Der Zustand des gastronomischen Service in den USA ist mittlerweile eine faszinierende – und gleichzeitig frustrierende – Widersprüchlichkeit. Neulich habe ich das ganze Chaos live erlebt: Eine Rechnung über 750 Dollar, dazu ein obligatorisches Trinkgeld von über hundert, und trotzdem fühlte sich das Ganze weniger nach Gastfreundschaft und mehr nach einer teuren Pflichtübung an. Und das betrifft wirklich jede Kategorie von Restaurants.
Selbst Getränke nachschenken, jemanden heranwinken, nur um Salz und Pfeffer zu bekommen, und dann der Höhepunkt: Die Rechnung wird kommentarlos auf den Tisch geknallt – das universelle Zeichen für “Meine Schicht ist vorbei, bitte räumen Sie meinen Arbeitsbereich”. Es ist das komplette Aufgeben der Kunst des Servierens.
Der Beruf hieß nicht grundlos jahrzehntelang Kellner: Man kümmert sich um den Tisch, arbeitet im Sinne des Gastes, und der Fokus liegt allein darauf, dessen Erlebnis zu verbessern. In den USA dreht sich jedoch alles darum, was dem Server passt. Klassiker wie “Ich gehe jetzt nach Hause, wir müssen die Rechnung abschließen” oder “Das ist nicht mein Bereich, Sie müssen warten” kennt jeder. Und dazu die ständigen, störenden Unterbrechungen: “Schmeckt alles?”, nicht aus echter Aufmerksamkeit, sondern um einen Pflichtpunkt abzuhaken… während offensichtliche Aufgaben, wie das Nachfüllen eines leeren Glases, ignoriert werden. Ein System, das die Bequemlichkeit des Mitarbeiters über die Erfahrung des Gastes stellt.

In echter Gastfreundschaft wird das Produkt erst durch den Service zum Leben erweckt. Du kannst den besten Wein und ein perfektes Michelin-würdiges Gericht servieren – wenn der Service miserabel ist, spielt das alles keine Rolle. Die Erinnerung an die hastig präsentierte Rechnung und das trockene Glas bleibt viel länger als der Geschmack des Steaks. Es ist, als würdest du einen Formel-1-Wagen kaufen, ihn aber selbst in die Garage schieben müssen, weil die Boxencrew Pause macht: Die Maschine ist wertlos, wenn die Menschen versagen.
Dieses komplette System, in dem das Trinkgeld als selbstverständlicher Lohnbestandteil gesehen wird, ohne dass es irgendeine Verpflichtung gegenüber dem Gast gibt, ist kaputt. Es wird Zeit, dass “Kundenorientierung” nicht nur ein leeres Schlagwort in irgendeinem Leitbild ist, sondern ein echter, messbarer Standard. Wer in der Gastronomie arbeitet, muss sich auch wie ein Gastgeber verhalten. Solange Service nur “Essen hinstellen und kassieren” bedeutet, bleibt Essen gehen in den USA ein teures Selbstbedienungserlebnis.
Das Leben wird immer technischer. Aber guter Service bleibt unerbittlich menschlich.
Mark Fancourt