Mikrogasturbinen bieten eine kontinuierliche Grundlastwärme für Heizzwecke und Wärmeversorgung und können eine mögliche Alternative zu Blockheizkraftwerken sein. Eine Technologie mit Zukunftspotenzial?
Mikrogasturbinen zur Wärme- und Stromerzeugung sind in Deutschland kaum bekannt. Dabei handelt es sich um eine effiziente kleine Gasturbine für den Einsatz in der dezentralen Energieversorgung, die mit Kraftstoffen wie Erd- und Biogas sowie flüssigen Brennstoffen betrieben werden kann. Nicht nur, aber gerade für Hotels mit Spa- und Wellnessbereich kann diese Technologie eine interessante Option sein.
Mit einer soliden Brennstoffausnutzung von mehr als 90 Prozent liefern Gasturbinen Energie in Form von rund einem Drittel Strom und zwei Dritteln Wärme. Doch was sind die wichtigsten Eckdaten, und welche Vorteile bieten sie gegenüber traditionellen Anlagen? Und wie lassen sie sich in die vorhandene Infrastruktur integrieren?
Zuverlässig und wartungsarm
Eine Mikrogasturbine mit einer elektrischen Leistung von 100 Kilowatt stellt eine zusätzliche Wärmeleistung von 200 Kilowatt bereit. Diese Wärme kann über einen Wasserwärmetauscher zur Erhitzung von Wasser oder anderen Medien genutzt oder mittels eines Absorptionskühlers zur Kühlung von Räumen oder Geräten eingesetzt werden. Je nach Jahreszeit und Betriebsmodell kann entweder der Wärmetauscher oder der Absorptionskühler versorgt werden. Doch warum sollten sich Hoteliers für Mikrogasturbinen und gegen ein anderes Strom-Wärme-Erzeugungssystem entscheiden? Mögliche Vorteile sind:
- Die erzeugte Wärme lässt sich für den Betrieb von Wellnessbereichen, Wäschereien und Pools nutzen.
- Die Aufstellung der Mikrogasturbinen erfordert keine speziellen Anforderungen. Sie zeichnen sich durch geringe Vibrationen aus und benötigen nur wenig Betreuung seitens der Haustechnik.
- Ein wesentlicher Vorteil liegt in der Möglichkeit des variablen Mischbetriebs mit verschiedenen Brennstoffen, etwa Erdgas mit Biogas, Synthesegas oder Wasserstoff. Das Mischungsverhältnis lässt sich flexibel anpassen.
Bei einem Mischbetrieb erfolgt die Mischung der eingesetzten Brennstoffe in einer zur Mikrogasturbine externen Hilfsanlage, einem Brennstoffmischsystem, mit dem die Mikrogasturbine kommuniziert. Auch ein reiner Wasserstoffbetrieb ist möglich. Um diesen Punkt zu veranschaulichen, folgendes Beispiel: Eine Mikrogasturbine mit einer elektrischen Leistung von 100 Kilowatt im Volllastbetrieb benötigt etwa zehn Kilogramm Wasserstoff pro Stunde. Für die lokale Wasserstoffelektrolyse könnte der erforderliche Strom durch ein 2-Megawatt-Windrad oder ein 125m mal 125m großes Photovoltaikfeld erzeugt werden.
Beide Optionen sind in der Nähe eines Hotels denkbar, auch wenn der Betreiber Abstriche bei der Optik machen müsste. Eine teilweise Wasserstofferzeugung vor Ort ist bereits heute betriebswirtschaftlich realisierbar, was jedoch im Einzelfall genauer untersucht werden müsste. Natürlich gibt es auch Herausforderungen bei der Installation von Mikrogasturbinen in Hotels. Doch diese sind teils die gleichen wie bei herkömmlichen Heizungsanlagen:
- Die Turbinen sollten dort aufgestellt werden, wo es trocken und gut belüftet ist.
- Ein seitlicher Zugang für Wartungsarbeiten ist wichtig, idealerweise ebenerdig erreichbar.
- Um Außengeräusche zu minimieren, empfiehlt es sich, die Turbinen innen aufzustellen.
- Die Turbinen sollten eine freie Luftansaugung von außen haben, jedoch in einem Bereich stehen, der vor Unbefugten geschützt ist.
In Hotels kommen Mikrogasturbinen idealerweise beim Heizen, im Spa-Bereich und beim Schwimmbad zum Einsatz. Bei Bedarf kann auch die Klimatisierung im Sommer mithilfe einer Absorptionskühlanlage unterstützt werden. Besonders gut eignen sie sich für Hotels mit einem Wärmebedarf von mehr als 150 Kilowatt. Für höhere Anforderungen ist es möglich, mehrere Anlagen parallel zu installieren, was dem Hotelbetreiber zusätzliche Redundanzsicherheit bietet.
