Tophotel interviewt immer wieder Branchenpersönlichkeiten, die einen neuen Job angetreten haben. Wie erleben sie ihren neuen Arbeitsplatz, welche Aufgaben konnten sie bereits angehen, wo stoßen sie an Grenzen? Diesmal: Michael Artner (37), General Manager im Öschberghof.
Herr Artner, seit Oktober sind Sie General Manager des Öschberghof. Davor waren Sie dort bereits über anderthalb Jahre als Hotelmanager tätig. Ihr Arbeitsplatz ist also gleichgeblieben. Wie war der Übergang? Was hat sich mit der neuen Position verändert?
Michael Artner: Der Übergang zur neuen Position war nahtlos. Das lag auch daran, dass ich nicht neu in ein Hotel gekommen bin und somit auch kein „Eis brechen“ musste. Das Team wusste, wer ich bin und wie ich ticke, und deshalb ging es vor allem darum, mich in meine neuen Aufgaben einzufinden. Als GM habe ich jetzt noch mehr Verantwortung und setze mich noch mehr mit den Details und den einzelnen Abteilungen auseinander als vorher. Meine Hauptansprechpartner sind unsere sechs Directors. In dieser neu geschaffenen Management-Struktur sind nun alle Verantwortungsbereiche besetzt.
Was bedeutet mehr Verantwortung konkret?
Während mein Fokus als Hotelmanager mehr auf den Rooms-Bereich gerichtet war, habe ich jetzt als GM die komplette Verantwortung für das operative Geschäft des Fünfsterne-Resorts inne. Hinzu kommt der repräsentative Part als Spitze unserer Management-Struktur.
Wie sieht der Workflow des Management-Teams aus?
Das Team besteht aus David Breuer (Director of F&B & Training), Ben Hortig (Director of Sports), Mirjam Felisoni (Director of Data Protection, Security and VIP), Maxi Laermann-Morales (Director of HR), Irina Mack (Director of Finance) und Alexander Berner (Director of Engineering). Wir treffen uns regelmäßig zu Executive Meetings, bei denen wir unsere Strategien, größere Veränderungen oder Investitionen besprechen. Wir stecken gemeinsam unsere Vorhaben und deren Umsetzung ab und welche Ziele wir erreichen wollen. Es folgt ein sehr konstruktiver Austausch mit Managing Director Alexander Hengst, der das Hotel schon sehr lange kennt und auf dessen Knowledge ich hier jederzeit zurückgreifen kann.
Zwischen dem Weggang Ihres Vorgängers Alexander Aisenbrey Ende März 2023 und Ihrer Berufung zum GM im Oktober 2023 lagen etwas sechs Monate – wieso diese lange Übergangsphase?
Ich denke, das Hotel und alle Shareholder wollten sich die Zeit geben die es braucht, um wirklich den passenden General Manager für diese Aufgabe zu finden. Deshalb verstärkte operativ zuerst einmal Alexander Hengst als Managing Director das Team, der sich die bestehenden Strukturen in Ruhe angesehen hat. Als dann bekannt wurde, dass ich den GM-Posten übernehmen werde, war die Euphorie im Team und der Rückenwind entsprechend groß.
Der Öschberghof
Seit 1976 gibt es den Öschberghof in Donaueschingen, 2019 wurde er als Fünfsterne-superior-Resort wiederöffnet. Seither steht das 127-Zimmer-Haus für eine große Angebotsvielfalt rund um Sport, Kulinarik, Tagung, Spa und Wellness. Eigentümer ist Aldi Süd. Der Öschberghof beschäftigt knapp 400 Mitarbeiter, darunter 100 Auszubildende und Studenten. Für die Aus- und Weiterbildung betreibt das Haus eine eigene Schulungsakademie, bietet Lehr- und Studiengänge an und kooperiert hierbei unter anderem mit der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf.
Wie sind Sie die neue Aufgabe konkret angegangen?
Die ersten vier Wochen habe ich viele Gespräche geführt. Angesichts der Repositionierung des Öschberghofs im Geschäftsleitungsbereich war es meine Aufgabe, unsere Gastgeberinnen und Gastgeber diesbezüglich abzuholen. Veränderungen sind Teil des Business – es gibt Wechsel in Geschäftsführungen, Mitarbeiter orientieren sich neu etc. Hier war es an mir, unserem Team zu kommunizieren, dass wir nichts an der Strategie ändern werden, sprich, dass der Öschberghof bleibt, was er ist und sich darüber hinaus auch weiterentwickelt. Mir war es wichtig präsent zu sein, alle Fragen zu beantworten, ein offenes Ohr zu haben und so meine gute Beziehung zum gesamten Team zu verfestigen.
Wie sieht Ihr Führungsstil konkret aus?
An erster Stelle kommt bei mir Vertrauen. Damit meine ich, dass sich angesichts unserer Betriebsgröße einer auf den anderen verlassen können muss. Micro Management widerstrebt mir total. Vielmehr fördere und fordere ich, dass Mitarbeiter mit ihren Ideen zu mir kommen, so dass sich jeder bei uns in seinem Bereich ausleben und einbringen kann. Jeder muss sich wertgeschätzt fühlen, dann kommt auch die nötige Emotion – sowohl den Gästen gegenüber als auch im Team – und die nötige Motivation. Ich vergleiche Führung gern mit einem Orchester: Der Dirigent eines Orchesters kann nicht jedes Instrument spielen, doch er muss die Partitur lesen und verstehen können und er muss immer das große Ganze im Blick haben. Das ist mir wichtig – auf Augenhöhe.
Welche ersten Veränderungen sind Sie in der neuen Position angegangen?
Grundsätzlich gab es operativ keine Dinge, welche wir umgehend angehen oder verändern mussten. Auch wenn ich aus dem Rooms- beziehungsweise Sales-Bereich komme, liegt mir auch F&B sehr am Herzen. Ganz gleich ob es sich um einen Kaffee, ein Clubsandwich oder ein Menü in unserem 2-Sterne-Gourmet-Restaurant Ösch Noir handelt – hier geht es um Details, hier muss Emotion passieren! Oder beim Blumenschmuck und der Dekoration: Wie dekorieren wir, was machen wir in den Zimmern? Auf der Flughöhe, auf der wir uns bewegen, können wir unsere Qualitätsziele nicht hoch genug stecken und müssen eigentlich immer zwei, drei Schritte darüber sein. Dabei gilt der Anspruch: Heute besser als gestern und morgen besser als heute. Das ist zugleich die größte Herausforderung.
Mit welcher Motivation sind Sie den GM-Posten angetreten?
Was für mich neben der Führungsqualität, Mitarbeitermotivation und Gästebegeisterung zählt, ist wirtschaftlicher Erfolg. Dabei müssen wir uns auf das Vorhandene konzentrieren, dort noch besser werden und uns immer wieder neu erfinden. Die Möglichkeiten dazu bietet unsere Angebotsvielfalt, in der ich auch unsere Stärke sehe. Rund 60 Prozent unserer Gäste sind Stammgäste, die drei bis fünfmal im Jahr zu uns kommen. Wenn sie eine Woche hier sind, haben sie die Möglichkeit fünf verschiedene Restaurants zu besuchen, Golf zu spielen, ins Spa oder zum Sushi-Kochkurs zu gehen und vielleicht noch ein Event mitzunehmen. Diese Angebotspalette füllen wir immer wieder mit neuen Impulsen und Leben, denn unsere Destination ist herausragend, weil sie von der Natur her Ruhe und Abgeschiedenheit bietet. Wir profitieren vom Trend der urbanen ‚Flucht‘ raus aufs Land. Diese Entwicklung, die Menschen vermehrt für kürzere und längere Aufenthalt in die Natur führt, wird sich fortsetzen.
Haben Sie einen Lieblingsort im Hotel?
Ja, die Smokers Lounge, auch wenn ich selbst nur ab und an mal eine Zigarre rauche. Die Lounge ist der einzige Ort im Hotel, der nach dem Umbau noch Original erhalten geblieben ist – bis auf die Technik hat sich hier wenig verändert. Ich sage immer, wenn diese Wände und Sessel sprechen könnten … Der Ort hat Charakter und man weiß einfach, hier ist schon viel passiert.
An welchen Projekten oder Themen arbeiten Sie momentan?
Die Flughöhe zu halten und auf alle Trends und Herausforderungen schnell zu reagieren, ist meine größte Aufgabe. Dafür gilt es uns immer wieder zu hinterfragen, Workflows zu prüfen und Standards zu optimieren. Außerdem planen wir fünf bis sechs Bullet-Events in diesem Jahr, auf die wir uns auch vermarktungstechnisch konzentrieren. Zum Beispiel wird es im August eine Big-Bottle-Pool-Party mit DJ geben. Und wir werden erneut unser ‚Öktoberfest‘ organisieren. Ein weiteres Highlight im Herbst wird unsere große Gourmet-Night, bei der unser 2-Sterne-Koch Manuel Ulrich aus dem Ösch Noir Kollegen aus der internationalen Sterneküche zu uns einlädt. Im November folgt dann unsere beliebte Spa & Sushi Night, die schon nicht mehr aus dem Terminkalender wegzudenken ist. Hinzu kommen viele Events, bei denen wir den Austragungsort stellen, wie etwa das Mercedes Trophy Deutschland und World Final. Außerdem logiert in diesem Sommer die spanische Nationalmannschaft über fünf Wochen exklusiv bei uns im Hotel.
Das heißt, der Öschberghof ist in dieser Zeit für Gäste nicht geöffnet?
Genau, die spanische Mannschaft hat das Hotel exklusiv für sich. Für unser eigenes Team ist das auch eine besondere Zeit und teilweise sogar planbarer, als der normale Hotelalltag, da der Tagesablauf der Fußballer – vom Frühstück über Trainings bis zum Abendessen – komplett durchgetaktet ist. Hier laufen gerade noch viele Abstimmungen, sei es mit der Stadt Donaueschingen oder unserem Sportverein in Aasen, bei dem die Trainings stattfinden. In der Vergangenheit waren bereits der FC Liverpool, der FC Barcelona und ein Großteil der deutschen Erstligisten bei uns – wir wissen also, worauf es ankommt. Für die Mitarbeiter ist es dennoch immer wieder etwas Besonderes. Und die Sichtbarkeit, die wir dadurch bekommen, ist für uns natürlich sensationell.
Welche Learnings aus Ihrem bisherigen Werdegang helfen Ihnen heute in der neuen Rolle?
Meine Zeit im Sales bei Marriott hat mich sehr geprägt – von der Professionalität über Arbeitsprozesse bis hin zur Wirtschaftlichkeit. Demgegenüber steht die Privathotellerie wie ich sie im Maximilian’s in Augsburg oder im Öschberghof erlebt habe. Das hat mein Servicedenken – Stichwort Magic Moments kreieren – noch einmal auf ein anderes Level gehoben. Die Kombination dieser beiden Seiten war eine gute Mischung und für meine Karriere sehr wichtig.
Michael Artner
Der gebürtige Regensburger Michael Artner (37) ist seit 2022 am Öschberghof, zunächst als Hotelmanager, seit Herbst 2023 ist er General Manager. Gemeinsam mit Managing Director Alexander Hengst, dem Management und den Abteilungsleitern bildet er die Führung des Öschberghofs.
Michael Artner startete seine Karriere im Jahr 2006 bei Marriottmit derAusbildung zum Hotelfachmann und war anschließend als Market Sales Manager für die Münchner Häuser zuständig. Ab 2016 folgte das Steigenberger Hotel Maximilian´s in Augsburg, zunächst in der Abteilung Sales und Marketing und später in leitender Position als Director of Sales und Marketing. 2019 übernahm er Verantwortung des Hotels, erst als Assistant General Manager und dann ab März 2021 bis 2022 als Hotelmanager.
Michael Artner ist verheiratet und Vater zweier Kinder.
Welche wichtigste neue Erkenntnis nehmen Sie aus den ersten Monaten in Ihrer neuen Rolle mit?
Präsent sein! Präsenz ist enorm wichtig, damit die Mitarbeiter immer das Gefühl von Sicherheit und Empowerment haben, so dass sie den Kopf frei haben können für ihre Aufgaben.
Auf was freuen Sie in der nächsten Zeit besonders?
Auf die Planung unserer Events, weil wir sie anders angehen, als in den Vorjahren. Wir wollen bewusst auch jüngere Gäste ansprechen. Außerdem freuen wir uns auf die kommende Golfsaison, denn sie ist von April bis Oktober unser USP. Und natürlich die Fußball-EM – das ist ein Highlight, das man selbst als GM nicht so oft in seiner Karriere erlebt.
Gibt es außer der Verjüngung noch weitere strategische Ziele?
Ja, wir wollen auch unsere Visibilität in der Region noch einmal erhöhen – bis hin zu einem Umkreis von 200 Kilometern. Unser Ziel ist es vom Bodensee bis Stuttgart eine gute Reputation zu haben. Zum anderen steht das Thema „Qualität halten“ im Fokus. Meiner Meinung nach ist das entscheidend, um uns von den Mitbewerbern abzuheben und auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Unsere Strategie zielt hier auf das Training der eigenen Mitarbeiter ab, das wir größtenteils in unserer eigens dafür gegründeten Akademie selbst umsetzen.
Können Sie gut abschalten beziehungsweise wie schaltet man in Donaueschingen ab?
Ja, das kann ich gut. Selbstverständlich bei und mit meiner Familie, diese Zeit ist mir heilig, oder bei meinem Hobby, der Jagd.
Was würden Sie gern (wieder) einmal machen, wozu Sie sonst nie kommen?
Ich habe früher gemeinsam mit meiner Schwester sehr viel Musik gemacht. Heute schaffen wir das nur noch selten. Das vermisse ich.
Zehn Jahre Marriott, sechs Jahre Augsburg, nun bereits zwei Jahre Öschberghof. Analog diesem Rhythmus bleiben Sie also noch einige Jahre?
Das ist eine sehr gute Frage (lacht). Mein Vorgänger hat bereits gezeigt, dass der Öschberghof so groß und vielfältig ist, dass man hier auch nach 20 Jahren noch täglich eine neue Herausforderung haben kann. Das ist in der Tat so, denn hier ist kein Tag planbar – gerade auch angesichts der Veränderungen und der Schnelllebigkeit unserer Branche, in der du dich fast jeden Tag neu erfinden musst, um keine Trends zu verpassen und weiter interessant zu bleiben. Mein Fokus liegt auf dem Öschberghof und das ist eine Riesenaufgabe. Mit dieser Position in diesem Hotel geht für mich zugleich ein Traum in Erfüllung. Mit meiner Frau und unseren beiden Kindern wollen jetzt auch familiär hier ansässig werden.