Wie ist der erste Monat nach der Mehrwertsteuererhöhung gelaufen? Hoteliers und Gastronomen von Hamburg bis Starnberg berichten, wie es ihnen erging und wie sie mit der Situation umgehen.
Die Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent zum Jahresbeginn hatte deutsche Gastgeber in große Sorge versetzt. Viele rechneten nicht nur mit hohen Einbußen und ausbleibenden Gästen, sondern befürchteten auch die Schließung ihrer Lokalitäten. Der Dehoga Bundesverband warnte, dass eine fünfstellige Zahl an Betrieben vor dem Aus stehe. Fünf Gastgeber – von Hamburg bis Starnberg – berichten, wie sie mit der Rückkehr zu 19 Prozent umgehen und welche Erfahrungen sie in den ersten vier Wochen des Jahres damit gemacht haben.
Jens und Désirée Manzel vom Traditionsrestaurant Schuback am Park in Hamburg-Eppendorf sind der Mehrwertsteuererhöhung mit einem eigenen Plan begegnet. Statt die Preise zu erhöhen, beschlossen sie, diese sogar zu senken – und damit ein Zeichen setzen. Mit der Einführung der Januar-Speisekarte wurden daher Einheitspreise festgelegt: Vorspeisen gibt es für 14 bis 15 Euro, die Hauptgerichte werden für 20,24 Euro angeboten und Desserts stehen für 13 Euro auf dem Menü. Auf der Speisekarte werden neben den genannten Preisen zusätzlich auch der Preis ausgewiesen, der nach Kalkulation der Manzels kostendeckend wäre. Das Wiener Schnitzel, wofür das Schuhback am Park bekannt ist, kostet normalerweise 29,50 Euro.
„Wir möchten den Gästen die Möglichkeit geben, dass Essen gehen – nicht ein Luxus wird, sondern so normal bleibt wie früher. Und auch jungen Leuten die Möglichkeit bieten, dass sie für wenig Geld lecker essen können, außerhalb von Pizza, Pasta und Döner“, so die Manzels, die sich von diesem Schritt eine ähnliche Entwicklung wie in vielen französischen Restaurants und Bistros erhofften, die auf günstige Hausmannskost setzen. Das Servieren im Eiltempo ermöglicht dort einen erhöhten Verkauf von Speisen.
Von Preisstabilität bis Mehrkostenweitergabe
Seine Preise vorerst halten will das Hotel Vier Jahreszeiten Starnberg südlich von München, wie Vice General Manager Tobias Baumann berichtet: „Alle Events folgen unserem Kulinarischen Kalender, dessen Inhalte und Preise bereits 2023 gesetzt wurden.“ Deshalb blieben gastronomische Veranstaltungen wie „Sunday’s Best“, das „Food-Festival“ im Sommer oder das Menü „Best of Aubergine“ im gleichnamigen Sternelokal auf 2023er Niveau. Die Preispolitik des Viersterne-Superior-Hotels spiegelt sich auch im Zimmerbereich wider: „Wir behalten weiterhin unsere Einstiegsrate von 129 Euro pro Nacht in der Einzelbelegung bei“, so Baumann. Möglich sei dies durch vernünftige Mischkalkulation sowie langjährige Zusammenarbeit mit den Lieferanten, sagt der stellvertretende Hoteldirektor. „Für bestimmte Events erhalten wir Sonderkonditionen, da unsere Partner wiederum davon profitieren, sich zum Beispiel bei unserem Food-Festival präsentieren zu können.“
„Wir haben bis zum Schluss auf den vernünftigen und logischen Umgang der Politik mit diesem Thema gehofft“, berichtet wiederum Sandra Geiger-Pauli vom Hotel Bodenmaiser Hof im Bayerischen Wald. „Nachdem kurz vor Jahresende klar wurde, dass der engagierte Kampf für unsere Branche wohl aussichtlos sein würde, blieb zu wenig Zeit, um darauf zu reagieren.“ Denn die Preise standen in Geiger-Paulis Familienbetrieb bereits für eine gewisse Periode fest, konnten entsprechend nicht kurzfristig angepasst werden und so trage man die höhere Steuerlast vorerst selbst. „Demnächst aber müssen wir die Mehrkosten an die Gäste weitergeben“, zeigt sich die Geschäftsführerin enttäuscht. Dennoch: „Wir wollen unserer Philosophie der fairen Preise auch weiterhin treu bleiben und die Aufschläge, soweit es uns möglich ist, im Rahmen halten. Jetzt gilt es, gemeinsam mit unseren Partnern sowie Lieferanten kreative Lösungen zu finden – dem Gast zuliebe.“
