London ist die wichtigste Stadt in Europa, wenn es um neue und innovative Hospitality-Konzepte geht. Hotel Inside-Publizist Hans R. Amrein weilte eine Woche in der britischen Metropole, führt Gespräche mit Hotelexperten und besucht besonders kreative und neuartige Hotels. Im 4. Teil des London-Reports geht es um das Hotel Savoy, eines der legendärsten Grandhotels der Welt.
Das Savoy Hotel wurde durch Richard D’Oyly Carte, Besitzer des nebenan gelegenen Savoy Theaters, erbaut und am 6. August 1889 eröffnet. Mit 267 Zimmern und Suiten ist es auch heute noch eines der prestigereichsten und opulentesten Hotels Londons. Außerdem hat es sieben Restaurants. Der Name des Hotels stammt vom Savoy Palace, der einst an dieser Stelle gestanden hat. Der erste Hotelmanager war Cäsar Ritz, der spätere Gründer der Ritz Hotels (u.a.). Das Hotel wurde von Thomas Edward Collcutt entworfen.
In der Küche des Savoy Hotels wurde der Pfirsich Melba erfunden, der nach der bekannten Opernsängerin Nellie Melba benannt wurde. Der Schöpfer dieser Speise war der französische Koch Auguste Escoffier.
Das Hotel wurde im Januar 2005 von dem arabischen Investor al-Walid ibn Talal für rund 250 Mio. Euroverworben und wird seitdem von der Hotelgruppe Fairmont Hotels & Resorts (gehört zu Accor) betrieben. Nach dreijährigen Renovierungsarbeiten wurde das Haus am 10. Oktober 2010 wiedereröffnet.
The Savoy verfügt über zwei bekannte Restaurants: den Grill Raum (bekannt als Savoy Grill by Gordon Ramsay) an der Nordseite des Gebäudes. Das Savoy Restaurant Kaspar’s (früher als River Restaurant bekannt) liegt auf der Südseite mit Blick auf die Themse.
Die American Bar im Savoy war eine der ersten Einrichtungen, die Cocktails im amerikanischen Stil in Europa eingeführt hat. Der Begriff American Bar wurde in London für den Verkauf amerikanischer Cocktails aus dem späten 19. Jahrhundert verwendet. 2018 hat «The American Bar» den Title «The World’s Best Bar» gewonnen. Die Beaufort Bar ist eine neue Art-déco-Bar, die 2010 renoviert wurde.
Prominente Gäste im Savoy
Edward VII., Charlie Chaplin, Marilyn Monroe, Louis Armstrong, Frank Sinatra, John Wayne, Elizabeth Taylor, Richard Burton, Maria Callas, Coco Chanel, Christian Dior, Sophia Loren, Julie Andrews, Lena Horne, Marlon Brando, Jane Fonda, Barbra Streisand, Jimi Hendrix, The Beatles, Elton John, U2, Led Zeppelin, The Who, George Clooney, Whoopi Goldberg, Stephen Fry, Harry Truman und viele andere berühmte Gäste übernachteten im Savoy Hotel. Claude Monet und James Whistler haben im Savoy Hotel gewohnt und von ihren Hotelzimmern die Sicht auf die Themse gemalt. Bob Dylan wohnte im Jahre 1965 im Savoy und drehte in einer benachbarten Gasse des Hotels einen Blues-Film.
Es waren ein paar düstere Jahre für Londons Hotelszene, als das Savoy wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war. Schließlich galt das Hotel als das ultimative, oder zumindest als das ikonischste Luxushotel der Stadt. Ein Hotel, das, vergleichbar mit den Beatles, Einfluss auf alle anderen Mitspieler der Szene hatte. Fast alles, das seit 1890 auf dem Luxushotelmarkt Londons passiert ist, scheint nur eine leicht abgewandelte Ausgabe von diesem Meisterwerk von Cäsar Ritz, dem ersten Manager des Savoy. Ritz sorgte dafür, dass in den Suiten Bäder gebaut wurden – und dass im ganzen Haus elektrisches Licht installiert wurde.
