Im März war die Internationale Tourismusbörse (ITB) in Berlin wieder der Treffpunkt für Hotellerie, Reiseanbieter und Buchungsportale. Auch Tophotel war vor Ort und hat im Gespräch mit Hospitality-Experten den aktuellen Herausforderungen, Reisetrends und Branchenentwicklungen nachgespürt.
Dabei wollten wir von den Hospitality-Experten bekannter Hotelketten wissen:
#1 Was ist in diesem Business-Jahr Ihre größte Herausforderung und wie begegnen Sie dieser?
#2 Welche Reisetrends zeichnen sich ab?
#3 Welche Entwicklungen prägen die Branche?
Carmen Dücker und Marcus Smola, CEOs BWH Hotels Central Europe:
Uns treiben zwei Dinge: Einmal, dass wir unsere Hotels ordentlich mit Umsatz versorgen. 2023 war hier bereits ein gutes Jahr. Für unsere Region haben wir ein Umsatzplus von 14 Prozent gegenüber 2019 verzeichnet. Laut dem Forecast für das erste Quartal 2024 und dem Vorbuchungsstand wird dieses Jahr nochmal stärker.
Zum anderen treibt uns der Portfolio-Ausbau. Das ist der deutlich schwierigere Bereich, aufgrund der hohen Unsicherheiten im Markt, die die Hotels beeinflussen. Hinzukommt, dass das Geschäft immer kurzfristiger wird und sich teils in andere Segmente verschiebt. So ist das Leisure-Business zwar attraktiv, aber auch viel aufwendiger zu bedienen, denn der touristische Reisende ist um ein Vielfaches anspruchsvoller, als der klassische Geschäftsreisende. Das sind Verschiebungen, die es für Hotels in puncto Planbarkeit und Personalaufwand noch einmal schwieriger machen. Hier ist es an uns, uns auf diese Entwicklungen einzustellen und entsprechende Dienstleistungen anzubieten. Unser Wachstumsziel für 2024 ist es, rund 13 bis 14 Hotels neu bei uns aufzunehmen.
Nicht zuletzt ist die neue Arbeitswelt eine Herausforderung, mit der wir uns auseinandersetzen und ausprobieren. Hier stellen wir fest, dass das Zusammenkommen im Büro, gemeinsam Dinge zu tun, in diesen unsicheren Zeiten an Bedeutung gewinnt und wieder einen Wert bekommt. Und das versuchen wir mit gezielten Veranstaltungen zu fördern.
Josef Dolp, Chief Operating Officer & Guest Experience Officer H World International:
Ob Fachkräftemangel oder die Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer: Die Branche steht immer mehr unter Druck. Die andauernden Bahnstreiks erhöhen den Druck auf unsere Branche zusätzlich – sie sorgen für Umsatzverlust und mindern die Attraktivität Deutschlands als Wirtschaftsstandort und -treffpunkt. In Bezug auf den Fachkräftemangel müssen wir alles daran setzen, dass unsere Branche für Arbeitnehmer:innen attraktiv ist und bleibt. Wir bieten unseren Mitarbeitenden umfangreiche Benefits sowie spannende Möglichkeiten zur Weiterentwicklung – fachlich wie persönlich, national wie international, über unsere vielfältigen Marken hinweg.
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Max C. Luscher, CEO Central & Northern Europe B&B Hotels:
Die größte Herausforderung für unser Geschäftsmodell sind die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten. Unsere Marke ist als Gewinner aus der Coronakrise herausgegangen, wir haben uns weiterentwickelt, wir wachsen und sind profitabel. Wenn wir unser People-Modell weiterhin richtig hinbekommen, dann haben wir keine Business-Sorgen. Das bezieht sich zum einen auf unsere Hotelpartner, die vor Ort die Hotels betreiben und zum anderen auf unser Headoffice. Hier liegen die Herausforderungen klar bei den Projekten, die wir angehen wollen – von den Self-Check-in-Terminals, die wir ausgerollt haben, bis hin zu unserem Gamifizierungsansatz beim Thema ESG. Dafür brauchen wir die richtigen Leute und haben uns bereits entsprechende Mitarbeiter an Bord geholt.
Jano Martin, CFO/Managing Director TUI Blue:
Jeder Markt hat seine eigenen Herausforderungen. In der DACH-Region ist es der Mangel an Personal, der sich aber etwas entspannt hat. Und fehlende Personalunterkünfte.
