Das Hotel St. Gotthard in Zürich feiert das 135-jährige Jubiläum. Es ist das Stammhaus der Manz Privacy Hotels, die aktuell fünf Hotels in Zürich, Lausanne und Basel besitzen und betreiben. Dazu kommt das Ritz-Carlton Hotel de la Paix in Genf. Hotel Inside sprach mit Marco Thomik, CEO der Manz-Gruppe. Fazit: Besitzerin Ljuba Manz investiert kräftig in ihre Häuser und will, sofern sich die Chance bietet, weitere Hotels übernehmen.
Die Manz Privacy Hotels gehören zu den wenigen privat geführten Schweizer Hotelgruppen. Die Eigentümerfamilie Manz leitet und entwickelt ihre Hotels in Zürich, Basel und Lausanne bereits in der vierten Generation.
Fest steht: Hotelbesitzerin Ljuba Manz investiert laufend viel Geld in ihre Häuser. So werden derzeit die Zimmer im 3. und 4. Stockwerk im Hotel St- Gotthard in Zürich umgebaut, später sollen auch die Zimmer und Suiten im 5. und 6. Stockwerk saniert werden. Gerüchte, Ljuba Manz wolle ihre kleine Hotelgruppe verkaufen, werden derzeit klar dementiert. „Frau Manz will die Familientradition im Sinne ihres verstorbenen Ehemannes Caspar E. Manz weiterführen und die Häuser weiterentwickeln“, so Marco Thomik im Video-Gespräch mit Hotel Inside. Und: „Wenn wir die Chance haben, weitere Hotels in der Nähe von Bahnhöfen zu erwerben, werden wir das vielleicht tun.“
Im Jahr 1889 erwarb Caspar Manz ein damals als „höchst spekulativ gewertetes Objekt am Stadtrand von Zürich“ – das Hotel St. Gotthard. Heute befindet sich das 4-Sterne-Haus im Herzen der Stadt, an der berühmten Bahnhofstrasse, direkt am Hauptbahnhof Zürich. In den vielen Jahrzehnten konnte die Familie Manz aus dem St. Gotthard heraus die weiteren Hotels erwerben und besitzt heute als eine der wenigen traditionellen Hoteliers-Familien der Schweiz sieben Hotels in den größten Städten der Schweiz.
Die Manz Privacy Hotel-Gruppe umfasst:
Hotel St Gotthard in Zürich
Hotel Euler in Basel
Hotel Metropol in Basel
Hotel City Inn in Basel
Hotel Continental in Lausanne
Hotel De la Paix in Genf
Hotel Inside-Publizist Hans R. Amrein sprach mit Marco Thomik, CEO der Manz Privacy Hotels, über die Hoteltradition der Familie Manz, das 135-Jahr-Jubiläum im St. Gotthard und die künftige Wachstumsstrategie der Gruppe:
Wer ist Marco Thomik?
Der erst 32-jährige Marco Thomik ist seit 2023 CEO der Manz-Hotelgruppe. Er absolvierte die Hotelfachschule Vatel in Brüssel (2012) und war dann von 2014 bis 2016 Geschäftsführer des «YMCA Hostel Basel». Von 2016 bis 2017 liess sich Marco Thomik zum diplomierten Betriebsökonom ausbilden. Von 2017 bis 2018 war er Direktor im Hotel Glashaus in Menziken (Aargau). 2018 kam er als Assistent des Verwaltungsrates zu den Manz Privacy Hotels. Von 2020 bis 2022 wirkte er bei den Manz-Hotels als Chief Operating Officer, seit 2023 ist er als Chief Executive Officer (CEO) verantwortlich für alle Hotels der Gruppe.
Wer ist Hotelbesitzerin Ljuba Manz-Lurje?
«Leuchtend rote Lippen, tiefer Ausschnitt und hohe Absätze: Willkommen in der Glitzerwelt von Ljuba Manz», so die Boulevardzeitung Blick. Die Hotelkönigin gehöre seit Jahrzehnten zu den «schillerndsten Figuren der Schweizer Society», schreibt der Blick. «Eine Frau, die aufgehört hat, ihre Pelzmäntel zu zählen, ihre High Heels für sehr viel Geld in Monaco kauft und alljährlich bei ihrem Advents-Apéro im Zürcher Hotel St. Gotthard auf den Tischen tanzt. Ihr Alter? Kein Thema», so der Blick weiter. «Ich bin noch sehr jung und habe alles vor mir», sagte sie vor wenigen Jahren anlässlich einer Buch-Vernissage in Zürich.
Ljuba Manz nimmt kein Blatt vor ihren stets strahlenden Mund und steht zu ihrer Vergangenheit.
Das Leben von Ljuba Manz, gepflastert mit Geld, Luxus, Diamanten und Designerkleidern, war nicht immer voller Glanz. Geboren wurde sie während des Zweiten Weltkriegs unter Dauerbeschuss in einer ukrainischen Stadt. «Wir waren sehr arm», sagte sie einst in einem Blick-Interview. «Wir emigrierten im Viehwaggon nach Usbekistan.» Drei Monate waren sie unterwegs. «Es waren grauenhafte Zustände. Wenn Männer ihre Notdurft verrichten mussten, haben sie ihren Hintern aus dem Waggon herausgestreckt.» Bilder, die Manz nicht vergisst. «Die Armut hat mich stark und angstfrei gemacht. Und mir solche Lebenskraft gegeben.»