Doch jetzt, wo das Hotel wieder eröffnet ist, befindet sich die Hotelwelt wieder im Gleichgewicht. Als Betreiberfirma wurde Fairmont eingesetzt. Man sagt, Fairmont wisse genau – aufgrund der Geschichte – wie man historische Luxushotels auf hohem Niveau führe. Das bedeutet aber nicht, dass sich hier nichts geändert hat. Der Savoy Grill, in dem Bertie Wooster mit so manch einer Verlobten diniert hat, unterliegt nun der harten Führerschaft von Gordon Ramsay und die einstige American Bar, ein Jahrhunderte altes Monument der Gastroszene, wurde mit einer Behutsamkeit renoviert, die ansonsten nur römischen Antiquitäten vorbehalten ist. Die Bar glänzt und funkelt wieder wie zur Eröffnung, 1889.
Und nicht zu vergessen: Das Kaspar! Die Jugendstil-Bar serviert Fisch und andere fangfrische Spezialitäten und das Savoy betitelt die Location charmanter Weise als sein „legeres“ Restaurant. Hier kann man also locker, flockig Osetra Kaviar unter der mit Blattsilber verkleideten Decke geniessen und sich an den Murano-Glas Säulen oder der Aussicht auf die Themse erfreuen.
Höchstens die Zimmer suggerieren den Anbruch des 21. Jahrhunderts. Fließendes Wasser und elektrische Beleuchtung zählen hier noch immer zum Standard, doch diese Annehmlichkeiten wurden glücklicherweise um deutlich modernere ergänzt. Trotzdem wird der Jugendstil auch in den Zimmern zelebriert – ebenso wie Elemente der Edwardischen Epoche. Hippe Hotels gibt es in London zu genüge, doch wer «auf der Suche nach historischem Charme ist, der findet wohl keine bessere Adresse als das Savoy», so die Hotelwerbung.
Anmerkung der Redaktion: In London existieren einige historische Hotels, die ebenso über Geschichte und Tradition verfügen (Beispiele: Brown’s, Ritz und Claridge’s).
Das Savoy in London ist in vieler Hinsicht einzigartig – doch das Außergewöhnlichste trägt sich genau genommen vor dem Haupteingang des Hotels zu, nicht im Gebäude selbst: Der Savoy Court, eine Stichstraße der Londoner Straße Strand, ist die einzige Straße im Vereinigten Königreich, in der auf der rechten Seite gefahren wird.
Das Savoy in London ist in vieler Hinsicht einzigartig – doch das Außergewöhnlichste trägt sich genau genommen vor dem Haupteingang des Hotels zu, nicht im Gebäude selbst: Der Savoy Court, eine Stichstraße der Londoner Straße Strand, ist die einzige Straße im Vereinigten Königreich, in der auf der rechten Seite gefahren wird. Eine Hommage an Cäsar Ritz, jenen legendären Hotelier aus der rechts fahrenden Schweiz, der auch das Savoy mit aufgebaut hat? Keineswegs – sondern purer Pragmatismus: Eingeführt wurde diese für Großbritannien ungewöhnliche Fahrpraxis vor langer Zeit, damit die rechts im Taxi sitzenden Fahrer vor dem rechts liegenden Hoteleingang ihren Fahrgästen einfacher zum Fußweg hin die Tür öffnen konnten. So viel Service muss sein.
Als es 1889 eröffnet wurde, galt das Savoy als erstes Luxushotel Londons. Es war in vieler Hinsicht wegweisend: Als erstes Hotel der Britischen Inseln wurde es vollständig elektrisch beleuchtet. Es verfügte auch über die ersten elektrischen Aufzüge des Landes und in den Zimmern gab es – für die damalige Zeit durchaus ungewöhnlich – heißes und kaltes Wasser im Bad. Und überhaupt gab es Zimmer mit Bad – auch dies war Ende des 19. Jahrhunderts in Hotels nicht gerade üblich.
Die Nachfrage war groß: Bereits 1904 wurde das Hotel zur Straße Strand hin massiv erweitert. Der bis heute an vielen Stellen sichtbare Art-déco-Stil hielt Einzug. Das Savoy blieb über Jahre Vorreiter in der internationalen Hotellerie. Der 24-Stunden-Zimmerservice, Zimmer mit Klimaanlage, der Pauschalpreis, der alle Extras beinhaltet – all dies soll im Laufe der Zeit hier erfunden worden sein. Cäsar Ritz entwickelte im Savoy zudem eine bis heute in guten Restaurants beliebte Praxis: Die besten Tische belegte er dauerhaft mit «Reserviert»-Kärtchen – sollte ein berühmter Gast kommen, so konnte er diesem stets einen der schönsten Tische anbieten und war sich damit der Gunst der feinen Londoner Gesellschaft sicher.