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Alexandra Geyer, Unternehmenssprecherin Falkensteiner Michaeler Tourism Group:
Die Teuerung ist auf jeden Fall noch spürbar. Hier liegt die Herausforderung darin, weiterhin die hohe Qualität zu bieten, ohne die ganze Last der gestiegenen Kosten auf unsere Gäste umzuwälzen. Eine weitere Herausforderung ist der Klimawandel mit seinen Folgen – Schneemangel im Winter und starke Hitze und Trockenheit im Sommer. Hier gilt es Tourismus neu zu denken. Wir legen in unseren alpinen Hotels zum Beispiel einen immer stärkeren Fokus auf sanften Wintertourismus, der abseits der Pisten stattfindet, konzentrieren uns auf Sportarten, die auch ohne Schnee im alpinen Gelände möglich sind wie Biken und Wandern und bauen unser Wellness-Angebot weiter aus.
Thomas Haas, CEO H-Hotels:
Die Weiterentwicklung unserer Marken, die Überarbeitung der Markenarchitektur, die Optimierung der Ratenstruktur in den einzelnen Marken und die daraus folgende Ergebnissteigerung sind unsere Hauptziele für das Jahr 2024.
Alexander Winter, CEO Arcona Hotels:
Der Fachkräftemangel und die Wohnraumbeschaffung für Mitarbeitende. Hinzu kommen die Kostensteigerungen in allen Bereichen. Die Digitalisierung hilft uns dabei, unsere Angebote an die Situation anzupassen. Aber wir müssen auch unseren Anspruch den Kunden gegenüber anpassen.
Sabine Möller, Geschäftsführung CPH Hotels:
Die Fortsetzung der Umstrukturierung von Geschäftsprozessen. Wir beschäftigen uns auch mehr mit KI für unsere Büro, aber auch für unsere Hotels. Die Hotels leiden unter Mitarbeitermangel und hierfür wollen wir bessere Hilfestellung geben, auch mit Unterstützung von KI. Sie hilft uns beispielsweise beim Zusammenstellen von Arrangements. Wir lassen uns von ChatGTP inspirieren, auch für die Social-Media-Texte.
Phillip Winter, CMO a&o Hostels:
Das wären zum einen die Streiks. Auch wenn Bahnstreiks jetzt erst einmal abgewendet scheinen – so hatten wir mit der schlechten Planbarkeit der Anreisen durch Arbeitsniederlegungen bei Bahn und Flügen bereits unsere erste große Herausforderung in diesem Jahr. Zum anderen sind es die Kosten: Preissteigerungen sowie Steuererhöhungen insbesondere im Bereich Food fordern uns, wir können und wollen die Steigerungen nicht komplett weitergeben – Familien, Schulklassen und Gruppen sind unsere Gäste. Also stellen wir unsere Angebote teilweise um, zum Beispiel bieten wir unterschiedliche Säfte beim Frühstück. Aufgrund der aktuellen Orangenkrise wurden wir mit Preissteigerungen von 35 Prozent konfrontiert. Das können und wollen wir nicht aufschlagen und verzichten am Frühstücks- beziehungsweise Abendbuffet nun auf Orangensaft.
Thomas Hagemann, COO Meininger Hotels:
Nach drei neuen Häusern im vergangenen Jahr stehen 2024 bei Meininger keine Neueröffnungen an. In den darauffolgenden Jahren werden aber Hotels in Barcelona, Edinburgh und Tel Aviv an den Start gehen. Außerdem sind derzeit neue Märkte wie Griechenland und Portugal sowie weitere Häuser in Spanien und Frankreich im Gespräch. Zeitgleich investieren wir in bestehende Standorte, um sie auf den heutigen Meininger-Standard zu bringen. Momentan werden zehn Hotels renoviert und teilrenoviert, darunter ein Haus in München und beide Häuser in Wien.
Was unsere Performance betrifft, stehen wir inzwischen besser da als vor Corona. Der Umsatz belief sich 2023 auf 195 Mio. Euro, für dieses Jahr rechnen wir mit 220 Mio. Euro. Auch der RevPar (2023: 82 Euro; 2024: 91 Euro) und die Belegung (2023: 76 Prozent; 2024: 81 Prozent) wachsen stetig. Es zeichnet sich ab, dass wir dieses Geschäftsjahr mehr Gruppen beherbergen werden als je zuvor. Neben Gruppen zählen Familien, Alleinreisende und Backpacker zu unseren stärksten Zielgruppen. Bedingt durch die Inflation der letzten Jahre achten die Menschen verstärkt auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis beim Reisen, wovon wir natürlich profitieren.
