zeigen, scheint es unter den Arbeitsbedingungen kaum möglich zu sein, den branchenüblichen Mindestlohn zu erreichen. Nach über acht Stunden Arbeit konnte sich die „Team Wallraff“-Reporterin – dank der Unterstützung von zwei Kolleginnen – insgesamt zehn gereinigte Zimmer anrechnen lassen. So kommt sie nach acht Stunden Arbeit schließlich auf einen Tagesverdienst von 47,50 Euro und einen Stundenlohn von 5,94 Euro.
Zusätzlich habe das raue Arbeitsklima die Angestellten belastet, die bei kleinsten Fehlern mit einschüchternden Whatsapp-Nachrichten, darunter Drohungen mit Kündigung und Kollektivstrafen, vom Housekeeping-Manager konfrontiert wurden.
Stellungnahme von Jufa
Die Hotelgruppe zeigt sich “über die Ergebnisse der Reportage (…) bestürzt“, wie sie in einer Stellungnahme mitteilt. Bis zur schriftlichen Kontaktaufnahme seitens RTL vor Ausstrahlung der Sendung seien weder dem Hotelmanagement des Jufa Hotels Hamburg Hafencity noch der Unternehmenszentrale in Graz die aufgezeigten Missstände bei der beauftragten Reinigungsfirma “Astrein Exzellent” bekannt gewesen.
“Die Überprüfung der Nichteinhaltung unserer Standards und Ableitung von Maßnahmen wurde unverzüglich in die Wege geleitet. Auch wenn Verfehlungen von Astrein Exzellent nicht Verfehlungen von Jufa sind, übernehmen wir Verantwortung, um die Missstände vorbehaltlos aufzuräumen und für die Zukunft auszuschließen”, teilt das Unternehmen mit.
Jufa leitet Maßnahmen ein
Das Hamburger Hotel sei das einzige des 65 Hotels, das dauerhaft ein Dienstleistungsunternehmen mit dem Housekeeping beauftragt hat. Dies sei aufgrund der angespannten Arbeitsmarktsituation in Hamburg bisher nicht anders möglich gewesen. Nun werde dort “mit maximaler Anstrengung” der Teamaufbau im Housekeeping neu gestartet. “Eine außerordentliche Kündigung der Zusammenarbeit mit Astrein Exzellent behalten wir uns bis zur abschließenden Prüfung durch unsere Rechtsabteilung vor”, heißt es weiter in der Stellungnahme.
Zu dem Vorwurf, dass der Mindestlohn nicht eingehalten werde, sagt Jufa: “Unfaire Lohnabrechnung für 4,75 Euro pro Zimmer, unrealistische Zeitanforderungen, Lohnabzug, Nicht-Einhaltung von Arbeits- beziehungsweise Erholungszeiten und Ruhetagen oder vermehrt körperliche Beschwerden durch zu hohe Arbeitslast sind weder rechtmäßig noch entsprechen sie unseren Verträgen mit Astrein Exzellent.” Darin seien verbindlich faire Arbeitsbedingungen zwischen den Unternehmen geregelt. Die an Astrein Exzellent geleisteten Zahlungen wären laut Jufa auch für eine überdurchschnittliche Entlohnung der Arbeitskräfte mehr als ausreichend gewesen.
Auch auf das im RTL-Beitrag dokumentierte Verhalten des Housekeeping-Managers – er hat Strafzahlungen für etwaige Beschädigungen der Tapeten angedroht – habe das Hotelunternehmen reagiert und sein Arbeitsprofil angepasst, sodass es keine direkte oder weisungsbefugte Kommunikation mehr zu Reinigungskräften gibt. “Wir bedauern sehr, dass ein Mitarbeitender der Jufa-Gruppe ohne unser Wissen und unsere Autorisierung die in der Reportage deutlich gewordenen unzumutbaren Aussagen getroffen sowie Drohungen ausgesprochen hat”, so das Unternehmen. sar