Und die kam zuhauf: Schauspieler, Politiker, Musiker jeglicher Stilrichtung gaben sich im Savoy die Klinke in die Hand. Manchen wurde sogar eine besondere Ehre zuteil: Der französische Koch Auguste Escoffier, so die Legende, habe hier 1892 für die Sängerin Nellie Melba ein besonderes Dessert kreiert: den Pfirsich Melba, jenen halben Pfirsich auf Vanilleeis, Sahne und Himbeerpüree, der noch heute auf den Speisekarten der Welt zu finden ist.
Für 270 Millionen Euro wurde das Savoy, das inzwischen zur Fairmont-Gruppe gehört, von 2007 an grundlegend saniert. Ende 2010 öffnete es wieder – und ist seitdem unter Prominenten wieder so beliebt wie in seinen Anfangsjahren. Die Taxi-Regel hat man auch danach nicht geändert – Tradition ist eben wichtiger denn je.
Quelle & Copyright: Dieser Text ist entnommen aus dem Buch „Hotelgeschichte(n) weltweit“ von Michael Pohl. Erschienen im Conbook-Verlag (ISBN 978-3943176469).
Der Autor: Michael Pohl schreibt für mehrere Tageszeitungen und Onlineauftritte. Als Buchautor befasst er sich vor allem mit den Britischen Inseln.
Das Buch „Hotelgeschichte(n)“
Wo spendierte Michael Jackson seinen Fans heiße Schokolade? Wo wurde am Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gefeilt? Und wo ist eigentlich dieser leckere Waldorf-Salat entstanden, den man heute überall auf der Welt genießen kann? Genau — in Hotels! „Hotelgeschichte(n) weltweit“ blickt auf Anekdoten berühmter Gäste, bedeutsame Ereignisse sowie die Entstehungsgeschichte bekannter Filme, TV-Serien und Romane. Alle haben eines gemeinsam: Ort des Geschehens war ein Hotel. Und geschehen ist darin einiges – überall auf der Welt: Im südenglischen Stoke Park etwa traf einst James Bond 007 auf Goldfinger. Im Hotel Nacional de Cuba in Havanna ging Amerikas Unterwelt ein und aus. Und im Pariser L’Hôtel beendete Oscar Wilde sein Leben – nicht ohne einen letzten Funken Humors. “Hotelgeschichte(n) weltweit” —im Conbook Verlag erschienen. Erhältlich im Buchhandel sowie über Online-Buchshops.
Das Savoy und die Musik
Der berühmte erste Generaldirektor des Savoy war der legendäre Hotelier Cäsar Ritz. Als Ritz 1890 ins Savoy kam, brachte er jede Menge Ideen mit, die sich in den populären kontinentaleuropäischen Hotels bewährt hatten. Da die britische Oberschicht dort gern den Sommer verbrachte, wusste er genau, was diese Klientel am meisten schätzte. Eine seiner ersten Anordnungen lautete, in den öffentlichen Bereichen solle stets Musik gespielt werden. „Musik”, so Ritz, „überbrückt unangenehme Gesprächspausen“. Also wurden Musiker eingestellt, und im Savoy ertönte fortan sanfte Hintergrundmusik. Meist waren es kleine Kapellen wie beim Militär, die beliebte Hits der damaligen Zeit spielten.
Eines Abends im Jahr 1912 begann die Band, eine besonders beliebte Melodie zu spielen, und ein mutiges Paar stand auf, um in der kleinen Lücke zwischen den Tischen zu tanzen. Schnell war klar, dass die Möglichkeit, nicht nur zu speisen, sondern auch zu tanzen eine wünschenswerte Ergänzung des abendlichen Unterhaltungsangebots wäre. Als das Hotel daraufhin eine Tanzfläche in der Mitte des Thames Foyers einrichtete, geschah das pünktlich zum Ausbruch des großen Tangofiebers im Jahr 1913. Wie überall im trendigen London tanzten die Gäste des Savoy zwischen den Gängen ihres Dinners Tango, bis der Erste Weltkrieg ausbrach. Und während des Krieges tanzten sie weiter, um für ein paar Stunden der düsteren Realität jenseits des Kanals zu entfliehen.