Eine unserer Herausforderungen ist nach wie vor die Personalsuche. 2022 haben wir deswegen ein eigenes Projektteam für Employer Branding gegründet. Das hat Früchte getragen und die Situation verbessert. Darüber hinaus arbeiten wir an unserer Markenbekanntheit allgemein, denn eine von uns beauftragte repräsentative Umfrage hat uns Ende 2022 aufgezeigt, dass es in diesem Bereich noch Luft nach oben gibt. Und das packen wir tatkräftig an.
Sabine Huber, Pressereferentin Groupe Pierre & Vacances /Center Parcs Germany, und Lucas Scholl, Account Executive Global Communication Experts (GCE):
Der Fachkräftemangel ist sicher für viele touristische Anbieter eine große Herausforderung, bei Center Parcs hält er sich aber in Grenzen und liegt eher im Bereich unserer Wasserwelt Aqua Mondo, aber unsere Recruiting-Abteilung ist hier sehr gut aufgestellt. Für die Gastronomie können wir nicht sprechen, dafür ist der Dienstleister Areas zuständig.
Juan Pita Urgoiti, Hotel Operations Expert IFA by Lopesan Hotels:
Wir wollen in Europa wachsen und sehen gerade in Deutschland viel Potenzial. Es ist ein attraktives Land, der Inlandstourismus boomt. Nach Corona sind die Menschen wieder hungrig aufs Reisen. Unser Schwerpunkt lag bisher in der Ferienhotellerie, allerdings ist es schwieriger, in diesem Markt zu wachsen. Daher wären auch Stadthotels für uns denkbar. Derzeit gehören zu IFA vier Häuser in Deutschland, darunter drei an der Ostsee und eines im Vogtland, die wir alle verkauft haben und über langfristige Management-Verträge betreiben. So können wir das Geld nutzen, um weltweit zu expandieren. Derzeit haben wir zwei neue Projekte in der Pipeline – ein Ferienhotel in der Nähe von Berlin und eins in Prag. 2024 und 2025 werden alle deutschen Häuser komplett renoviert.
Um strukturierter wachsen zu können, zentralisieren wir derzeit in unserem neuen Büro in Berlin alle nicht-operativen Dinge. Somit können wir Projekte jetzt einfacher vorantreiben, die Hotels besser betreuen und sind bereit, ab sofort auch weitere Projekte aufzunehmen und auszubauen.
Wir haben in jedem Bereich Spezialisten rekrutiert, um zusammen mit der Lopesan-Hotelgruppe technologische Integrationen voranzutreiben. So überarbeiten wir etwa gerade unsere komplette Hard- und Software. Auch eine neue Webseite ist für alle sieben IFA-Hotels geplant. Bisher verzeichnen wir bis zu 50 Prozent Direktbuchungen (Telefon/E-Mail, Webseite), der Anteil der OTAs ist weiterhin hoch.
Das Jahr 2023 ist für uns sehr gut gelaufen, 2024 rechnen wir mit einem Umsatzplus von bis zu 5 bis 7 Prozent. Busreisen sind mit rund 15 Prozent aller Buchungen ein wichtiges Standbein, vor allem in der Nebensaison. Unsere größte Herausforderung ist nach wie vor der Fachkräftemangel, da unsere Häuser fernab von Großstädten liegen.
Carmen Dücker und Marcus Smola, CEOs BWH Hotels Central Europe:
Leisure Travel, erdgebundene Reisen und Extended Stay sind im Aufwind. Das Leisure-Business wird dabei deutlich individueller und hat wieder einen anderen Wert bekommen. Obwohl es immer mehr Menschen schwerfällt, ihren Urlaub zu finanzieren, rücken sie dennoch nicht von ihren Ansprüchen an diesen ab. Statt ‚Hauptsache billig‘ zählt, dass Urlaub guttut.
Josef Dolp, Chief Operating Officer & Guest Experience Officer H World International:
Ein großer Trend ist, dass Arbeit und Freizeit, Geschäfts- und Freizeitreisen miteinander kombiniert werden. Dies spiegelt sich beispielsweise im Design der neuesten Generation der Intercityhotels wider: Die Lobby als dynamischer „CitySquare“ ist als urbaner Hub zum fokussierten Arbeiten, geselligen Beisammensein oder entspannten Kaffeetrinken gestaltet.
Max C. Luscher, CEO Central & Northern Europe B&B Hotels:
Vor zehn Jahren hieß es, der globale Trend ist Luxus oder Askese. Während Corona boomte Deutschland, doch das war 2023 schon nicht mehr so. Ist der Leisure-Hype also schon wieder vorbei? Für uns spielt es keine Rolle, weil wir in den Massenmarkt reingehen können. Mit unserem neuen Standort in Willingen sind wir zufrieden, wir haben eine Pipeline im Allgäu und im Harz. Andererseits haben Segmente wie Camping und Caravaning dazugewonnen. Wird das den Markt nachhaltig beeinflussen? Nein. Ich glaube, der Einfluss kommt eher aus anderer Richtung: Die Lohn-Inflations-Schere ist zum Nachteil der Bevölkerung auseinandergegangen, gerade bei den unteren Einkommensschichten. Doch hier sind wir mit unserem Business-Modell wieder gut positioniert.
Jano Martin, CFO/Managing Director TUI Blue:
Übergeordnete Trends sind, dass Erlebnisse immer wichtiger werden.
Alexandra Geyer, Unternehmenssprecherin Falkensteiner Michaeler Tourism Group:
Ein großer Reisetrend ist Camping. Wir konzentrieren uns schon seit Langem auf das Thema Glamping und führen auch erfolgreich einen mehrfach ausgezeichneten Premium-Campingplatz bei Zadar in Kroatien. Beim Glamping oder Premium-Camping sehen wir ein so großes Potenzial, dass wir letztes Jahr eine eigene Camping-Unit gegründet haben, im Laufe des Jahres die neue Brand launchen und bereits im Mai einen weiteren Campingplatz am Blagus See in Slowenien eröffnen werden. Auch Urlaub im eigenen Apartment, mit der Möglichkeit, die Infrastruktur und Annehmlichkeiten eines Hotels mizu nutzen, wird immer beliebter. Gerade in Zeiten des Homeoffice, wo es möglich ist von überall zu arbeiten, nutzen viele diese Möglichkeit, um Arbeit und Urlaub zu verbinden – Stichwort Workation. Bei Kinderhotels wird das Entertainment-Programm immer wichtiger. Die Zeit der Bällebäder ist vorbei. Es geht in Richtung Edutainment. Das Angebot reicht von Nachhaltigkeitsthemen über MINT-Workshops bis hin zu Kochkursen und diversesten Sportmöglichkeiten – alles Aktivitäten, bei denen Kinder spielerisch lernen und Neues entdecken, sind im Trend.
Thomas Haas, CEO H-Hotels:
Das Buchungsverhalten unserer Kunden ändert sich. Besonders im Bereich Convention. Die Buchungsanfragen sind kurzfristiger und ihre Entscheidungen treffen sie schneller. Die Veranstaltungen entwickeln sich hin zu kleineren Formaten, bei denen unsere Kunden ihre Mitarbeiter aus entfernten Regionen mithilfe unserer modernen Technik digital zugeschalten.
Alexander Winter, CEO Arcona Hotels:
Das Reisen mit dem Flugzeug ist unkalkulierbar geworden. Wir gehen davon aus, dass das einige Gäste mehr im Land hält und sind davon überzeugt, dass erdgebundene Reisen – und natürlich auch die kurzen Flüge nach Mallorca – weiter beliebt bleiben. Auf der anderen Seite brauchen wir im Bereich Deutschland-Tourismus noch mehr Innovation und Internationalität. Er ist noch zu sehr national geprägt. Wir waren hier schon einmal viel weiter mit Gästen aus Skandinavien, den Niederlanden oder Österreich.
Sabine Möller, Geschäftsführung CPH Hotels:
An Nord- und Ostsee ist die Nachfrage unverändert hoch. Für Städtereisen müssen wir die passenden Angebote und Inspiration liefern. Insider-Tipps, authentische Tipps von den einzelnen Kollegen. Städte wie Fulda, Ulm oder Wuppertal sind absolut sehenswert.
Phillip Winter, CMO a&o Hostels:
Nachhaltiges und authentisches Reisen und Erleben stehen ganz oben – Bedürfnisse, für die konkrete, erfahrbare, transparente Lösungen und Angebote eingefordert werden. Das wird uns auch weiterhin beschäftigen. Außerdem: Flexible Planbarkeit. Gäste buchen einerseits wieder länger im Voraus, erwarten gleichzeitig aber einfache Stornierungs- beziehungsweise Änderungsmöglichkeiten. Dazu ist der Hype bei Gruppenreisen ungebrochen und gerade hier gibt es auch keine Off-Season mehr, gereist wird das ganze Jahr hindurch. Nicht zuletzt wird gesunde Ernährung wird immer wichtiger – auch unterwegs und im Urlaub. Gäste bevorzugen zunehmend nachhaltigere Ernährungsoptionen, zum Beispiel vegane Frühstücksalternativen.
Sabine Huber, Pressereferentin Groupe Pierre & Vacances /Center Parcs Germany, und Lucas Scholl, Account Executive Global Communication Experts (GCE):
Wir verspüren klar einen Trend zu erdgebundenen Reisen. Die Leute buchen lieber bei uns, weil sie von Naturkatastrophen wie Feuer oder Überschwemmung im Ausland genug haben. Auch die Streiks im Bahn- und Flugverkehr spielen uns zu. Da setzen sich die Gäste lieber ins Auto. Die Aufenthalte werden insgesamt länger, Center Paris wird zunehmend zur Destination für den Haupturlaub. Dabei zeichnet sich klar der Trend nach höherpreisigen Häusern ab.
Carmen Dücker und Marcus Smola, CEOs BWH Hotels Central Europe:
Die wilden Preiskämpfe haben etwas nachgelassen. Außerdem nehmen wir einen größeren Geist der Zusammenarbeit wahr, sprich Kollaborationen und die Wichtigkeit von Verbänden, die uns bei vielen Themen unterstützen. Schließlich werden wir alle mit Dingen konfrontiert, die für uns neu sind und die uns alle gleich betreffen. Der Mitarbeitermangel etwa ist in der gesamten Touristik ein Thema. Hier erleben wir mehr Miteinander und Austausch, mehr Offenheit was den Konzepte- und Know-how-Austausch betrifft.
Josef Dolp, Chief Operating Officer & Guest Experience Officer H World International:
Die Anforderungen in puncto Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind hoch. Zudem wird Flexibilität immer wichtiger. Im Tagungssegment erleben wir beispielsweise einen Mix aus Tagungen und Veranstaltungen mit langem Planungshorizont sowie Tagungen und Veranstaltungen mit sehr kurzem Planungsvorlauf, eine Schere, die für die Hotels mit ihrer Planung von zum Beispiel Personal in Einklang zu bringen ist.
Max C. Luscher, CEO Central & Northern Europe B&B Hotels:
Der Markt in Summe hat große Herausforderungen: Mitarbeiter, Digitalisierung bis hin zur erodierenden Profitabilität, die gegenüber 2019 um einen signifikanten Prozentanteil eingebrochen ist. Hier wird es kurzfristig ohne wirtschaftliche Schnellerholung keine Hoffnung auf Besserung geben. Die russischen Gäste fehlen, das Reisevolumen aus China ist noch lange nicht da, wo es einmal war. Blickt man zurück auf 2023 lag der Angebotszuwachs an Betten in Deutschland je nach Standort bei rund 15 bis 20 Prozent, die globale Nachfrageentwicklung dagegen bei plus minus null Prozent. Hier geht die Schere weiter auseinander, trotzdem hatten wir schon die gleichen Umsätze wie vor der Krise. Das heißt, wenn sich der Markt angesichts der anstehenden Fußball-EM in Deutschland weiter erholt, werden wir 2024 noch besser dastehen als 2019.
Jano Martin, CFO/Managing Director TUI Blue:
Nachhaltigkeit und neue Technologien sind heute sehr wichtig. Wir arbeiten weiterhin intensiv an der Verringerung von Food Waste und an der CO2-Reduktion. Im deutschsprachigen Raum werden die CO2-Kompenations-Programme aber noch kaum wahrgenommen. Im Marketing werden die Entwicklungen von KI für die Kundenansprache eine zunehmende Rolle spielen. Das hilft dabei, auf halbwegs empathische Weise große Mengen an Information zu sammeln und sie entsprechend umzusetzen. Außerdem werden Marken immer wichtiger. Sie geben Gästen Sicherheit, und es wird zunehmen, dass auch kleinere Häuser unter ein Dach schlüpfen, nicht nur wegen der Vertriebsstärke, sondern auch wegen des Qualitätsversprechens, das Marken geben.