Durch den Einsatz eines zusätzlichen Gasspeichers kann ein Hotel – abhängig von der Speichergröße – unterschiedlich lange autonom mit Strom und Wärme versorgt werden. Die Planung und Lieferung des Gesamtsystems – bestehend aus Speicher, Mikrogasturbine und Anbindung ans Hausnetz für Strom und Wärme – sollten Fachleute übernehmen und an die Bedürfnisse des Hotels anpassen.
Rentabilität und ROI
Für Hotels in abgelegenen Regionen oder Ländern mit instabilen Stromnetzen sorgen lokale erneuerbare Energiequellen wie ein Windpark oder ein PV-Feld für Unabhängigeit. Ein Wasserstoffgasspeicher lässt sich dabei durch einen Elektrolyseur füllen, um so die Mikrogasturbine zu versorgen. Als Elektrolyseur wird eine Vorrichtung bezeichnet, in der mit Hilfe elektrischen Stromes eine chemische Reaktion, also eine Stoffumwandlung, herbeigeführt wird (Elektrolyse). Auch die Integration eines Elektrolyseurs in das Gesamtsystem sollten Profis übernehmen.
Wie lässt sich eine Mikrogasturbine in eine bestehende Infrastruktur integrieren? Die Anbindung an vorhandene Heizungs- und Warmwassersysteme erfolgt durch einen Abgas-/Wasserwärmetauscher, der direkt hinter der Mikrogasturbine platziert wird. Die am Markt verfügbaren Mikrogasturbinen sind gemäß den VDE-AR-N 4105 Normen als Stromerzeugungsanlagen konzipiert und mit entsprechender Leistungselektronik ausgestattet. Die Integration in eine übergeordnete Haustechnik-Systemsteuerung, einschließlich Leistungssteuerung, geschieht über eine Modbus-Anbindung.
Zentral für eine Entscheidung pro Mikrogasturbine ist die Wirtschaftlichkeit und der Return on Investment (ROI). Dabei hängt die Rentabilität von verschiedenen Faktoren ab: Hierzu gehören der spezifische Wärmebedarf des Hotels, die Verfügbarkeit und die Kosten des Brennstoffs. Es ist daher schwierig, hier eine generelle Aussage zu treffen. Dennoch gewährleistet der hohe Brennstoffausnutzungsgrad in jedem Fall eine äußerst effiziente Anlagenleistung. Zudem zeichnen sich turbinenbasierte Systeme im Vergleich zu anderen Arten von Strom- und Wärmeerzeugungssystemen durch ihre hohe Zuverlässigkeit aus. Die Betriebskosten liegen um etwa 20 bis 30 Prozent niedriger als üblich und sind obendrein weniger vom Brennstoffpreis abhängig.
Fest steht: Mikrogasturbinen stehen für eine Zukunftstechnologie. Zusammen mit den weiteren Entwicklungsfortschritten bei PV-Anlagen, Elektrolyseuren und Stromspeichern wird das Potenzial der Mikrogasturbinen-Technologie zur Umsetzung lokaler Energie- und Speichernetzwerke beitragen und die angestrebten hohen Wirkungsgrade solcher Verbundsysteme ermöglichen. Außerdem ist in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu erwarten, dass das Erdgasnetz durch ein Wasserstoffnetz ergänzt oder sogar ersetzt wird. Politische Vorgaben sind bereits festgelegt, und die Umsetzung befindet sich in der Planung. Mikrogasturbinen mit innovativen Brennkammersystemen sind bereits heute für den Einsatz in zukünftigen Energie-, Speicher- und Gasnetzwerken ausgelegt und betriebsbereit.
Fazit
Je nach Größe und Betriebsmodell bietet der Einsatz von Mikrogasturbinen enorme Vorteile für Hotels. Die Turbinen laufen äußerst vibrationsarm und zuverlässig. Die Haustechnik muss die Technologie nicht permanent überwachen. Darüber hinaus ermöglicht ihr Einsatz dank innovativer Brennkammersysteme eine flexible Nutzung und Mischung alternativer und erneuerbarer Brennstoffe. So lassen sich gleichzeitig auch die Ziele der Energiewende unterstützen und erreichen.
Über den Autor
Martin Unverricht ist Leiter für Mikrogasturbinen im Business Development bei Power Service Consulting (PSC). Das Unternehmen hat sich auf Wartungsdienstleistungen an Industrie- und Heavy Duty- Gasturbinen sowie Retrofitlösungen an deren Nebensystemen wie Brennstoffzuführungssysteme spezialisiert.