Die Savoy-Bands und die BBC
Kurz nach Kriegsende wurde William de Mornys Leiter der Unterhaltungsabteilung. Er stellte neue Musiker ein, die genau die moderne Musik spielten, von der er wusste, dass sie ein jüngeres Publikum ansprechen würde. Aus New York warb er ein komplettes Ensemble für lateinamerikanische Musik ab, das in London schnell in die Savoy Havana Band umbenannt wurde. Er hielt sowohl in Großbritannien als auch in Amerika Ausschau nach populärer Musik, engagierte die besten Musiker und gründete die Savoy Orpheans, ein neues Tanzorchester unter der Leitung von Debroy Somers. Zufällig wurde 1922 die neue Rundfunkanstalt British Broadcasting Company eingerichtet, und ihre ersten Aufnahmestudios lagen am Savoy Hill, direkt gegenüber dem Savoy. Die BBC brauchte Sendeinhalte, und zum Glück gab es diese ganz in der Nähe. Die Savoy-Bands waren ab Oktober 1923 auf Sendung und bald überall im Land bekannt, wo man die BBC-Übertragungen empfangen konnte. In der Zwischenzeit expandierte die Unterhaltungsabteilung und buchte zur Ergänzung des abendlichen Unterhaltungsprogramms nun auch Kabarettkünstler.
Carroll Gibbons & Frank Sinatra
In der Hoffnung, bei den Savoy Orpheans mitspielen zu dürfen, besuchte der junge amerikanische Pianist Carroll Gibbons 1924 das Hotel. Er wurde der berühmteste Bandleader, den das Savoy je hatte. Gibbons übernahm die Leitung der 1931 neu zusammengesetzten Savoy Orpheans bis 1950 und war anschließend bis zu seinem Tode im Jahr 1954 Direktor der Unterhaltungsabteilung. Er wurde nicht nur dank der jahrelangen Übertragungen durch die BBC berühmt, sondern komponierte 1928 auch seine eigene Erkennungsmelodie, Garden in the Rain. Der Text des beliebten Liedes stammt von James Dyrenforth. Frank Sinatra, der sein Leben lang Stammgast im Savoy war, kam 1962 nach London, um zehn Songs für sein Album Sinatra Sings Great Songs From Great Britain aufzunehmen. Zu Ehren des legendären Bandleaders aus seinem Londoner Lieblingshotel wählte er als siebten Titel Garden in the Rain aus.
Die Zeiten ändern sich …
In späteren Jahren, als das jüngere Publikum bei Abendgesellschaften mit Tanz auch modernere Künstler erwartete, waren die Headliner eher Popstars wie Cilla Black, Sandie Shaw oder die New Seekers. Sie alle traten 1970 bei Kabarettabenden im Savoy auf.
… doch das The Savoy spielt weiter
Mit dem Aufkommen neuer Clubs und Diskotheken in den 1970erJahren gingen die traditionellen Abende mit Dinner, Tanz und Kabarett im Savoy 1980 zu Ende. An der lang etablierten Livemusik in den öffentlichen Bereichen hält das Hotel jedoch bis heute fest, denn unangenehme Gesprächspausen dürften den Lauf der Zeit überdauert haben.
Quellen: The Savoy Hotel London (Geschichte), Wikipedia, Michael Pohl (Hotelgeschichten), Verlag Conbook, Andreas Augustin, Famoushotels.
Savoy-Buch von Andreas Augustin
Andreas Augustin aus Wien ist der erfolgreichste Hotel-Historiker Europas. Er und seine Frau haben in den letzten über 30 Jahren viele Geschichtsbücher über historische Hotels in aller Welt verfasst. Derzeit publiziert Hotel Inside eine Serie über Hotel-Geschichten. Auch über das «The Savoy» London hat Augustin ein Buch verfasst. Ein Exemplar des Buches «The Savoy» von Andreas Augustin und Andrew Williamson ging bei einer Auktion in New York für 2800 US-Dollar weg.
Das Savoy-Buch von Andreas Augustin ist erhältlich unter: