Wolf-Thomas (Thommy) Karl, stv. Chefredaktor bei Hotel Inside, Publizist und Kommunikationsexperte im Hospitality-Bereich, spricht mit spannenden Persönlichkeiten aus der Welt der Hotellerie in der DACH-Region. Diesmal: Corinna Kretschmar-Joehnk und Peter Joehnk, Hotel-Innenarchitekten und Inhaber von JOI-Design.
JOI-Design hat in den vergangenen 35 Jahren die Hospitality-Landschaft in der DACH-Region mitgeprägt. Die Inhaber Corinna Kretschmar-Joehnk Peter Joehnk waren weltweit an zahlreichen Projekten in der Hotellerie beteiligt. Thommy Karl führte mit den Top-Designern ein Interview über aktuelle Hoteldesign-Trends.

Wie hat sich das Verständnis von Hoteldesign in den letzten über 30 Jahren verändert – insbesondere in der Schweizer Hotellerie, die oft auf traditionelle Interior Design-Konzepte setzt?
Das ist eine Frage, die ohnehin nur ich beantworten kann, denn Corinna ist ja kaum 35 geworden! Ganz allgemein gab es in dieser Zeit schon mehrere Entwicklungen – tatsächlich aber immer nur evolutionär und nie disruptiv.
Der für mich wichtigste Wandel ist gleichzeitig der erste Wandel, den ich miterleben durfte: Den Wandel von der funktionalen Hotelimmobilie zu einem Zuhause auf Zeit für den Gast. In meiner beruflichen Anfangsphase mussten Teppiche bunt gemustert sein, um Flecken besser zu verstecken und man unterstellte den Gästen auch mal, dass sie sich mit den Gardinen die Schuhe putzten, die also auch möglichst dunkel sein sollten, bis dann erste ‚Design Hotels‘ – früher noch keine Marke – alles anders machten: Ian Schrager, der seinerzeit die neue Gattung der Boutique Hotels mit ins Leben rief und bis heute weiter mit Konzepten wie der Marke „Edition“ mit Marriott oder seinem eigenen Produkt „Public Hotel“ die Branche maßgeblich prägt, entwickelte damals schon mit den Design-Superstars Philippe Starck und Andrée Putman wirklich ganz andere, inspirierende und erfolgreiche Hotels.
Danach verschwanden irgendwann die fest montierten Flaschenöffner aus dem Bad und aus den Röhrenfernsehern, die man gerne mal in monströsen Schränken versteckte, entstanden Flachbildschirme, die an die Wand gehängt werden konnten.

Das obligatorische Frühstücksrestaurant und das separate Fine Dining Restaurant wurden irgendwann zusammengelegt. In der zeitlichen Abfolge wurde aus der Lobby eine Lounge, in der man auch essen sowie konferieren konnte. Flächeneffizienz war somit die neue Zauberformel in der Hotellerie und es entwickelten sich geniale Konzepte wie „Motel One“ und „CitizenM“.


„Motel One“ und „CitizenM“ sind eher Stadtkonzepte. Was veränderte sich in der Ferienhotellerie, die ja gerade in der Schweiz eine wichtige Rolle spielt?
In der Ferienhotellerie ging es meist weniger um die Flächeneffizienz, denn der Baugrund war meist günstig. Hier ist der Wandel eher im Freizeitangebot zu erfahren. Aus dem kleinen Pool im Keller mit Sauna in einer Nische entwickelten sich im Lauf der Jahre immer größere Wellnesslandschaften. Diese Entwicklung hält jedoch nach wie vor an.
Eine kleine Revolution fand vielleicht doch hinter den Kulissen statt, wo die Digitalisierung das Regiment übernahm und die digitale Guest-Experience den künftigen Hotelaufenthalt prägen sollte.

Nochmals: Wie veränderte sich die Schweizer Hotellerie?
In der Schweiz gilt das, was ich soeben gesagt habe, auch für die Stadthotellerie – dort war es dann nicht Andrée Putman, sondern Tilla Theus mit dem „Widder Hotel“. Aber die private Hotellerie, insbesondere die Ferienhotellerie, blieb traditionell. Zum Glück! Denn der Feriengast sucht ja das Schweizerische in der Schweiz – und auch die legendären Grandhotels der Schweiz blieben nach einem häufig jahrzehntelangen Renovierungsstau traditionell. Zu den Ausnahmen gehören beispielsweise das „The Dolder Grand“ in Zürich, welches durch Sir Norman Foster einer eher radikalen, aber durchaus spannenden Verjüngungskur unterzogen wurde.
Das Dilemma dieser klassischen Hotels ist es nun, den Wandel in die Neuzeit zu vollziehen, ohne ihren Charakter zu verlieren.

