Weibliche Führungskräfte aus der Hotellerie sprechen darüber, warum Frauen auf ihrem Weg nach oben noch mehr Mut haben und ihre Netzwerke besser nutzen sollten.
Zum Internationalen Frauentag wollte Tophotel von weiblichen Führungskräften aus der Hotellerie wissen, welche Karrieretipps sie jungen Kolleginnen mit auf den Weg geben würden. Zusammengekommen sind inspirierende Antworten von 15 Frauen in Spitzenpositionen, die auch zeigen, warum Frauen in Führungspositionen immer noch wenig präsent sind. Aus Sicht von Susanne Gräfin von Moltke, Eigentümerin und Mitglied des Vorstands von Relais & Châteaux, ist die Hotellerie eine perfekte Branche für Frauen: “Strategisch, sehr vielseitig, kommunikativ, abwechslungsreich, intuitiv. Alle Entscheidungen sind Teamleistungen. Das entspricht den weiblichen Stärken sehr.”
Eine “unschlagbare Kombination” für den erfolgreichen Weg an die Spitze, sagt von Moltke, sei folgende: “Eine sehr gute Ausbildung, ein Studium an einer renommierten Hotelfachschule, breitgefächerte Praktika und ganz wichtig, Mentoren, die einen beflügeln.” Laut Susanne von Moltke gibt es bei Relais & Châteaux inzwischen 42 Prozent weibliche Führungskräfte. Bis 2030 will das Unternehmen diese Zahl auf mindestens 50 Prozent erhöhen.
Welche weiblichen Stärken in Spitzenpositionen in der Hotellerie gefragt sind, sagt Tina Brack, General Managerin im The Westin Grand Berlin: „Ein schwarzer Anzug und ein strenger Zopf machen noch keine gute Managerin aus. Viel wichtiger finde ich, die weiblichen Führungsqualitäten – für mich sind das Intuition, Empathie, Zuzuhören – zu nutzen, und das selbstverständlich mit Sicherheit und Souveränität im Auftreten zu verbinden. Meine klare Empfehlung lautet, auf einen kooperativen Führungsstil und Empathie zu setzen.“
15 Karriere-Tipps von weiblichen Führungskräften aus der Hotelbranche
Frauen sollten mutiger sein und ihre Netzwerke nutzen
Frauen sollten mutiger sein, findet Stefanie Kristensen, General Managerin im Le Meridien München: “Es gibt so viele hochintelligente, starke Frauen, die eine große Karriere vor sich haben, sich aber nicht trauen.”
“Versuchen Sie, mutig zu sein und sich zu fragen, warum Sie etwas machen können und wieso Sie dafür gut geeignet sind. Bitte nicht umgekehrt.“
Stefanie Kristensen, General Managerin im Le Meridien München
Für Frauen in der Hotelbranche sei es außerdem wichtig, einen guten Arbeitgeber zu wählen, der moderne Führungsqualitäten vorschreibt und bei dem es möglich ist, eine Stelle zu finden, die zu jeder Lebensphase passt. Auch das Privatleben kann über die Karriere entscheiden, vor allem wenn es um Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, sagt Kristensen: “Wollen Sie Familie und Beruf unter einen Hut bringen, ist es wichtig, einen Partner zu finden, dem es auch wichtig ist, dass sie beide Karriere machen möchten.”
Jonglieren zwischen Beruf und Familie ist eine Frage der Übung
Die Partner sollten darauf achten, dass die Familiengründung mit gemeinsamen Grundwerten beginnt – in Bezug auf Karriere und Arbeit. “So lassen sich Diskussionen über Aufteilung von Kindern und Haushalt vermeiden. Diese Diskussionen kosten Energie. Und diese brauchen Frauen eigentlich für das Jonglieren zwischen Arbeit und Familie.” Und Stefanie Kristensen fügt hinzu: “Gehen Sie davon aus, dass das Jonglieren zwischen Beruf und Familie eine Frage der Übung ist. Je länger Sie es tun, desto besser klappt es.”
Frauen könnten außerdem noch bessere Netzwerker sein, sagt Karina Ansos, Direktorin im Adlon Kempinski Berlin. “Glauben Sie fest an sich und Ihre Leistungen und stellen Sie diese auch unter Beweis. Holen Sie sich Unterstützung durch Ihre Mentoren und Netzwerke, bilden Sie sich kontinuierlich weiter und definieren Sie für sich klare Ziele. Und: haben Sie keine Scheu vor Risiko, Macht und Konkurrenz – denn das gehört einfach dazu.”