Alexandra Geyer, Unternehmenssprecherin Falkensteiner Michaeler Tourism Group:
Das Thema „verantwortungsvoll Urlauben“ wird immer wichtiger – für die Branche, aber auch für die Gäste. Sowohl die Betriebe als auch die Gäste gehen achtsamer mit den Ressourcen um. Das beginnt beim täglichen Zimmerservice und geht über den Handtuchverbrauch bis zur Müllvermeidung. Ein Thema, das uns auch stark beschäftigt, ist die Mobilität im Tourismus. Hier versuchen wir unsere Gäste zu motivieren, klimafreundlich zu reisen und bekommen dafür auch positives Feedback. Gerade bei den Häusern in ländlichen Gegenden stehen wir aber oft vor der Herausforderung der „last mile“. Eine weitere Entwicklung, die wir beobachten ist, dass unsere Gäste immer stärker nach authentischen und besonderen Urlaubserlebnissen suchen. Sie möchten in die Destinationen eintauchen und das Leben auch außerhalb des Hotels mitbekommen.
Thomas Haas, CEO H-Hotels:
Unsere Branche darf weitere Lösungen für den Fachkräftemangel finden. Mithilfe von moderner Technik, der Implementierung von Systemlandschaften und KI haben wir Entwicklungspotenzial. Damit können wir Schritt für Schritt Synergien schaffen und Arbeitsplätze neu definieren.
Alexander Winter, CEO Arcona Hotels:
Das Thema Nachhaltigkeit im Tourismus wird sich weiterentwickeln. Ein weiterer Trend ist die Konzentration in der Branche, die Aufkäufe von Portfolien werden sich fortsetzen, in der Ferienhotellerie allerdings nicht in dem Maße wie in der Stadthotellerie.
Sabine Möller, Geschäftsführung CPH Hotels:
Die Konzernhotellerie ist weiter auf dem Vormarsch, aber es gibt so viele tolle Kollegen aus der Privathotellerie, die einen super Job machen und sich nicht frustrieren lassen. Die Bereitschaft, sich immer wieder auf Neues einzustellen ist anstrengend. Es ist eine Kunst, das mitzumachen und sich Inseln zum Luftholen zu schaffen. Ich bin aber zuversichtlich, dass auch die Privathotellerie in Deutschland weiterhin gute Chancen hat.
Phillip Winter, CMO a&o Hostels:
Automatisierung und technologische Integration: Um den Gästeservice weiter zu verbessern, werden besonders die Bereiche Check-in und Buchungsabwicklung in den Fokus gerückt. Die a&o-App erleichtert beides, ist darüber hinaus digitale Schlüsselkarte und ermöglicht personalisierte Gästeerlebnisse wie Essens- oder Getränkebestellungen. Hier gibt es fortlaufend technische Weiterentwicklungen und mithilfe von KI und Datenanalysen mehr Service. Aber: Technologie ist kein Selbstzweck, sondern eine Ergänzung – für ein Mehr an persönlichem Service durch die Mitarbeitenden. Stichwort Soziales: Unternehmen engagieren sich mehr und mehr in sozialen und gemeinschaftlichen Initiativen. Die positiven Auswirkungen des Reisens sollen verstärkt hervorgehoben werden. Außerdem werden Austausch, Begegnung und Toleranz in den Mittelpunkt gestellt. Das sind Aspekte, die deutlich an Beachtung gewinnen, zum Beispiel in Zusammenhang mit Bildungsprojekten und kulturellen Veranstaltungen. Das Reiseerlebnis geht in Zukunft noch sehr viel weiter über Unterkunft und Verpflegung hinaus – es geht um Engagement, Interaktion und Bewusstsein.
Sabine Huber, Pressereferentin Groupe Pierre & Vacances/Center Parcs Germany, und Lucas Scholl, Account Executive Global Communication Experts (GCE):
Nach wie vor ist unser Wasserwelt Aqua Mundo für Familien mit Kindern der USP, aber wir verspüren auch eine gesteigerte Nachfrage nach Aktivitäten in der Natur. Wir haben dafür zum Beispiel ein lehrreiches Kinderprogramm entwickelt, das ohne erhobenen Zeigefinger stattfindet und sehr beliebt ist. In Bispinger Heide gibt es einen Natural Trail, den man allein oder mit einem Ranger gehen kann. Und in unser „Wannabe-Programm“, bei dem sich Kinder in das verwandeln können, was sie gern einmal sein wollten, haben wir zum Beispiel auch Berufe wie Imker aufgenommen.
Susanne Stauß/Natascha Ziltz/Brit Glocke