In der Schweiz gibt es viele traditionsreiche Hotels mit historischer Architektur. Wie gelingt es, solche Häuser behutsam zu modernisieren, ohne ihren einzigartigen Charakter zu verlieren? Haben Sie ein Beispiel aus Ihrer eigenen Arbeit oder ein Hotel, das Sie besonders beeindruckt hat?
Das eben erwähnte „The Dolder Grand“ hat mich auf jeden Fall beeindruckt. Es ist ein luxuriöses Grandhotel geblieben, hat zwar – außer in der Fassade – das Schweizerische teilweise ein wenig verloren, steht aber damit für eine neue Generation zeitgemäßer Luxushotels. Bad Ragaz hat mit dem „Grand Resort“, dem Namen entsprechend eher eine klassisch-moderne Welt auf höchstem Niveau geschaffen, die architektonisch viele Facetten unter einem Dach vereint. Hier kann man sagen, dass die erstklassige und gleichzeitig moderne Spitzengastronomie mit gleich drei Sterne-Restaurants im Haus einen angenehm zeitgemäßen Twist im Charakter erhält.


Das „Bürgenstock Resort“ ist an dieser Stelle ebenfalls zu nennen, weil es die Tradition spüren lässt, aber klar den Wandel in die heutige Zeit geschafft hat. Das „The Alpina Gstaad“ setzt hingegen auf eine andere und neue Definition von Luxus, weil es so unverschämt lässig und dennoch auf höchstem Niveau die Geschichte, „Kitsch“ sowie Moderne miteinander vereint.

Die erwähnten Häuser sind Top-Luxushotels. Und sonst?
Etwas weniger namhafte Schweizer Häuser sind, ähnlich wie im gesamten Alpenraum, bemüht, Traditionelles modern zu interpretieren. Sie spiegeln in der Regel die Erwartungshaltung der Gäste wider und schaffen es auch, in neu gestalteten Bereichen die herzliche Wärme zu erhalten, die die meisten Gäste suchen.
Wir haben tatsächlich schon einige Hotels in der Schweiz geplant, doch das waren meistens Kettenhotels in Neubauten, denen die Tradition fehlte, insofern haben wir keine eigenen Beispiele, die das ausdrücken könnten.

Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt auch im Hoteldesign offensichtlich an Bedeutung. Welche Trends sehen Sie aktuell in der nachhaltigen Innenarchitektur – und gibt es spezielle Anforderungen oder Vorreiterprojekte in der Schweiz, die Ihnen aufgefallen sind?
Nachhaltigkeit ist das Hauptkriterium in der Neugestaltung von Hotels und überlagert alle anderen Kriterien wie Branding, Storytelling, Lokalität, Authentizität und Natürlichkeit. Allerdings gibt es keine einheitlichen Regelungen, wann sich ein Hotel als „nachhaltig“ bezeichnen darf – und sogar für die Materialien, mit denen wir Hotels gestalten, fehlt dieses einheitliche Zertifikat. Man muss als Planer sehr viele verschiedene Prüfzeugnisse vergleichen und einschätzen, obwohl sie nicht vergleichbar sind, weil sie verschiedenste Kriterien bewerten. Hier geht es unter anderem um natürliche Materialien, Recyclingprodukte, biologisch abbaubare Werkstoffe, Upcycling, wiederverwendbare Produkte, Rücknahmegarantien, geringen Energieeinsatz bei der Herstellung, kurze Transportwege, fair hergestellte Materialien oder handwerkliche Produkte.

Sie haben gerade ein neues „Produkt“ lanciert und realisiert…
Ja, es ist ein neues Hotelkonzept: „THE USUAL“. Eine neue Markenentwicklung für die Hotellerie, die schon mit dem Namen spielt und dadurch ausdrückt, dass es im wahrsten Sinne „normal“ sein sollte, alles, was wir tun, auch nachhaltig zu tun. Hier sind Nachhaltigkeit und die ESG-Kriterien die klaren Markenbotschaften, und die Auswahl der Materialien war für uns eine der größten Aufgaben.
Genauere Definitionen gibt es für den eigentlichen (Roh-)Bau, wo die Investoren sich an einer Handvoll Zertifikate orientieren können (z.B. LEED, DGNB, BREEAM), aber im Innenausbau bleibt es schwierig.