Ljuba Manz befreite sich von den schlimmen Umständen, zog als Teenager nach Wien, arbeitete in Cabarets als Showgirl. Durch ihren ersten Ehemann, einen Fischhändler, kam sie in die Schweiz. Da holte sie alles nach: Mit 30 lernte sie Ski fahren und schwimmen. «Ich bin mit den Schwimmflügeln ins Wasser gegangen.» Sie sei dankbar, dass sie es überhaupt lernen durfte.
Mit Hotelier Caspar Manz († 86) begegnete ihr die grosse Liebe. Zu Beginn ihrer Ehe (1974) war Ljuba für sein steifes Umfeld erst nur «das blonde Gift». Doch ihr Sinn für gute Geschäfte, gepaart mit Herz und Charme, liess die Manz Privacy Hotels erfolgreich expandieren.
Nach Caspars Tod lernte sie den 30 Jahre jüngeren österreichischen Mathematiker Marco Conte kennen und lieben. Sie haben heimlich geheiratet. Ganz Manz-untypisch, nur sie zwei, ohne Protz und Prunk. «Ich bin sehr glücklich», sagte eine verliebte Ljuba Manz strahlend. Ljuba Manz hat zwei erwachsene Söhne: Alexander und Michael. Die ehemaligen Konzertpianisten sind in der Hospitality-Branche tätig, sind aber bei der Manz Privacy Hotels nicht aktiv.
135 Jahre Hotel St. Gotthard Zürich
Wir schreiben das Jahr 1889, als Caspar Manz ein „hochspekulatives Objekt an der Bahnhofstrasse in Zürich“ erwarb. Spekulation für die einen, Geschäftssinn für den anderen, denn Caspar Manz hatte eine Vision, dass das damals unattraktive Viertel zum Mittelpunkt der wachsenden Metropole Zürich werden würde.
Und so geschah es, dass das kleine Hotel St. Gotthard im Jahre 1889 an der heutigen Bahnhofstrasse entstand. Getrieben durch seinen visionären Geschäftssinn dauerte es nicht lange, bis er den Kauf von vier weiteren Liegenschaften vollzog, welche die bis heute vorhandene Grösse des Hauses abbilden. Mit seinem Wahlspruch «Immer einen Schritt nach vorn müssen wir tun» setzte er wichtige Meilensteine, welche das Hotel zu seinem zukünftigen Erfolg führen sollten.
Sein Sohn, Ernst Manz, der nach dem Ableben seines Vaters im Jahr 1909 die Familienunternehmung übernahm, leistete weitere Pionierarbeit in der Schweizer Hotellerie und führte bereits im Jahr 1913 fließendes Warmwasser – damals die Krönung aller denkbaren Annehmlichkeiten – in einige Hotelzimmer ein.
Das Hotel entwickelte sich weiter, das Dienstleistungsspektrum vergrößerte sich – und auch das kulinarische Angebot vervielfältigte sich mit der Entstehung der «Austernbar» im Jahr 1929 – das erste Restaurant in Zürich, das Meeresfrüchte anbot und täglich aus Paris frische Austern geliefert bekam.
Ernst Manz begriff ebenfalls schnell, dass die eigenen Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg des Hotels darstellen, sodass er noch vor Einführung der AHV, im Jahr 1929, eine eigene Pensionskasse gründete, die noch immer in ihrer Funktion in der Familienunternehmung agiert, um das Wohl der Mitarbeitenden zu sichern.
1951 übernahm schließlich Ernst Manz’ Sohn, Caspar E. Manz, die Familienunternehmung. Mit dem geerbten Pioniergeist seines Vaters dauerte es nicht lange, bis das Hotel- und Restaurationsgeschäft expandierte. Er gründete die «CEM-Management», die mehrere Landgasthöfe und Restaurants verwaltete, kaufte das Hotel Continental in Lausanne und später das Hotel Euler in Basel. Die Expansionslust führte Caspar E. Manz sogar nach Südamerika, wo er ebenfalls die Grundsteine für ein weiteres Hotelimperium, die heutige «Oro Verde»-Hotelgruppe, legte. Im Jahr 1974 übergab er die Unternehmensleitung an seine Ehefrau, Ljuba Manz-Lurje, die noch immer als Präsidentin des Verwaltungsrates die Familientradition weiterführt.
Heute, im Jahr 2024, feiert das Hotel St. Gotthard sein 135-jähriges Bestehen. Von der Zeitgeschichte geprägt, überstand es zwei Weltkriege, den kalten Krieg, verschiedene Finanz- und Wirtschaftskrisen und eine Pandemie. Es erlebte verschiedene Wandel in der Weltpolitik und beherbergte hunderte von Berühmtheiten. Als privat geführte Unternehmung ist das Hotel St. Gotthard einer der letzten Hoteljuwelen in Zürich, die es geschafft haben, dem stärker werdenden Druck und Einfluss der Kettenhotellerie zu widerstehen.
Bildlegende Hauptfoto: Marco Thomik, CEO der Manz-Hotelgruppe.