Für Michael Buchinger, Direktor des Lifestyle-Hotels Das Aunhamer – Suite & Spa in Bad Griesbach, war es „relativ früh abzusehen, dass die Steuerreduzierung nicht dauerhaft sein würde.“ Trotzdem sei Deutschland immer noch eines der günstigsten Länder im Restaurantbereich und „preislich kein Vergleich mit Tourismusmagneten wie Österreich, Frankreich, Italien oder mittlerweile sogar Kroatien. Daher finde ich es unsexy, sich ausschließlich zu beschweren“, sagt er. „Wir müssen den Gästen einfach ehrlich kommunizieren, dass guter Service, Ambiente, Leistung und Kreativität einer Küchencrew sowie hochwertige Zutaten Geld kosten.“
Veggie-Trend wirkt positiv auf Wareneinsatz
Zu den neuen Herausforderungen der Steuererhöhung für Hoteliers und möglichen Vorteilen für Gäste sagt Buchinger: „Da in den F&B-Outlets die Mehrwertsteuer sowie die Erhöhung des Mindestlohns zusammentreffen, mussten wir unsere Halbpensionspreise um sechs Prozent anheben. Dafür haben wir im Gegenzug Pakete wie ‚Early & Late Wellness‘ für Direktbucher via Webseite oder Telefon als Inklusivleistungen hinzugefügt.“ So biete man dieser Gruppe nun einen tatsächlichen Mehrwert für eine minimale Erhöhung, während es neben Reiseveranstaltern und OTAs auch für externe Gäste im Restaurant „Francesca“ und in „Bruno’s Bar“ einen Tick teurer wurde. „Das kommt unserer Zielsetzung, den Anteil an Direktbuchern zu erhöhen, langfristig hoffentlich entgegen“, so der Hotelchef. Mit Blick in die Zukunft ergänzt er: „Unsere Branche muss wieder mehr für kreative Lösungen stehen und weniger als problemorientiert oder pessimistisch wahrgenommen werden. Kein Gast will zu einem Wirt, der nur jammert, wie viel besser es früher war. Das war es nämlich nicht! Wir sehen zum Beispiel einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichten, was sich mittelfristig auch sehr positiv auf den erforderlichen Wareneinsatz für unsere Gastronomie auswirken wird.“
„Jammern hilft uns nicht weiter, wir kennen diesen Steuersatz ja aus der Vergangenheit“, sagt auch Claudia Komeyer. Die Hoteldirektorin im Schlossgut Oberambach am Starnberger See ärgert sich viel mehr „über die Bürokratie – Hygienevorschriften, Statistiken, Dokumentationen –, die jeder Betrieb inzwischen leisten und vor allem zahlen muss. Und dass viele immer noch glauben, 50 Prozent der Umsätze blieben den Unternehmen.“ Wie im Bodenmaiser Hof habe auch Komeyers Team im Münsinger Biohotel gehofft, dass der niedrige Mehrwertsteuersatz bleiben würde und konnte nicht sofort reagieren: „Jetzt müssen wir bei Angeboten die Rabatte schmälern und auch sonst genau kalkulieren.“ Ein Hoffnungsschimmer: „Bei Firmenkosten ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer ein Durchlaufposten und wird verständnisvoll angenommen. Bei Individualgästen jedoch sind wir auf Akzeptanz angewiesen, da wir die Raten anheben mussten.“
Fazit in Hamburg: Plan geht auf
Zurück zu Jens und Désirée Manzel vom Schuback am Park in Hamburg-Eppendorf. Ihr Resümee nach dem Januar: Seit der Preissenkung sind viele Tische an einem Abend mehrmals belegt – die Strategie ist aufgegangen. „Es werden mehr Vorspeisen bestellt, vermutlich auch, weil wir die Preise für die Hauptgerichte gesenkt haben“, so Désirée Manzel. Eine Umsatzsteigerung sei definitiv bemerkbar. Der Plan für Februar steht auch bereits: Die Klassiker auf der Karte werden auf 24 Euro angehoben. Alle anderen Preise bleiben unverändert. red/brg
Drei Faktoren, mit denen Gastgeber der Kostensituation begegnen
- ehrliche Kommunikation mit dem Gast
- nachhaltige Partnerschaften
- Kreativität in der Gestaltung von Arrangements und Pauschalen