Gerade in der Schweiz sind Luxus und Authentizität eng miteinander verknüpft. Wie schafft man es, modernes Design mit alpinem Charme oder urbaner Eleganz zu verbinden, ohne in Klischees zu verfallen? Und gibt es Materialien oder Gestaltungselemente, die Sie besonders gerne einsetzen?
Dazu habe ich ja schon etwas gesagt, aber in der Frage steckt auch schon die Antwort: Wie viel Klischee steckt in der Swissness? Die Schweiz ist natürlich viel mehr und eigentlich auch ganz anders als „nur“ „Heidis Heimat, vorzügliche Schokolade, Kühe auf den Weiden, Edelweiß und Apmhütten… Aber irgendwie ein wenig davon erwartet der Gast ganz bestimmt, denn diese Klischees sind ja gemütlich, beruhigend, bekannt und prägend.


Wie also lassen sich Tradition und Moderne vereinbaren?
Aus meiner Sicht gibt es kein Patentrezept, wie man Tradition und Moderne verbindet und dabei Klischees vermeidet. Ich finde, es gibt durchaus schöne Beispiele, wo Hoteliers ihren eigenen Weg gefunden haben, aber es gibt ganz bestimmt noch mehr Beispiele, wo die Klischees regelrecht zu Kitsch verkommen – wenn Tradition nur vorgegaukelt ist. Authentizität und Glaubwürdigkeit sowie auch Eigenständigkeit, im Gegensatz zu reinen „Me too“-Konzepten sind hier die Schlüssel, um sich angenehm und erfolgreich abzusetzen. Jeder Hotelier sollte sich ehrlich fragen, was zu ihm passt und was ihn einzigartig macht, und schon findet man seinen ganz eigenen Weg.

Mit der wachsenden Bedeutung von Serviced Apartments und New-Work-Konzepten entstehen neue Anforderungen an die Innenarchitektur. Sehen Sie in der Schweiz Potenzial für innovative Hospitality-Konzepte jenseits der klassischen Hotelwelt? Welche Trends könnten hier besonders spannend werden?
Das derzeit innovativste Serviced Apartment-Konzept kommt ja sogar aus der Schweiz! Die SV-Gruppe hat mit unserer Hilfe die Marke „Stay KooooK“ entwickelt und auch schon einige davon in der Schweiz und in Deutschland gebaut. SV Hotel ist auch Franchisenehmer von Marriott mit der Longstay-Marke „Residence Inn“ in Genf und drei weiteren Häusern in Deutschland.

Den Markt für Extended Stay sehe ich in der Schweiz und andernorts sehr positiv. In den Ballungsgebieten bzw. Städten, wo ausländische Mitarbeiter großer Konzerne nur eine befristete Zeit bleiben, sind die Serviced Apartments mit einer Wohnung vergleichbar und erfreuen sich steigender Beliebtheit. In Asien und den USA ist das Konzept hingegen bereits wesentlich weiterverbreitet. Aber die Zukunft liegt vor allen Dingen darin, dass Serviced Apartments mit vergleichsweise wenig Service auskommen und trotzdem auch wie ein Hotel funktionieren können. Da liegt es auf der Hand, dass die reduzierte Mitarbeiterschar einen Wettbewerbsvorteil bietet. Die Welt der Schweizer Grandhotels wird davon allerdings unberührt bleiben.
Schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Interview, Corinna Kretschmar-Joehnk und Peter Joehnk

Die JOI-Philosophie
„Es war noch nie so wichtig wie jetzt, sich in der ‚Hospitality Design‘-Branche richtig zu positionieren und auf seinen Markenkern zu konzentrieren und den Gast und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu rücken. Und das sagen wir mit über 35 Jahren Erfahrung, in denen wir mit unseren Kunden wie z.B. CURIO by Hilton, Le Méridien, JW Marriott, Hyatt Place, Fraser Suites und Capri by Fraser über 500 Hotelprojekte entwickelt haben und mit über 100 Preisen ausgezeichnet wurden. Jahr für Jahr, Projekt für Projekt haben wir dazugelernt, dass es für den Hotelgast von heute keine klaren Grenzen mehr zwischen den verschiedenen Momenten und Räumen des Lebens gibt. Der Anspruch an multifunktionale Antworten, ein maßgeschneidertes Markenerlebnis und eine individuelle personalisierte Atmosphäre ist extrem gestiegen. Design ist der beste Concierge für den Besucher und der erste Erfolgsfaktor für den Betreiber. JOI-Design sieht bei der Gestaltung von Innenräumen eine Analogie zu der Leitung eines Orchesters durch seinen Dirigenten: Nur dort, wo sich andere Musiker zurücknehmen, können auch einzelne Solisten herausstechen. Nur da, wo Schatten ist, kann sich Licht entfalten.“
Quelle: Webseite, JOI Design, 2025
Bildlegende Hauptfoto: JOI-Design-Gründer und Inhaber Corinna Kretschmar-Joehnk und Peter Joehnk.