Deloitte Österreich und die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) analysieren jährlich den Status quo des heimischen Tourismus. Heuer teilten mehr als 200 Touristikerinnen und Touristiker aus ganz Österreich ihre Sicht auf die aktuelle Lage. Demnach ist und bleibt die Grundstimmung optimistisch – wenn auch auf niedrigerem Niveau. „Die ökonomische Lage des Tourismus wird von den Unternehmen heuer mit einer Gesamtnote von 2,87 besonders kritisch bewertet. Nur im Coronajahr 2020 war man diesbezüglich pessimistischer“, so Andreas Kapferer, Partner bei Deloitte Tirol. „Für die kommenden Monate befürchtet fast ein Drittel der Befragten, dass sich die Branche im eigenen Bundesland noch negativer entwickeln wird. Dem sollte man entgegenwirken, zumal der Tourismus aktuell die einzige Konjunkturstütze ist.“
Gute Buchungslage, hoher Kostendruck
Befragt nach den Aussichten auf den Sommer geben sich die Befragten dennoch zuversichtlich: So erwarten 60 % der Befragten ein Umsatzplus. Besonders optimistisch blickt man in Wien (1,93) auf die kommende Saison, Schlusslicht bildet die Steiermark (2,83). Die Tiroler Betriebe liegen mit 2,42 im Mittelfeld. Gleichzeitig werden die Folgen der anhaltend hohen Inflation jedoch immer spürbarer. Denn trotz der zufriedenstellenden Buchungslage nehmen 83 % der Tourismusunternehmen eine veränderte Preissensitivität bei ihren Gästen wahr, 25 % rechnen mit einer schlechteren Preisdurchsetzung.
„Österreichs Tourismusunternehmen stemmen sich gegen die schwache Wirtschaftslage, doch die aktuelle Kostensituation geht nicht spurlos an ihnen vorbei: Neun von zehn Betrieben berichten bereits von negativen Auswirkungen“, warnt Markus Gratzer, Generalsekretär der ÖHV.
Mit einem Wert von 4,31 wird die Kostensituation folglich von allen externen Einflussfaktoren mit Abstand am schlechtesten bewertet – und wiegt damit deutlich schwerer als die Arbeitsmarktsituation. „Die Tourismusbetriebe haben sich mit dem Personalmangel arrangiert und können immer besser darauf reagieren. Die jahrelange Arbeit, die in ein gutes Arbeitsklima und attraktivere Arbeitsbedingungen gesteckt wurde, trägt Früchte“, analysiert Gratzer. „Das darf aber nicht über die generelle Problematik hinwegtäuschen. Wenn die Wirtschaft wie erwartet 2025 an Fahrt aufnimmt, wird der Personalmangel wieder drängender werden. Eine umfassende Arbeitsmarktreform ist dringend notwendig.“
Zinslage bleibt herausfordernd
Im kapitalintensiven Tourismus gehen Instandhaltungen, Qualitätsverbesserungen sowie Angebotserweiterungen mit beträchtlichen Investitionen einher. Doch die hohe Inflation macht sich auch hier bemerkbar: Der Zugang zu Kreditfinanzierungen und die Umsetzung von Investitionsprojekten haben sich laut den Unternehmen ab 2021 kontinuierlich verschlechtert und erreichen heuer mit einer Note von 3,91 den bisherigen Tiefpunkt. Für zwei Drittel der Touristikerinnen und Touristiker ist es schwieriger geworden, Kreditfinanzierungen zu erhalten. „Aufgrund des branchentypisch hohen Fremdkapitalanteils sind viele Betriebe derzeit massiv von den stark gestiegenen Zinsen betroffen und zeigen sich entsprechend zurückhaltend. Ursprünglich geplante Investitionen werden von fast der Hälfte der Befragten zurückgefahren“, erklärt Deloitte Experte Andreas Kapferer.
Zukunftstrend KI als Chance
Trotz des finanziellen Drucks investieren viele Betriebe in die Zukunft – vor allem in den Megatrend Künstliche Intelligenz (KI). Der heimische Tourismus präsentiert sich hier als Vorreiter: Bereits vier von zehn Betrieben haben aktuell KI-Anwendungen in Verwendung. Davon ziehen bereits 82 % Nutzen aus dem KI-Einsatz – etwa durch Zeitersparnis oder eine schnellere Kommunikation mit Gästen.
„Für den Tourismus birgt KI eine große Chance. Denn durch entsprechende Anwendungen kann nicht nur die eigene Arbeitgeberattraktivität gesteigert werden, auch die Gäste profitieren von den maßgeschneiderten Urlaubserlebnissen, schnelleren Buchungen und einem besseren Service. Es gilt hier unbedingt am Ball zu bleiben und die Vorreiterrolle in der heimischen Wirtschaft auszubauen“, betont Andreas Kapferer abschließend.