Zu wenige sichtbare weibliche Vorbilder
Auch Elisabeth Perwanger, Direktorin des Steigenberger Hotel Herrenhof in Wien, betont: “Das Gender Gap zu überwinden, geht aus meiner Sicht nur, wenn wir Frauen in Zukunft besser netzwerken. Im Privaten sind wir da recht gut, doch im professionellen Umfeld könnten wir mehr Potentiale ausschöpfen.” Frauen sollten sich mehr zutrauen, ihre Netzwerke zu nutzen und zu mobilisieren. Von reinen Frauennetzwerken hält Perwanger aber nichts: “Gegenseitige Unterstützung ist hier das A und O. Als diverse Gesellschaft muss es unser Ziel sein, dass es uns allen gut geht. Deshalb lege ich großen Wert auf gemischte Netzwerke. Gemeinsam sind wir stark.”
“Von reinen Frauen-Netzwerken halte ich nichts. Als diverse Gesellschaft muss es unser Ziel sein, dass es uns allen gut geht. Deshalb lege ich großen Wert auf gemischte Netzwerke. Gemeinsam sind wir stark.”
Elisabeth Perwanger, Direktorin des Steigenberger Hotel Herrenhof in Wien
Dass es in der Hotellerie nach wie vor zu wenige weibliche Führungskräfte gibt, betont Isabell Fuss, Group Vice President Development & Member of the Executive Board bei Ruby Hotels: “Wir haben noch viel zu wenige sichtbare weibliche Vorbilder in der Branche, die zeigen, dass der Spagat zwischen Beruf und Familie gelingen kann. Mir persönlich hat der Austausch mit anderen Frauen sehr geholfen, um den eigenen Weg außerhalb von familiären Prägungen oder gesellschaftlichen Normen zu gehen.”
Studie: Frauen verwenden Begriff Karriere ungern
Woran es liegt, dass auch in der Tourismusbranche der Anteil weiblicher Führungskräfte und Frauen in Spitzenpositionen immer noch gering ist – nach den Gründen haben die Journalistin Sabine Pracht, Coach für Female Leadership & Transformation bei Pracht Change, und die Wissenschaftlerin Claudia Brözel, Professorin für Marketing und eCommerce im Tourismus an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNE) in Eberswalde, in ihrer aktuellen Studie “Frauen im Tourismus” gesucht.
Ein Grund laut der Studie: Karriere hat für die befragten Frauen zwar einen hohen Stellenwert. Der Begriff “Karriere” wird jedoch von ihnen ungern verwendet. Vielmehr ist es für Frauen wichtiger, eine abwechslungsreiche und interessante Aufgabe mit Gestaltungsspielraum zu haben, als eine bestimmte Position zu erreichen.
“Viele Frauen nehmen etablierte männliche Netzwerke als starkes Hindernis wahr. Sie fühlen sich aufgrund dieser Netzwerke oft ausgeschlossen und nicht respektiert.”
Studie “Frauen im Tourismus”
Frauen im Tourismus sehen sich verschiedenen Herausforderungen gegenüber. Viele nehmen laut der Studie etablierte männliche Netzwerke als starkes Hindernis wahr. Frauen fühlen sich aufgrund dieser Netzwerke oft ausgeschlossen und nicht respektiert.
Viele Frauen betonten zudem, dass weibliche Vorbilder fehlen, es Vorurteile aufgrund geschlechtsspezifischer Stereotype gibt und Unvereinbarkeit von Familie und Beruf als hinderlich für ihre Karriereentwicklung sehen. Festgefahrene Unternehmens- und Gesellschaftsstrukturen können laut der Studie zusätzliche Barrieren darstellen.
Karriere-Tipps für Frauen von Sabine Pracht
Sabine Pracht ist Journalistin, Moderatorin und Coach für Female Leadership & Transformation bei Pracht Change. Sie konzipiert Coachings gezielt für Frauen, die beruflich weiterkommen wollen. Außerdem unterstützt sie Unternehmen und männliche Führungskräfte, die Frauen fördern wollen, mit ganzheitlichen Coaching-Konzepten. Als Journalistin hat sich Sabine Pracht mehr als 15 Jahre intensiv mit der Hotellerie beschäftigt und mit vielen internationalen Top-Managern gesprochen.
Die Studie „Frauen im Tourismus“ und die vielen Gespräche, die sie mit Frauen in verschiedenen Positionen und Segmenten der Tourismuswirtschaft geführt hat, zeigen aus ihrer Sicht ganz deutlich: Es gibt sie, die gläserne Decke. Frauen brauchen mehr Unterstützung, um sich beruflich weiterzuentwickeln und in Führungspositionen zu kommen. Das sind fünf Karriere-Tipps von Sabine Pracht:
Tipp #1
Frauen haben zu viele Zweifel. Das raubt ihnen Energie. Hinzu kommt: Auf viele Männer – und vor allem auf männliche Vorgesetzte – wirkt das nicht souverän. Daher rate ich Frauen, sich immer wieder ihre Stärken vor Augen zu führen und weiter an ihren Stärken zu arbeiten. Coachings können dabei unterstützen, sich der eigenen Stärken bewusst zu werden, sie im Alltag stärker einzusetzen und so souveräner und zielorientierter zu agieren.
Tipp #2
Viele Frauen tun sich schwer, neue Herausforderungen anzugehen. Sie meinen, sie müssten etwas zu 120 Prozent können und lassen es lieber, wenn sie sich nicht sicher sind. Mein Tipp: Einfach mal machen. Mutig sein, was Neues ausprobieren und die Komfortzone verlassen. Oft wird es besser als gedacht und je häufiger wir unsere Ängste überwinden, desto mutiger und besser werden wir.
Tipp #3
Frauen können mit dem Begriff Karriere nicht viel anfangen. Doch Frauen, die in Führungspositionen wollen und sich wünschen, dass ihre Leistungen gesehen werden, brauchen einen klaren Plan. Den zu erarbeiten kann mit den richtigen Methoden richtig viel Spaß machen. Am Leichtesten fällt es Frauen, sich ihre Wünsche vorzustellen und sie zu visualisieren. Dann kommen die Ideen zur konkreten Umsetzung manchmal ganz von allein.
Tipp #4
Der Austausch mit anderen Frauen ist absolut gewinnbringend und stärkend. Daher rate ich Frauen, sich ein Netzwerk zu schaffen, in dem sie offen und vertrauensvoll mit Kolleginnen in ähnlichen Positionen über ihre Erfahrungen sprechen können.
Weltfrauentag: Emanzipation und Frauenrechte
Der Internationale Frauentag, auch Weltfrauentag genannt, wird weltweit immer am 8. März gefeiert. Der Tag hat seinen Ursprung in den sozialistischen Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts und wurde erstmals am 19. März 1911 abgehalten.
Der Tag soll damals wie heute an die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Errungenschaften von Frauen und den Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter erinnern. Er dient auch dazu, auf bestehende Ungerechtigkeiten und Herausforderungen hinzuweisen, mit denen Frauen weltweit konfrontiert sind, und ermutigt dazu, aktiv für Veränderungen einzutreten. Die Vereinten Nationen haben zum Internationalen Frauentag 2024 das Motto „Invest in Women: Accelerate Progress“ ausgerufen.
In Frauen investieren – Hoteldirektorin Elisabeth Perwanger fordert die Unternehmen in der Branche vor allem dazu auf, neue Wege zu gehen, und das vor allem mit weiblichen Fähigkeiten wie Empathie, Mut und Gestaltungswillen. “Vielleicht haben diesen derzeit eher die Frauen, weil wir selbst lange und oft entsprechende Erfahrungen gemacht haben”, sagt sie. “Wenn aber mehr und mehr Frauen in Führungspositionen kommen, werden für alle Menschen bessere, flexiblere und zukunftsfittere Strukturen entstehen.” Dafür werde aber auch die Unterstützung der Politik gebraucht.
Was die Hotellerie angeht, sagt sie aber auch: “Unsere Branche ist entgegen der öffentlichen Wahrnehmung schon lange sehr frauen- und auch genderfreundlich.” Die Hospitality-Industrie zeichneten vor allem flexible Arbeitszeitmodelle und die vielen Möglichkeiten aus, mit denen Frauen unterstützt werden könnten. sar/sr
Über die Studie
Die Studie “Frauen im Tourismus” wurde an der HNE im Rahmen der Masterarbeit „Karrieren von Frauen in der deutschen Tourismuswirtschaft – Herausforderungen und Bedürfnisse aus Akteurinnensicht“ von Lena Zell durchgeführt.
Für die Studie wurden insgesamt 156 Frauen befragt, die in der Tourismuswirtschaft arbeiten. Die Frauen waren zum Befragungszeitpunkt in unterschiedlichen Segmenten und in verschiedenen Positionen in der Touristik tätig.